Bernard Sumner plaudert aus dem Nähkästchen – Annotation

© Hannibal Verlag

Rock’n’Rolleranekdoten waren zu erwarten und kommen vor. Leider vermeidet er allzu private Dinge, gescheiterte Partnerschaften und Kinder werden nur am Rand erwähnt. Die Kindheit in einem der abgefuckten Bezirke von Manchester nimmt großen Raum ein, die Mutter mit der harten Hand, ein unsympathischer Stiefvater, die großherzigen Großeltern. Er stellt seinen musikalischen Scheffel nicht über die anderen, das fällt positiv aus, zur Musik findet er relativ spät und eher durch einen Zufall. Die Bandgeschichte von Joy Division ist von Peter Hook und Frau Curtis bereits großartig beschrieben, obgleich Sumner mit der Neuigkeit aufwartet, den Bandnamen Joy Division gemeinsam mit Ian Curtis gefunden zu haben. Jedenfalls baut er sich eine goldene Brücke bei der Geschichte der Namensfindung, ohne die Sache genau zu erklären, wer nun zuerst und überhaupt das ominöse Tash-Buch gelesen zu haben, wo über die „Vergnügungsabteilung“ böser Nazis nachzulesen war. Da in den Seiten davor nie von Literatur die Rede war, wird’s wohl doch, wie bisher von allen berichtet, der liebe Ian gewesen sein. Bernard ist ein eher naiver Bursche, bekommt von Cutis schwerer Epilepsie wenig mit und kümmert sich um die praktischen Dinge im (Band)-Leben. Das Freitod von Joy Division Gesicht Ian Curtis ist der Beginn von New Order. Eher widerwillig wurde Bernard Sumner zum Frontmann und Sänger. Der Erfolg stellte Joy Division schnell in den Schatten, Dance-Music und Acid House sei dank. Das Aus für den Gigantclub Hazienda, Suff und Drogen kommen vor, die Band feiert und tourt bis zur Rockerrente.

Die Übersetzung des insgesamt lesenswerten Buchs lässt sehr zu wünschen übrig, Grammatik- und Orthografiefreunde, es wird euch zuweilen grausen. Ein Buch für die Sommerferien ist es allemal.
* * *
Bernard Sumner, New Order, Joy Divison und ich, 336 Seiten, Hannibal Verlag, Innsbruck 2015, ISBN 978-3-85445-471-7, 29,99 Euro (D)
Vorheriger ArtikelSaisonausklang der Füchse mit emotionalen Abschieden
Nächster ArtikelIns Innere reisen – „Die lächerliche Finsternis“ und „Common Ground“ beim Theatertreffen