Chirurgie im Spannungsfeld von Hochleistung und Patientensicherheit – Die »schneidende Zunft« sieht menschliche Medizin als ihre ethische Aufgabe

Im Mittelpunkt der Tagung stehen Themen wie die partnerschaftliche Verflechtung der chirurgischen Arbeit mit anderen medizinischen Disziplinen und mit dem Pflegepersonal »auf gleicher Augenhöhe«, wie Büchler sagt.  »Menschliche Medizin und Chirurgie« sollen, gestützt auf soziale und emotionale Kompetenz der Chirurgen, gestärkt werden. Das bedeutet, bei immenser Verdichtung der Arbeitsabläufe die Patientenzufriedenheit in den Vordergrund zu stellen und die Ausbildung der Ärzte auf ihre soziale Verantwortung zu orientieren. Wichtig sei bei aller Perfektionierung der Abläufe die Verminderung der psychischen Belastung der Patienten.

Ein altes Problem der Medizin besteht darin, ob die Qualität in der Klinik messbar ist. Die Gesellschaft entwickelte Kriterien für die Zertifizierung der Kompetenzzentren mit hochqualifizierter und -technisierter chirurgischer Leistung, wobei ein wesentlicher Maßstab ist, den Standard auch bei einer Überprüfung nach drei Jahren noch  gewährleisten zu können. Den Vorwurf, dass in Deutschland zu viel operiert werde, will die Gesellschaft verifizieren durch die Analyse von regionaler Über- und Unterversorgung der Bevölkerung, durch Fehlermeldesystem und -analyse sowie durch die Senkung von Wiedererkrankungen.

Großgeschrieben wird die Patientensicherheit. Die in den Medien breit diskutierte Zweckmäßigkeit einer ärztlichen Zweitmeinung vor einer Operation kann nach Meinung der Chirurgen Operationen fallweise vermeidbar machen, wenn qualifizierte Gutachten nach Untersuchung des Patienten erstellt werden. Abzulehnen seien jedoch Telefon- oder Internetberatungen als Ärzteersatz.

Von Interesse ist das im Sommer im Kaden Verlag erschienene Buch »Deutsche Gesellschaft für Chirurgie 1933-1945. Die Präsidenten«, herausgegeben im Auftrage des Präsidiums der Gesellschaft. Es macht den Versuch, die Verstrickung der Gesellschaft und ihrer führenden Köpfe mit dem Naziregime aufzuarbeiten. Auf Nachfrage erklärte Markus W. Büchler, selbstverständlich in der traditionellen Rede des Präsidenten auf dem kommenden Kongress auf das Buch eingehen zu wollen.

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