Auf seiner Reise wird Wen Jiabao von einer großen Unternehmerdelegation begleitet. In London wurden in seinem Beisein Verträge für knapp eine Milliarde Pfund abgeschlossen. Unter anderem werden sich die Chinesen am Bau einer Schnellbahnstrecke zwischen London und Birmingham beteiligen. Außerdem sollen die Briten den Chinesen bei der Entwicklung der Finanzinfrastrukturen, Städte und des Bildungswesens sowie der Produktion von Luxuswaren helfen.
Die Volksrepublik ist inzwischen zum sechstgrößten Investor in Großbritannien aufgestiegen. Wen Jiabao besuchte ein Werk der Automarke MG in Longbridge bei Birmingham, das seit mehreren Jahren der Shanghai Automotive Industry Corporation (SAIC) gehört.
Die Briten sind ihrerseits sehr am chinesischen Absatzmarkt interessiert. Bei britischen Menschenrechtlern war Wen Jiabao jedoch auf Protest gestoßen. Ein Sprecher Camerons hatte versprochen, dass der Premier in einem Vier-Augen-Gespräch die Situation in Tibet erörtern würde. Peking sendete kurz vor Wen Jiabaos Reise Signale der Entspannung. Die bekannten Dissidenten Ai Weiwei und Hu Jia wurden freigelassen. Die beiden werden allerdings rund um die Uhr von der Polizei überwacht und dürfen weder mit den Medien sprechen noch das Internet benutzen.
Die chinesische Führung hatte häufig auf die Wichtigkeit der Kooperation mit Europa hingewiesen und der EU ihre Hilfe angeboten. Die EU ist der größte Handelspartner der Volksrepublik – das gegenseitige Handelsvolumen erreicht 400 Milliarden Euro pro Jahr. Laut Euronews belaufen sich Chinas Gold- und Devisenreserven auf mehr als drei Billionen Dollar, ein beträchtlicher Teil davon sind Euros. Zuvor hatte man in Peking angekündigt, den Euro-Anteil seiner Reserven auf 25 Prozent anzuheben. Zu diesem Zweck plant die Volksrepublik den Kauf von spanischen Staatsanleihen für sechs Milliarden Euro. Ein ähnliches Abkommen für vier bzw. fünf Milliarden Euro wurde auch mit Portugal unterzeichnet.
Die momentane Station auf Wen Jiabaos Reise ist Berlin, daß er bereits gestern erreichte, um mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Wannsee abends zu essen. Mit Deutschland ist China durch Kontakte in Bankwesen, Forschung und High-Tech verbunden. Auf dem Wirtschaftsforum in Berlin verkündete Wen Jiabao, daß China mehr Produkte aus Deutschland importieren wolle, wenn Berlin Peking als volle Marktwirtschaft anerkenne.
Da Kanzlerin Merkel Milliardenaufträge für die deutsche Wirtschaft ankündigte, wird dem Wunsche Wens wohl stattgegeben, denn die chinesische Regierung plant Verbesserungen für mehr Investitionen deutscher Konzerne. Spiegel-Online informiert darüber, daß „diese bereits an über 7000 Unternehmen in China beteiligt“ seien und daß „die chinesische Regierung auch den Zugang für mittelständische Firmen erleichtern“ wolle. Wen Jiabao kündigte zudem ein Kreditprogramm von zwei Milliarden Euro für eine stärkere Zusammenarbeit deutscher und chinesischer Mittelständler an.
Mit Material von dpa, RIA Novosti und Spiegel-Online