Die Kaffeeernte ist vorbei. Fast. Denn noch hängen einige Nachzügler grünroter Kaffeebohnen am Strauch, in denen sich das Licht der Morgensonne sanft bricht. Schon ist Rosa zur Stelle, die ihre vierzig Kaffeesträucher hütet wie ihren Augapfel. Bedeuten sie doch für sie einen nicht geringen Anteil ihrer beruflichen Existenz, die sie dem Boden um ihr bescheidenes Wohnhaus täglich abringen muss. Bei fünf heranwachsenden Kindern sicherlich keine leichte Aufgabe, sodass sie diese bereits von Kindheit an zur Mitarbeit im Haus und auf dem Feld ermunterte.
Heute ist für Rosa ein besonderer Tag. Sie erwartet Besuch aus Europa, dem sie die Zusammenhänge um die hier in Ostafrika heimische Arabica-Kaffeebohne näherbringen soll. Gemeinsam geht es nun hinaus in die kleine Kaffeeplantage gleich neben ihrem Haus. Keinen Augenblick muss sie daran zweifeln, dass auch ihre heutige Demonstration wieder ein Erfolg wird. Garantiert durch die Qualität ihres Arabica-Kaffees der höchsten Güteklasse und damit ohne Übertreibung des besten Kaffees weltweit. Schnell sind die noch an den Sträuchern hängenden letzten Bohnen zusammen gesammelt. Das Ritual kann augenblicklich beginnen.
Trocknen und Stampfen
Zuerst wird mit einer handgetriebenen altertümlichen Maschine durch leichten Druck die rotgrüne Haut vom inneren Kern der Bohnen entfernt. In schlaffen kleinen Kügelchen bleibt sie zurück und hatte doch gerade noch stolz an den Sträuchern Auskunft über den Reifegrad der Bohnen erteilt. Zurück bleibt zur weiteren Verwertung, zunächst etwas enttäuschend, ein unscheinbarer hellbrauner Inhalt, weit entfernt vom gewohnten Dunkelbraun einer „normalen“ Kaffeebohne. Was also tun? Mit Routine schüttet Rosa das gewonnene Kaffeematerial in eine flache Metallschale, in der es über einem flackernden Holzfeuer zunächst getrocknet wird.
Doch noch immer lässt das satte Dunkelbraun auf sich warten. Stattdessen wird eine zweite, wie knackendes Plastik sich anfühlende Haut erkennbar. Doch die lässt sich anschließend mit einem schweren Holzstampfer in einem hohlen Baumstamm – wenn auch mit etwas Kraftaufwand – ablösen. Für Rosa am Ende sogar schweißtreibend. Sicherlich jedoch in dem befreienden Bewusstsein, nun endlich den Anteil der Bohne gewonnen zu haben, auf den es bei diesem Prozess eigentlich ankommt.
Aroma des Röstkaffees
So landen die erdnussartigen Hälften aus dem Baumstamm in einem flach geflochtenen Korb. In immer neuen Schwungbewegungen werden sie nun von Rosa nach oben geschleudert. Um Sekundenbruchteile später, in der Zugluft gereinigt von störenden Restbeständen, zielgenau wieder von ihr aufgefangen zu werden. Doch irgendwann bleibt es diesem Restbestand dann nicht erspart, noch einmal den Weg in die Metallschale über dem Holzfeuer antreten zu müssen.
Für alle zum Vorteil. Denn unter der Hitzeeinwirkung beginnen die Bohnenhälften in relativ kurzer Zeit die farbige Gestalt anzunehmen, wie man sie von echtem Röstkaffee kennt. Und vor allem: ihr eigentliches Aroma zu entwickeln und dabei einen verführerischen Teil ihrer Duftstoffe an die Umgebung abzugeben. Ein Vorgang, der intensive Vorahnungen weckt und durch das anschließende kraftvolle Mahlen der röstwarmen Kaffeebohnen noch verstärkt wird. Wissend lächeln sich alle eingeweihten Zeugen dieser komprimierten Kaffeezeremonie zu. Und wer könnte nun noch in stoischer Ruhe den bevorstehenden Kaffeegenuss abwarten?
„Frohen Herzens genießen“
Längst hat Rosa das Kaffeewasser über dem kleinen Holzfeuer zum Kochen gebracht. Langsam verschwindet nun auch das durch Stampfen gewonnene Kaffeepulver in der siedenden Flüssigkeit, wo es mit einem hölzernen Kochlöffel für eine Zeitlang in Bewegung gehalten wird. Kein Kaffeefilter weit und breit. Nur eine geräumige Thermosflasche, in die hinein der Inhalt des Topfes gegossen wird. Ganz vorsichtig, damit sich die Schwebeteile des Kaffees nicht dorthin auf den Weg machen, wo sie für Kaffeegenießer einfach nicht hin gehören.
Das Ziel der Kaffeezeremonie auf afrikanisch ist erreicht. Und ist es nicht ein Grund zum Feiern, den gesamten Vorgang von der Bohne am Strauch bis hin zum Kaffee in der Tasse an einem Stück miterlebt zu haben? Bleibt nur die erwartungsvolle Frage, ob das schwarzbraune Getränk auch hergibt, was es verspricht. So geht die Frage an Rosa, wie sie denn selbst ihren handgearbeiteten Kaffee zu sich nimmt. Lächelnd gibt sie ihr kleines Genussgeheimnis preis, indem sie wortlos eine Löffelspitze Zucker hinzufügt. Und so lässt sich in der Tat auf bewährte Weise „frohen Herzens genießen“.
Verrückter Dickhäuter
Mit diesem dem Kaffee innewohnenden Wohlgefühl wird nun auf einmal wieder die Landschaft interessant, die sich hier mit auffallenden Merkmalen präsentiert. Auf der einen Seite der Kilimandscharo, als Fast-Sechstausender der höchste Berg Afrikas, wenn auch zumeist unter einer weißen Tarnkappe verborgen. Auf der anderen Seite der Mount Meru, der zwar nicht ganz so hoch hinaus will, sich aber auch mit einer Höhe von unterhalb fünftausend Metern gehörigen Respekt verschafft.
An seinen Hängen liegt der Arusha-Nationalpark, der mit seinem Tierbestand Safari-Fans aus aller Welt anlockt. Die Umrisse eines riesigen Elefanten am Eingangstor vergrößern die Erwartungen um ein Weiteres. Diese werden aber sogleich gedämpft von vorsichtiger Zurückhaltung, als Vierrad-Geländefahrer Joseph von seinem bisher gefährlichsten Abenteuer berichtet. Ein offensichtlich „verrückter“ Dickhäuter sei damals in vollem Tempo hinter seinem Fahrzeug hergelaufen. Und nur mühevoll habe er sich dieser Attacke mit Vollgas entziehen können.
Affenliebe
Wie zurückhaltend elegant dagegen die Giraffen, die auf ihren hohen Stelzen vor der spitzen Bergkulisse des Mount Meru würdevoll dahin zu schweben scheinen. Doch dann kommt Leben in die unmittelbare Nähe. Als ein Giraffenbulle sich einer äußerst grazilen Giraffenlady nähert und ihr mit leichtem Kopf-Körperkontakt seine Zuneigung signalisiert. Rührend, und gern würde man dem von der Körpergröße her ungleichen Paar Glück für die Zukunft wünschen. Doch dann lässt sie ihn abblitzen, und die zarten Liebesbande sind ebenso schnell wieder zerrissen, wie sie geknüpft wurden.
Erfolgreicher verhält es sich da mit der Affenliebe. Wie ein Pascha hält das Oberhaupt der Paviangruppe seine Bande zusammen. Und weiß, das macht er mehrfach klar, welche wichtige Rolle er gegenüber seinen Weibchen zu spielen hat. Eines der Ergebnisse solcher Liebesbeziehungen hängt mit festem Pfotengriff unter dem Bauch seiner Mutter, die ihn von hier aus mit der näheren Umgebung vertraut macht. Und dabei lässt sich, sehr zum Erstaunen der Beobachter, zwischendurch sogar der Papa blicken, der sich offenbar für seinen süßen kleinen Nachwuchs mitverantwortlich weiß.
Afrikanische Nacht
Darüber droht nun am westlichen Horizont schon bald die Sonne unterzugehen. Gerade die richtige Zeit, um auf der Terrasse der Ngurdoto Lodge bei einem Sundowner den Safaristaub herunter zu spülen. Und an diesem ausgefallenen Ort in Äquatornähe vor dem schnellen Einbrechen der afrikanischen Nacht die Tageserlebnisse im Gespräch noch einmal Revue passieren zu lassen.
Reiseinformationen “Tansania”
Anreise: Günstig mit Ethiopian Airlines, täglich ab Frankfurt am Main über Addis Abeba nach Kilimanjaro, ab Euro 535.
Einreise: Es genügt ein noch mindestens 6 Monate gültiger Reisepass. Ein Visum wird bei Ankunft in Tansania ausgestellt. Dabei anfallende Kosten: Euro 50 oder US-Dollar 50. Nicht vergessen: Impfpass mit Gelbfieber-Impfnachweis.
Reisezeit: Tansania kann grundsätzlich ganzjährig bereist werden. Die besten Reisemonate, regenlos und bei angenehmen Temperaturen sind Mai bis Juli. März und April sind wegen stärkeren Regens eher zu meiden.
Reiseveranstalter: Zu den bewährten Reiseveranstaltern nach Tansania zählt DIAMIR-Erlebnisreisen, Tel. 0351-312077, info@diamir.de, www.diamir.de; dort auch Auskunft über Kaffeerituale und Tiersafaris.
Unterkunft: Hervorragend die Ngurdoto Lodge, 35 Kilometer entfern vom Flughafen von Kilimanjaro; gediegene koloniale Räumlickkeiten, getrennt voneinander gelegene geräumige Rondavels, Pool und Terrasse, idealer Ausgangspunkt für Arusha-NP, Mount Meru und Kilimanjaro; www.ngurdoto-lodge.com