Blühende Landschaften in reichlich Grau – Freies Land: Solider, atmosphärischer Krimi über Verbrechen in der Nachwendezeit

Unter Verdächtigen: Die Kommissare Patrick Stein (Trystan Pütter) und Michael Bach (Felix Kramer) stellen einen „neugierigen“ Dorfbewohner zur Rede. © Verleih Telepool

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Das künftige Paradies zeigt sich grau. Grau die Fassaden, von denen der Putz bröckelt. Grau der Schlamm, in dem auch ein gestandener Mercedes einfach stecken bleibt. Grau die Gesichter der Menschen, die in diesem Nirgendwo vor sich hin vegetieren. Willkommen in der ehemaligen DDR, kurz nach der Wende. „Willkommen in den blühenden Landschaften“, so begrüßt Markus Bach (Felix Kramer) entsprechend ironisch seinen westdeutschen Kollegen Patrick Stein (Trystan Pütter). Die beiden Kommissare suchen in einem Dorf nach zwei verschwundenen Mädchen im Teenageralter und kommen einem düsteren Geheimnis auf die Spur.

Gezeigt wurde der Streifen im Rahmen einer Filmpremiere vergangenen Mittwoch im Filmtheater am Friedrichshain. Für die große Leinwand ist „Freies Land“ leider eher ungeeignet, das wurde bei der Sichtung sehr schnell deutlich. Handelt es sich bei dem Film doch um einen ganz normalen Krimi, grundsolide und ordentlich, nur stark angereichert mit Nachwende-Atmosphäre und deutsch-deutschen Befindlichkeiten. Ein besserer Tatort also, und genau dort ist ja Regisseur und Autor Christian Alvart vor allem zu Hause.

Immerhin sorgen schon die Kabbeleien und Reibereien zwischen den ungleichen Kommissaren für eine gewisse Spannung, da fliegen sogar wie einst bei Schimanski und später bei Tschiller auch mal die Fäuste. Die setzt vor allem Bach gerne ein, schnauzbärtig, kräftig, ein Genussmensch, aber zugleich immer etwas undurchsichtig und mit düsteren Geheimnissen umwittert wirkend. Auch die allererste Begegnung zwischen den beiden verläuft ziemlich handfest, sehr zum Erstaunen des schmächtig-smarten Kollegen aus dem Westen. In gewisser Weise erfüllen beide gängige Klischees, anders als die Mutter der verschwundenen Mädchen. Katharina Kraft (Nora Waldstätten) wirkt wie ein Fremdkörper in dieser Welt, einfach ein wenig zu vornehm und zu elegant für eine gestandene Fährmanns-Frau aus dem Osten, man nimmt ihr diese Rolle nicht so richtig ab.

Auf jeden Fall gelungen sind die Schauplätze. Um die inzwischen verschwundene Nachwende-Tristesse einzufangen, wurde sogar in der Ukraine gedreht. Im Gedächtnis bleibt so vor allem das bereits erwähnte Grau, so grau wie die Leberwurst auf den Broten beim anschließenden Empfang.

Filmografische Angaben

  • Originaltitel: Freies Land
  • Staat: BRD
  • Jahr: 2019
  • Regie: Christian Alvart
  • Buch: Christian Alvart, Sigfried Kamml
  • Kamera: Christian Alvart
  • Musik: Christoph Schauer
  • Ton: David Hilgers
  • Genre: Thriller, Krimi
  • Darsteller: Felix Kramer, Trystan Pütter, Nora Waldstätten
  • Produzenten: Sigfried Kamml, Christian Alvart
  • Produktion: Syrreal Entertainment GmbH
  • Koproduktion: Telepool GmbH und ZDF
  • Unterstützung: Deutscher Filmförderfonds
  • Länge: 128 Minuten
  • Kinostart BRD: 9.1.2020
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