Weil Fourcade beispielsweise in der Vorwoche in Östersund die beiden Einzelwettbewerbe – 20 km Einzel und 10 km Sprint – bei komplizierten Wetterbedingungen fast nach Belieben für sich entschieden hatte.
Doch am Freitag auf der zweiten Weltcup-Station des olympischen Winters fand auch der Dominator seinen Meister. Obwohl er bei wiederum schwierigen Umständen den Sprint über 10 km mit null Schießfehlern hinter sich brachte. Und der Sieger trotz zweier Strafrunden mit einer 14 Sekunden besseren Zeit das Ziel in Hochfilzen erreichte!
Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, denn der fliegende Franzose ist normalerweise mit seinem leichtfüßigen Tanz über den Schnee der Konkurrenz fast immer voraus.Der Sieger aber hieß Lars Berger, immerhin dreimal Weltmeister im Speziallanglauf (2x Staffel, 1x 15 km Freistil), einmal Weltmeister mit Norwegens Biathlon-Quartett, mehrfach WM-Zweiter und bis dato sechsmal Erster in einem Weltcup-Einzel der Winterzweikämpfer.
Weil Berger, die zwei Jahre jüngere Schwester Tora ist ähnlich Fourcade die Herrscherin im Damen-Biathlon, aber seine immer wiederkehrende Schwäche beim Schießen nicht ablegen konnte, mittlerweile 34 Jahre auf dem Buckel hat und sich jüngere Landsleute in den Fokus geschoben haben, wurde er nicht zu den Gratis-Trainingslagern der Nationalmannschaft eingeladen.
So bildete er medienwirksam gemeinsam mit dem gleichfalls aussortierten Alexander Os und dem Altenberger Michael Rösch, der sich über den belgischen Verband einen olympischen Auftritt in Sotschi erhoffte, eine Art Alternativteam, übersetzt aus dem Norwegischen: "Team Fischabfall"!
Bei der nationalen Selektion für die Nationalmannschaft musste er in zwei Rennen einen Leistungsnachweis erbringen. Dann erkämpfte er über den zweitklassigen IBU Cup und Rang zwei das Startrecht für den Weltcup im zweimaligen WM-Ort Hochfilzen sowie die nächste Station Annecy/Frankreich. "Für den Januar mit Oberhof, Ruhpolding und Antholz war ich noch nicht nominiert. Aber ich denke, nun darf ich dort auch starten", grinst der lange Norge. Denn durch die Einzigartigkeit seiner Erfolge in zwei Disziplinen und seine offene, nie abgehobene Art ist der Träger der höchsten Sportauszeichnung Norwegens, verliehen durch den König, in seiner Heimat außerordentlich populär.
Am Freitag hatte er gegenüber Fourcade den Vorteil der frühen Startnummer 7 gegenüber der 69 seines Kontrahenten. Berger ging bei nahezu optimalen Bedingungen – kein Wind, kein Schneefall – in die Loipe. Hatte exzellente Zwischenzeiten, sah aber nach zwei Fahrkarten im Stehendanschlag seine Felle wegschwimmen: "Da dachte ich im Ziel, es reicht höchstens zu den Top Ten."
Aber ab etwa der Startummer 50 fiel der Wind ins Areal und Schneefall machte den Kurs langsam. Der Überläufer aus Frankreich hatte vor der abschließenden Schleife nur minimalen Rückstand, handelte sich aber letztlich noch den deutlichen Abstand ein. "Ja, ich sehe eine Parallele zu meinem Langlauf-Titel 2007", bestätigte Berger. Seinerzeit war er als Gast bei den Spezialisten ganz am Anfang gestartet und profitierte vom danach einsetzenden Schneefall. Der vermasselte allen Topstars die WM-Rechnungen.
Überhaupt revidierten die Norweger bei "norwegischem Wetter" ihren Fehlstart zuvor in Schweden. Der 39-jährige Altmeister Ole Einar Björndalen wurde Dritter vor Tarjei Boe und Siebenter der dreimalige Vorsaison-Weltmeister Emil Hegle Svendsen.
Die deutschen Skijäger verfehlten zwar wie in Östersund das Podium, zeigten aber mit Simon Schmepp (8.), Daniel Böhm (10.), Arnd Peiffer (11.) und Florian Graf (12.) ein eindrucksvolles Mannschafts-Resultat. Die beiden vermeintlichen Leistungsträger Andreas Birnbacher (21.) und vor allem Erik Lesser (5 Fehler/73. Rang) jedoch erwischten einen "gebrauchten Tag". Der Erfahrenste im Team, Andreas Birnbacher (32/u.a. Mixed-Weltmeister, 6-facher Weltcupgewinner), erhielt dennoch das Vertrauen und die Chance, es in der Staffel am Samstag besser zu machen.
Durchweg heftigere Windböen und Schneefall wirbelten zuvor das Klassement bei den Frauen so massiv durcheinander, wie es wohl im Winter nur im Biathlon passiert. Auf dem Siegerpodest drei "namenlose" Sportlerinnen, die zuvor noch nie bei einem Weltcup unter die ersten Drei gekommen waren. Selina Gasparin verbuchte den ersten Weltcup-Triumph für die schweizerischen Biathlo-Szene. Dahinter die Podiums-Neulinge Veronika Vitkova (Tschechien) und Irina Starych (Russland). Tora Berger blieb nach zwei Strafrunden Platz vier. Die besten Deutschen waren die 20-jährige Laura Dahlmeier (15./ 1 Fehler) und die 19-jährige Franzsika Preuss (20./ 3 Fehler). Franziska Hildebrand (40.) war nach drei Fahrkarten beim Stehendschießen ebenso ratlos wie die 35-jährige Andrea Henkel (55./4 Fehler). Jene vier wurden von Bundestrainer Gerald Hönig für die Samstagstaffel nominiert.
Miriam Gössner, nach Sturz im Sommer und angebrochenen Rückenwirbeln mit langer Trainingspause, kam auf Rang 47 ein, obwohl sie fünf Strafrunden in Kauf nehmen musste. Ihre achtbeste Laufzeit vermittelte ihr die Erkenntnis, "dass es trotz Rückenbeschwerden läuferisch aufwärts geht". Und für mehr Stabilität am Schießstand fehlen noch paar Trainingseinheiten und Wettkampf-Einsätze. Medien-Liebling Gössner darf also wie gewohnt optimistisch den nächsten Auftritten entgegensehen.