Biathlon-Weltcup in Ruhpolding – Können Birnbacher und Co. diesmal mit Gössner und Kolleginnen mithalten?

"Diese beiden Weltcups haben natürlich für uns eine besondere Bedeutung und sind nach den Weltmeisterschaften unsere wichtigsten Wettkämpfe", hatte Cheftrainer Uwe Müssiggang beim Regen-Nebel-Spektakel am Rennsteig in Oberhof erklärt. Die Bilanz dort war angesichts der Umstände akzeptabel, aber wohl nicht ganz zufriedenstellend. Die Staffeln kamen als Dritte ein. Ohne die leicht erkrankten Top-Starter Andrea Henkel und Andreas Birnbach wohl schon das Optimum. In vier Einzelrennen gab es allerdings durch Miriam Gössner (1.) und Henkel (3./beide im Sprint) lediglich zwei Podestplätze.

Da Henkel und Birnbacher, trotz des Ausfalls in Oberhof auf Rang sechs der Gesamt-Weltcupwertung, diesmal von Anbeginn im Bayerischen dabei sind, dürfte das Ergebnis eigentlich besser ausfallen.

Vor allem die Skijäger sollten um Rehabilitation bemüht sein. Denn entgegen der Einschätzung von Thomas Pfüller, Generalsekretär des Deutschen Ski-Verbandes und Vize-Präsident des Biathlon-Weltverbandes IBU, standen die Männer um den Vorjahresvierten im Gesamt-Weltcup und Sprint-Weltmeister von 2011, Arnd Peiffer, im Thüringischen Biathlon-Jojo schlechter da, als Gössner/Henkel und Co. "Die Männer bieten bisher in der Saison ein positiveres Bild als die Frauen, sind läuferisch vorn mit dabei und stellen ein kompaktes Aufgebot", so Pfüller. Während bei den Frauen momentan nur Gössner und Henkel das läuferische Potenzial zu Podestplätzen hätten: "Und das wird sich wohl auch bis zu den olympischen Wettkämpfen im nächsten Jahr in Sotschi nicht mehr ändern."

Allerdings lässt sich an Peiffers Beispiel erkennen, warum für die Männer in Oberhof nicht alles nach Wunsch lief: Der 25-jährige Bundespolizist aus Clausthal-Zellerfeld im Harz durfte nach der Sprint-Platzierung im Verfolger als Zwölfter loslegen. Schob sich als Sechster nahe an Podiumsränge heran. Kassierte beim ersten Stehendschießen fünf Strafrunden. Und passierte das Ziel bei 12,5 km nach diesem Desaster und insgesamt sieben Strafrunden abgeschlagen als 29.!

Bester Deutscher war deshalb der Weltcupsaison-Neuling Erik Lesser, der sich von Rang 28 auf 13 vorschieben konnte. Damit rangierte der Oberhofer noch vor dem erfolgreichsten Biathleten aller Zeiten, Ole-Einar Bjoerndalen. Der 38-jährige Norweger (39 am 27.1.) schien nach einer erstklassigen Staffel-Vorstellung und Rang zehn im 10-km-Sprint ein Podest-Kandidat. Doch löste er beim Verfolgerstart um Sekundenbruchteile zu früh die Zeitmessung aus und landete nach der 30-s-Strafe plus vier Strafrunden lediglich auf Platz 15…

Nach der vierten von insgesamt neun Weltcup-Stationen verteilen sich die bislang zehn Einzelsiege auf sechs Läuferinnen: Tora Berger (Norwegen) schaffte vier, Miriam Gössner zwei, je einer ging an Darja Domratschewa (Weißrussland), Olga Saizewa (Russland) sowie die Sieg-Debütantinnen Synnoeve Solemdal (Norwegen) und die in Oberhof fehlende Gabriela Soukolova aus Tschechien. Deren Aufstieg ist symptomatisch für die Leistungsfortschritte beim Gastgeber der Biathlon-Welt-Titelkämpfe vom 7. bis 17. Februar in Nove Mesto. So stürmte Veronika Vitkova beim Verfolger im thüringischen Oberhof von Platz 16 im Sprint auf Rang zwei vor. Und Mannschaftskollege Ondrej Moravec gelang der Sprung von elf auf drei.

Hinter den beiden Russen Dimitri Malyschko und Jewgeni Garanitschew. Die hatten zuvor massgeblich Anteil am Staffelerfolg der Sbornaja und im Sprint ebenfalls die beiden Spitzenränge erobert. Vor allen Hochkarätern der Szene – von Martin Fourcade (Frankreich) bis Emil Hegle Svendsen (Norwegen).

Diese beiden Ausnahmekönner – derzeit führend im Gesamt-Weltcup – hatten bislang drei von zehn Saison-Wettbewerben für sich entschieden. Zwei Mal stand Andreas Birnbacher ganz oben, wie der Slowene Jakov Fak (nach 8 Strafrunden in Oberhof 33.!) und Malyschko. Einmal überraschte der Kanadier Jean-Philippe Leguellec die Favoriten.

Doch die Entdeckung des Biathlon-Winters dürfte der 25-jährige Malyschko sein. Im November-Trainigslager der Russen stand noch gar nicht fest, ob er seine zweite Weltcupsaison mit der starken russischen Mannschaft bestreiten könnte. Da waren praktisch die ersten vier Startplätze schon vergeben. Doch dann schenkte Cheftrainer Nikolai Lopuchow dem nervenstarken St. Petersburger – bislang ein dritter Platz im Weltcup (Verfolger) und starkem Staffel-Auftritt – erneut das Vertrauen. Malyschko behauptete sich in der Mannschaft u.a. im Dezember mit Rang drei in Hochfilzen und zuverlässigen Staffelrennen.

In Oberhof strotzte Malyschko, der auf der offiziellen Website der IBU noch weitgehend ein unbeschriebens Blatt ist (außer Name und Geburtsdatum keine Angaben, kein Foto) – vor Selbstvertrauen: Als Schlußläufer distanzierte er den beim zweiten Schießen noch gleichauf liegenden Svendsen, brachte die Siege im Sprint/Verfolger souverän nach Hause.

Überhaupt die russischen Männer in Thüringen: Im Sprint zu viert unter den ersten Sechs und im Verfolger unter den ersten Acht.

"Wir haben für diesen Winter härter und besser trainiert", erklärte Chefcoach Lopuchow. Warum?- "Weil wir Medaillen bei den Weltmeisterschaften und vor allem bei den Olympischen Spielen in Sotschi haben wollen."

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