Und beschäftigt man sich erst einmal damit, dann wird einem klar, daß wir nur soweit im zivilisatorischen Fortschritt gekommen sind, weil seit Jahrhunderten, ja Jahrtausenden viele gewesenen Kinder als Erwachsene Entdeckungen und Erfindungen gemacht haben, die die Menschheit nach vorne brachten. Manchmal auch nach hinten. Dann aber ganz sicher nicht durch KOSMOS. Den Deutschen war international lange das Etikett verliehen worden, die Weltmeister der Ingenieurskunst zu sein. Noch heute ist der Ruf viel besser als die Realität, denn in der Tat werden hierzulande rund 60 000 Ingenieure für offene Stellen gesucht. Wann das kippte, wann sowohl Technik wie auch Naturwissenschaften – selbst die für den Lehrerberuf – weniger attraktiv wurden, ist nicht leicht auszumachen. Aber leicht wäre es, an allen unseren Schulen eine neue Begeisterung für Erforschen und Probieren in Gang zu setzen, wenn man jedem Schulkind altergemäß einen dieser Kästen in die Hand drückte und sagte”¦ach was, da muß man gar nichts mehr dazu sagen, dann legen Kinder schon Hand an.
Daß diese KOSMOS Experimentierkästen allesamt spannend sind, das steht fest. Natürlich gibt es unter ihnen bessere und noch bessere. Aber die Frage bleibt, weshalb unser Nachwuchs das fortsetzt, was schon die Generation davor betrieb: zu wenig schulisches Interesse an naturwissenschaftlichen Vorgängen in der Schule zu entwickeln. Denn sieht man die Kinder vor dem Schuleintritt, so sind sie noch entdeckungsfreudig. Die Schule baut das ab. Die KOSMOS-Vertreterin faßte die komplexen Ursachen für diese Situation, ergänzt durch Kollegeneinrufe, noch einmal zusammen. Der 45-Minutenunterricht läßt wenig Spielraum für richtiges Experimentieren. Meistens macht das der Lehrer und die Schüler schauen zu. Lernen geschieht aber eher über das aktive Handeln, die haptische Seite, das Anfassen und Hantieren, als über Zuhören oder gar Nachlesen. Eine interessante These ist, Unterricht sei rückwärtsgewandt, doch Jugendliche wollten nach vorne blicken. Wir haben auf beiden Seiten, als Schülerin und Lehrerin dies anders erfahren. Denn Wissen um die Vergangenheit ist immer der Schlüssel klarer nach vorne zu blicken.
Ein weiterer Aspekt galt dem Problem der geschlechterspezifischen Unterschiede im Zugang zu den Naturwissenschaften. In der Realität ist das so. Aber auch hier sind die Ursachen komplex. Traditionelle Rollenbilder sind immer noch eine der Hindernisse, wenn Mädchen gesagt wird, daß sie mit schmutzigen Händen und im Monteursanzug sicher keinen Mann bekommen – und anderen Unsinn. Jungens dagegen wird von der Umwelt ihre Technikbegeisterung und auch die für die Naturwissenschaften vorgegeben und sie sehen ziemlich klar, diesen Bereich als einen der Qualifizierung und Überordnung über andere an, sprich: Machtbasis. Seit vor vielen Jahren schon in Untersuchungen bestätigt wurde, daß gerade feministische Lehrerinnen Jungen grundsätzlich bevorzugen – unbewußt natürlich – , weil sie sie dauernd aufrufen, sehr viel mehr als Mädchen, was den Jungens einen Lernfortschritt bescherte, die Lehrerinnen aber dies nur taten, um über das Aufrufen der Jungens deren Disziplin in der Klasse zu sichern. Ein Junge, der sich meldet und was sagt, macht keinen Unsinn. Eine geradezu tragische Komponente, die noch heute wirkt. Und wir können auch kaum mit den Ergebnissen der Koedukationsstudien umgehen, die eindeutig belegen, daß Mädchen in gemischten Klassen weniger an Naturwissenschaften und Technik interessiert sind und schlechtere Leistungen bringen als in reinen Mädchenklassen.
Es kommt auch dazu, daß Mädchen eher die Rolle der Helferin übernehmen, als die Welt in ihre Bestandteile zu zerlegen und sie wieder neu zusammenzubauen. Aber mit genetischen Dispositionen hat das nichts zu tun. Das haben Kriegs- und Nachkriegszeiten immer bewiesen, wo Frauen auf einmal alles konnten, alles können mußten, und dann zurück zu Heim und Herd abgeschoben wurden, wenn die Männer für die Ausübung dieser Berufe wieder zur Verfügung standen. Ach, das Thema ist weitgespannt und man wundert sich, daß trotz aller soziologischen und historischen Erklärungen für das Desinteresse von Frauen, so viele an den Universitäten in diesen Fächern studieren, auch und erst recht an den Technischen Hochschulen, wo Frau zu sein, früher der Ausnahmestatus war.
Aber KOSMOS hat auch dazugelernt. Eigentlich gibt es nämlich in dem auf Altersgruppen zugeschnittenen Angebot für Kinder und Jugendliche fast nichts mehr, womit man nicht experimentieren kann. Wenn die Fünfjährigen. „Mein erster Experimentierkasten. Mein Körper“ (ab August im Handel) erhalten und mit einem selbst gebastelten Stethoskop in sich hineinhören können – und Sie auch sofort abhören werden – dann zeigt sich genauso wie bei den Kästen „Was ist eigentlich Luft“ und „Warum leuchten die Sterne“ , beide ab Juni erhältlich, daß nicht die Weltraumforscher und Nobelpreisträger von morgen angesprochen sind, sondern erst einmal Kinder durch forschendes Lernen an ihre Umwelt herangeführt werden sollen, nichts als gegeben hinzunehmen, sondern alles auf die funktionierenden Hintergründe hin zu untersuchen. Das war der große Schlager der Reformpädagogik vom Anfang des 20. Jahrhunderts!! Und bleibt gültig.
KOSMOS hatte sich gut vorbereitet und brachte noch einmal alle guten Gründe für das Lernen über das eigene Handeln, das Experimentieren vor. Interkulturell sogar, wenn Konfuzius zitiert wird mit: „Was du mir sagst, das vergesse ich./Was Du mir zeigst, daran erinnere ich mich./Was du mich tun läßt, das verstehe ich.“ Die statistischen Ergebnisse, daß der Mensch nur 10 Prozent von dem was er liest, behält, aber 20 von dem, was er hört, 30 von dem, was er sieht, 50 Prozent von dem was er sieht und hört, 70 von dem, was er bespricht und 90 sogar von dem, was er ausführt, wirken zwar plakativ in Richtung des Experiments, aber sind als Lernmodell einfach ungeeignet, weil das Lernen ein individueller Akt ist und jeder anders lernt. Daran krankt ja gerade unser Schulwesen, daß alle zu selben Zeit und möglichst in der selben Zeit das Gleiche auf die gleiche Methode lernen sollen. Man kann nicht alles mit Experimenten erlernen, aber viel viel mehr als es bisher in Schulen gang und gäbe ist.
Mit einem Wort, es ist nicht nötig, mit weiteren wissenschaftlichen Erkenntnissen auch auf die durch Experimentieren geförderte Sprachkompetenz, auf das logische Denken und so vieles andere zu verweisen. Das ist so und Eltern sollten ihren Kindern diese Möglichkeiten über KOSMOS- und andere Experimentierkästen zukommen lassen. Was aber wirklich not tut, wäre, für die Schule solche Kästen zu entwickeln, daß in Gruppen Kinder naturwissenschaftliche Probleme gemeinsam lösen lernen. Dann nämlich sind die Aussagen zur Förderung der Sprachkompetenz erst recht angebracht und das geförderte Sozialverhalten auch. Und Wissenschaft heute ist nicht so sehr der einsame Elfenbeinturm, sondern Forschen im Team. Eltern sollten also eine andere Schule mit anderer personeller und Sachausstattung fordern – aber auch die Gesellschaft davon überzeugen, daß diese dafür zahlt. Reich genug ist die deutsche Gesellschaft, was angesichts des Krisengeredes leicht vergessen wird. Es kommt eben darauf an, ob man in die Zukunft von Kindern investiert.
So grundsätzlich haben wir eigentlich gar nicht werden wollen. Aber so ist das mit dem Thema, das einmal losgetreten, seine eigene Dynamik entwickelt. Und so ist das auch mit dem Schreiben wie mit dem Experimentieren. Man fängt an und versucht, man verwirft und erneuert und dann kommt was anderes aus, als das, was man beabsichtigte. Wir auf jeden Fall haben Blut geleckt und werden uns gezielt ein paar KOSMOS Kästen anschauen und darüber berichten. Auf der Pressekonferenz hat uns unser Zauberlehrling bekanntgemacht mit „Optik. Experimente zu Licht und Wahrnehmung“ aus der Reihe „Abenteuer Wissen“ und „“Elektro & Co. Elektrowissen leicht gemacht“, aus der Reihe Experimentierkästen, beide für Kinder ab acht Jahren und seit März 2009 im Handel. Welchen Spaß selbst Erwachsene daran haben, sei den Eltern dann doch verraten.
Noch sinnvoller ist es, einen Katalog Kosmos Spielwaren 2009 zu ergattern, in dem allein den Experimentierkästen die Seiten 163 bis 237 gewidmet sind.