Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des CIA 1997 wurden bisher klassifizierte Akten freigegeben. Erst da wurde bekannt, welchen Anteil die CIA bei der Befreiung von sechs State Department Mitarbeitern hatte. Eine Geschichte so unglaublich, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie jemand verfilmte. War ursprünglich noch George Clooney, einer der Produzenten von ARGO, im Gespräch, so ist es Ben Affleck, der den CIA Beamten Tony Mendez spielt. Mendez, ein Spezialist für Befreiungsaktionen, hatte die Idee, unter dem Vorwand einen Science-Fiction Film im Iran drehen zu wollen, die sechs Amerikaner als kanadisches Filmteam ausreisen zu lassen. Eine Idee, die von allen schlechten Ideen doch die beste ist, wie es Mendez Vorgesetzter (Bryan Cranston) auf den Punkt bringt.
Ende der 70er Jahre sind Amerikaner im Iran nicht sonderlich gern gesehen. Die USA hatten nicht nur den im Rahmen der Islamischen Revolution abgesetzten Schah Reza Pahlavi unterstützt, sie geben dem inzwischen sterbenskranken Schah Asyl. Dies sorgt für Unmut, soll Pahlavi doch in Teheran vor Gericht gestellt werden. 1979 wird Ajatollah Chomeini, der Revolutionsführer, geistliches Staatsoberhaupt. So sind es auch seine Anhänger, ein Mob von Studenten, die am 4. November 1979 die amerikanische Botschaft in Teheran stürmen. 52 Amerikaner werden als Geiseln genommen, aber sechs schaffen es unbemerkt zu entkommen und sich in das Haus des kanadischen Botschafters zu flüchten. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis ihr Fehlen auffällt, was einem Todesurteil gleich käme.
Während in Teheran die 52 Geiseln Scheinhinrichtungen über sich ergehen lassen müssen, die sechs Flüchtigen Gefahr laufen aufzufliegen und die Revolutionsgarde mit Hilfe von Schulkindern die geschredderten Personalakten wieder zusammensetzt, gründet Tony Mendez mit der Hilfe des Make-Up Künstlers John Chambers (John Goodman), einem echten Oscar ® Preisträger, und des alternden Produzenten Lester Siegel (Alan Arkin) eine Produktionsfirma, mietet Büroräume, sichert sich die Rechte an einem Drehbuch namens ARGO und kündigt die Dreharbeiten auf einer großen Pressekonferenz an. Gleichzeitig wird bei der CIA das Projekt weiter in Frage gestellt.
Es ist bemerkenswert, wie unsäglich spannend ARGO ist. Auch wenn das glückliche Ende hinreichend bekannt ist, so hält es einen vor Spannung kaum noch in den Sitzen, wenn Mendez mit seiner ’Filmcrew` durch die Straßen von Teheran fährt oder im großen Basar ein Tumult ausbricht. Dies liegt nicht zuletzt an den großartigen Leistungen des Schauspielerensembles, welches glaubwürdig an der nervlichen Belastung zu zerbrechen scheint. Nicht weniger bemerkenswert ist, wie witzig ARGO ist, ohne dabei die Dramatik und Ernsthaftigkeit zu beeinträchtigen. Wenn Alan Arkin verkündet: „Wenn ich einen fingierten Film drehe, dann wird es ein fingierter Kassenknüller!“, dann ist das nur einer der vielen Momente, in denen ARGO sich über Hollywood lustig macht.
ARGO bietet Zeitkolorit vom Feinsten. Die Frisuren sind scheußlich, von den Schnurrbärten ganz zu schweigen, und es grenzt schon fast an ein Wunder, dass es angesichts der Kette rauchenden Darsteller und der überquellenden Aschenbecher keinen Aufschrei in den USA gab. ARGO fühlt sich authentisch an. Ein Eindruck, der durch die Entscheidung, die iranischen Charaktere Farsi sprechen zu lassen, nur verstärkt wird.
Ben Affleck überzeugt als Tony Mendez, einem eher stillen statt strahlenden Helden, und seine intelligente und feinfühlige Regiearbeit beeindruckt. Vielen wird erst im Abspann, wenn Originalfotografien zu sehen sind, klar werden, wie nah an dem tatsächlichen Geschehen der Film ist. Bis auf wenige Ausnahmen, darunter die Szenen am Flughafen, verzichtet Affleck auf Ausschmückungen. Auch verzichtet er darauf, die iranische Bevölkerung pauschal als unmenschliche Fanatiker abzustempeln. Im Gegenteil, wie beiläufig zeigt er, dass es auch hier Opfer und selbstlose Hilfsbereitschaft gibt.
Am 10. Januar 2013 werden die Nominierungen für die nächsten Academy Awards ® verkündet und es wird erwartet, dass ARGO als Bester Film und Ben Affleck als Regisseur nominiert werden, und das völlig zu Recht. ARGO ist zeitlos intelligent und somit eine wahre Rarität. Dass er auch noch humorvoll, kurzweilig und überaus spannend ist, ist beeindruckend und macht ihn zu einem Must-See.
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ARGO (USA, 2012); Verleih: Warner Bros. Pictures; Filmlänge: 120 min; Regisseur: Ben Affleck; Drehbuch: Chris Terrio; Besetzung: Ben Affleck, Alan Arkin, John Goodman, Bryan Cranston; FSK: 12; Kinostart: 8. November 2012 (Deutschland).