Botticelli-Ausstellung endet mit Besucherrekord, Katalog und Bücher bewahren das Ereignis – Serie: Schlußspurt zur großen Botticelli-Schau im Städel in Frankfurt am Main (Teil 4/4)

Sandro Botticelli (1444/45-1510), Weibliches Idealbildnis (Bildnis der Simonetta Vespucci als

Interessant ist die Herkunft der Besucher. Den von denen, die Eintrittskarten zur Botticelli-Ausstellung kauften, kamen circa 45 Prozent aus Frankfurt und der Rhein-Main-Region und circa 55 Prozent aus dem übrigen Bundesgebiet und dem Ausland. 67 Prozent der Besucher sind sogar nur wegen der Ausstellung nach Frankfurt gereist. Im Vergleich zur ebenfalls erfolgreichen Ausstellung „Alexander der Große und die Öffnung der Welt“ in Mannheim, sprechen die Zahlenverhältnisse der Ausstellungsbesucher für eine größere regionale Beteiligung, was am Einzugsgebiet der Rhein-Main-Region liegt, das rund vier Millionen umfaßt. Das sind dann wieder Zahlen, die den ungeheuren Ausstellungserfolg auf den Boden der Tatsachen zurückholen, daß Kultur, auch Hochkultur Massen anziehen kann. Immerhin entsprechen die 365 000 Städelbesucher in Fußballstadien umgerechnet, daß über sieben Mal mit voller Auslastung das Stadium der Eintracht im Stadtwald gefüllt gewesen wäre. Stellt man sich diese Massen durch die Räume des Städel wandernd vor, ergibt das einen sinnlichen Eindruck vom tatsächlichen Masseneinzug in das Frankfurter Kunstmuseum.

„Wir sind sehr glücklich darüber“, so Max Hollein, Direktor des Städel Museums, „dass die Botticelli-Ausstellung derartigen Zuspruch gefunden hat. Mit ihr haben wir ein deutliches Zeichen für den Altmeister-Schwerpunkt im Städel gesetzt und das Haus mit einer weiteren hochkarätigen Ausstellung in der nationalen und internationalen Museumslandschaft verankert. Der enorme Publikumserfolg und die große Resonanz in den Medien machen deutlich, welche Aktualität und Bedeutung die Kunst der alten Meister heute zu entfalten vermag.“

Das Erstaunliche ist, daß mit „Botticelli“ , einem Geheimtip für ein Expertenpublikum, dem Städel gleichzeitig die öffentliche Ansprache, als notwendig zu besuchende Ausstellung für ein breites Publikum gelungen ist. Dazu haben zahlreiche Vermittlungsprogramme und Publikationen beigetragen, die für unterschiedliche Zielgruppen entwickelt und angeboten wurden, denn diese wurde stark in Anspruch genommen. Dazu führt das Städel aus: „In der 15-wöchigen Ausstellungsdauer wurden von den Mitarbeitern der Städel-Abteilung für Bildung und Vermittlung insgesamt 2.850 Führungen abgehalten, darunter 2.600 Sonderführungen für Gruppen und 250 Führungen für Schulklassen. Zusätzlich kamen zum Schülertag Ende Januar 41 Klassen mit insgesamt 900 Schülern. Alle Sonderführungen waren bereits Mitte Januar ausgebucht. Die Städel-Website verzeichnete im Ausstellungszeitraum knapp 400.000 eindeutige Besucher und rund 2,4 Millionen Seitenzugriffe, die Seite „Audio und Video zur Ausstellung“ über 75.300 eindeutige Seitenzugriffe. Großen Absatz fanden auch die vom Städel zur Ausstellung herausgegebenen Publikationen: der über 300 Seiten umfassende, in deutscher und englischer Ausgabe erhältliche Ausstellungskatalog, das Hörbuch ’Kunst zum hören: Botticelli`, das Kinderbuch ’In Sandro Botticellis geheimnisvoller Werkstatt“ – alle drei im Hatje Cantz Verlag erschienen – sowie die Publikation „Botticelli. Eine Einführung in die Ausstellung ab 12 Jahren`.“

Über die Botticelli-Ausstellung konnte man nicht nur in den Feuilletons der großen Zeitungen lesen, sondern auch kleinere Regionalblätter hatten Berichte, wobei die Bilder dazu sicher einen wesentlichen Anreiz zum besuch gaben, denn Botticelli ist zwar vielen, nicht besonders Kunstkundigen gar kein Begriff gewesen, aber seine Frauenbildnisse schon, die auch heute in Werbung und öffentlicher Wahrnehmung die Frau als Abbild ätherischer und ästhetischer Schönheit suggerieren.

Für das Städel Museum kommen Umbruchzeiten: „Die ständige Ausstellung ist nur noch eine Woche geöffnet, bevor der Main- und Gartenflügel des Hauses wegen Sanierungsarbeiten im Zuge der baulichen Erweiterung des Städel Museums am 8. März 2010 bis voraussichtlich Mai 2011 geschlossen wird. Bis zum 7. März besteht noch die Möglichkeit, Teile der Sammlung, insbesondere die Werke der flämischen und italienischen Malerei sowie die Ausstellungen „Peter Roehr. Werke aus Frankfurter Sammlungen“ und „Konstellationen V“ zu sehen. Im Ausstellungshaus beginnen unterdessen die Vorbereitungen für die kommenden Ausstellungen. Vom 23. April bis zum 25. Juli 2010 zeigt das Städel eine Ausstellung zu Ernst Ludwig Kirchner – mit über 200 Werken die erste umfassende Retrospektive in Deutschland seit 30 Jahren.“ Der Weltexpress wird auch darüber berichten.

Wir verabschieden uns bildlich mit dem eigentlichen Anlaß der Ausstellung, dem im Städel beheimaten Bildnis der Simonetta Vespucci, die nach ihrer Reinigung in den Neunziger Jahren durch den damaligen Chefrestaurator Peter Waldeis zu einer so durchsichtigen und blendenden Schönheit wurde, daß der Besuch dieser Dame im Städel auch nach dem Ausstellungsende der großen Botticelli-Schau lohnend ist. Allerdings unter der Prämisse der baldigen Schließung zwecks Umbau des Städel.

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Ausstellung: war bis zum 28. Februar 2010

Bücher zur Ausstellung

Katalog: Botticelli. Bildnis. Mythos. Andacht, hrsg. von Andreas Schumacher, Verlag HatjeCantz 2009

Da dies die erste monographische Schau in unseren Ländern ist, ist der Katalog wichtig, um all das, was sich an falschem Wissen festgesetzt hatte, herauszubekommen und mit heutiger Erkenntnis anzureichern, denn er steckt voll kluger Essays und Anmerkungen zu den Bildern. Das gilt für die, die zum Schauen der Bilder auch lesen wollen. Aber wer nur den Eindruck aus der Ausstellung von Schönem und Eindringlichem mit nach Hause nehmen möchte, erwirbt auch dieses mit diesem Katalog.

Kunst zum Hören; Botticelli, HatjeCantz 2009

Kinderbuch zu Botticelli, HatjeCantz 2009

Aktuelle Bücher zu Botticelli

Damian Dombrowski, Botticelli. Ein Florentiner Maler über Gott, die Welt und sich selbst, Verlag Wagenbach SALTO 2010

In ungewöhnlicher Art setzt sich der Autor mit dem Maler auseinander, die für Leser natürlich hinreißend ist: Er läßt die Bilder sprechen, siebzehn an der Zahl, die quer durch die Genres religiöse und mythologische Malerei, Altarbilder und Porträts ausgewählt sind. Natürlich ist es der Autor, der seine Reflexionen einbringt. Sehr interessant.

Frank Zöllner, Sandro Botticelli, Prestel Verlag 2005, Neuauflage 2009

Nach Michelangelo und Leonardo legt Frank Zöllner, Professor für Kunstgeschichte an der Universität Leipzig, mit diesem überdimensionierten Prachtband seinen dritten Renaissancemeister vor, wobei dieser eben aus der frühen Zeit der Wiedergeburt der Antike kommt, die im übrigen kontinuierlich über das Mittelalter vorhanden blieb. Der Band ist chronologisch aufgebaut und verbindet die Bilder mit dem Leben des Malers. Auch Simonetta Vespucci bekommt ihren Raum.

Frank Zöllner, Botticelli, Verlag C.H.Beck

In dem kleinen Bändchen faßt Zöllner seine Erkenntnisse in der ähnlichen Gliederung wie im Band von Prestel zusammen, wobei gerade die Funktion des Malers als Porträtmaler der Medicis ausgebaut wird. Ein Buch, das man sogar in der Handtasche unterwegs zur Ausstellung sehr gut lesen kann.

Internet: www.staedelmuseum.de

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