Die vorliegende Arbeit nimmt die hochinteressante experimentelle Tatsache zum Ausgangspunkt, dass sich die beiden Pioneer-Raumsonden der NASA, Pioneer 10 und Pioneer 11 nach Verlassen unseres Sonnensystems deutlich stärker abgebremst werden, sich also deutlich langsamer entfernen, als nach bisherigem Kenntnisstand anzunehmen. Herr Albert Vollmer interpretiert diese Tatsache als den Nachweis der Existenz jenes Äthers, der lange Zeit von der Physik postuliert, aber dann durch die Arbeiten Albert Einsteins aus dieser verbannt wurde. Dies wäre eine logisch mögliche Erklärung: Eine äußerst feinteilige, bislang unbekannte Substanz bremst diese durch ihren Widerstand ab.
Allerdings ist eine zweite Erklärung genauso logisch korrekt: Das Sonnensystem besitzt deutlich mehr Schwerkraft als ihm bislang zugeschrieben wurde. Diese Schwerkraft des Sonnensystems wurde bislang abgeschätzt aus der Summe der Massen wichtigsten Körper, aus denen es besteht. Natürlich fällt hier die Masse des Zentralkörpers Sonne besonders ins Gewicht, weil sie ja etwa 99% der Gesamtmasse des Systems, jedenfalls nach bisherigem Kenntnisstand, ausmacht. Unter diesem Gesichtspunkt spielt die Abschätzung der Masse von Kleinkörpern, Kometen in einer Ortschen Wolke oder Objekten im Kuiper-Gürtel eine ziemlich untergeordnete Rolle. Wenn die Gravitation des Sonnensystems aber nun die beiden Sonden erheblich stärker bremmst als zu erwarten, könnte darauf geschlossen werden, dass es einen erheblichen Anteil jener dunklen Materie enthält, über die seit langem spekuliert wird und deren Wesen noch nicht erhellt werden konnte.
Versuchen wir zu der komplizierten Problematik ein paar Begriffliche Klärungen. Albert Vollmer sagt, dieser Äther müsse sich aus Atomen zusammensetzen, welche aber deutlich kleiner als die Atome der Kernphysik und Chemie, eher als Elementarteilchen zu denken. Zweifellos, dass wir das, was wir heute Atome nennen, diesen Namen trägt basiert auf einem historisch verständlichen wissenschaftlichen Irrtum. Der englische Chemiker Dalton wandte ihn auf jene kleinsten Bausteine der chemischen Identität an, da er mit der Aufnahme dieser Denkweise der antiken Philosophen Leukipp, Demokrit und Epikur die Gesetzmäßigkeiten der chemischen Reaktionen besser erklärt werden konnten. Der Begriff jedoch heißt das Unteilbare und wie wir wissen heute, dass Atome aus untergeordneten Partikeln zusammengesetzt sind, aus kleineren Einheiten aufgebaut werden können, zerfallen können und auch gespalten werden. Das wahrhaft a tomos, das wirklich Unteilbare des Demokrit, sind sie also nicht.
Aus Skepsis gegenüber der Quantentheorie vermeidet der Autor vorliegender Arbeit wohl die Verwendung des Begriffs Quant. Gegenüber einigen der gängigen Deutungen der Quantentheorie, so subjektivistischen von der mystischen Rolle des Beobachters oder der pausenlosen Entstehung neuer Parallelwelten bei jeder quantenmechanischen Entscheidung, stehe ich auch sehr ablehnend gegenüber. Der Begrigg des Quants an sich jedoch scheint mit durchaus sinnvoll, dass zu bezeichnen, was Demokrit mit seiner Atomtheorie ursprünglich im Sinne hatte: Die Vermutung, dass die materielle Realität nicht unbegrenzt teilbar ist, die Wirklichkeit sozusagen im allerkleinsten Maßstab nicht kontinuierlich, sondern diskontinuierlich, sozusagen körnig, wird. Dies betrifft nicht nur stoffliche Materie, sondern ebenso Energie, Raum und Zeit, welche in ihrer objektiv-realen Existenz ja ebenso materiell.
Was ist nun mit der dark matter, der dunklen Materie? Welche Eigenschaften muss sie haben und wozu brauchen wir sie eigentlich, wenn sie doch einfach nicht kennen und auch nur so schwer finden können? Wir brauchen sie vor Allem, um die beim gängigen Urknallbild des Universums dessen Flachheit zu erklären, also die Tatsache, dass das Universum offenbar über eine Materiedichte verfügt, die der sogenannten kritischen sehr nahe kommt, obwohl die uns bekannten Formen der Materie für diese Dichte nicht annähernd hinreichen. Welche Eigenschaften müssen sie haben? Sie müssen an der gravitativen Wechselwirkung der Materie teilhaben, denn dazu werden sie gebraucht. An allen anderen uns bekannten Wechselwirkungen müssen sie durchaus nicht teilnehmen, so z.B. an der elektromagnetischen, wodurch sie dann eben dunkel bleiben.
Der Autor zitiert AlexeyVikhlinin vom Smithonian astrophysikal Observatory/USA mit der Feststellung „Nothing weights something“. Dies kann man natürlich nicht so übersetzen, dass es einfach nichts gibt was etwas wiegt, sondern dass das Nichts etwas wiegt. Dies ist natürlich ein Wortspiel mit dem Begriff des Vakuums. Diese wird landläufig und umgangssprachlich eben mit dem Nichts gleichgesetzt, obwohl wir mittlerweise wissen, dass es physikalische Eigenschaften hat. Wir können es vielleicht passender durch den Begriff Raum ausdrücken. Der Raum oder das Vakuum hat in unserem beobachtbaren Vakuum spezielle Eigenschaften, eben wie die, ein bestimmtes Spektrum virtueller Teilchen und Antiteilchen hervorzubringen, allerdings eben nur dieses Spektrum und nicht Teilchen beliebiger Eigenschaften. Ob es andere Räume oder Vakua gibt oder gab, entzieht sich unserer Kenntnis und wird dies vielleicht auch immer tun. Wenn zu den Eigenschaften unseres Vakuums oder Raumes auch ein von 0 verschiedener Energiegehalt gehört, muss es, wenn man E=m*c^2 gelten lassen will, auch sozusagen ein Gewicht haben, d.h. an der Gravitationswechselwirkung teilnehmen. Unter dieser Annahme wird der Raum selbst zu einem Bestandteil der dunklen Materie. Oder kann er sogar die gesuchte dunkle Materie überhaupt sein?
Also lassen wir das vielleicht mal mit dem Nichts. Der Raum ist etwas, denn er ist objektiv real und seine Überwindung kostet jeder Information Zeit und Energie und vielleicht wiegt er eben auch etwas. Was können wir noch von ihm sagen? Wenn die Quantelung der objektiven Realität konsequent zu Ende gedacht wird, ist auch er gequantelt, also besteht aus distinkten Raumpunkten, aber nicht mit den unendlich kleinen Radien des guten Leibniz, sondern, wenn die Heisenbergsche Unschärferelation gelten lassen wollen, mit dem Durchmesser der Planck-Länge. Diesen Raumpunkten können wir die Eigenschaft zuschreiben, zu jenen Schwingungsstufen anregbar zu sein, die wir als das Spektrum der wirklich elementaren Elementarteilchen kennen. So dürfen wir auch annehmen, dass die Punkte des Raumes die Eigenschaft haben, instantan, d.h. eine Planck-Zeit lang, sich zu der Eigenschaft Photon zu sein anregen lassen können. Voila, da haben wir das Medium der Lichtausbreitung, den Äther, gequantelt („atomar“), nicht völlig frei von Energie, also auch gravitativ ein wenig schwer, aber nicht stofflich im klassischen Sinne.
Die meisten Forscher suchen bei der dunklen Materie allerdings nach etwas anderem, im Sinne von noch unbekannten Elementarteilchen. Nicht der Raum selbst soll die dunkle Materie sein, sondern ein bislang unbekannter Anregungszustand der Raumpunkte. Dieser sollte dann der gravitativen Wechselwirkung stärker unterliegen als unangeregte Raumpunkte, während er an anderen Wechselwirkungen nicht zwingend teilhaben muss. Worin besteht der wesentliche Unterschied zwischen beiden Konzeptionen? Elementarteilchen, die der gravitativen Wecgselwirkung stärker unterliegen als Punkte des „leeren“ Raumes, müssten sich in oder um Massenkonzentrationen, von diesen angezogen, ansammeln und damit diese Verstärken. Ich sagte zwar vorhin, dass der Begriff der dunklen Materie seine Entstehung der Urknall-Theorie bzw. der der Expansion des Universums verdankt, aber mittlerweile wird sie auch gebraucht um den Zusammenhalt der Galaxien zu erklären, oder vielleicht eben auch die verstärkte Abbremsung der Pioneer-Sonden durch das Gravitationsfeld des Sonnensystems, ja das „Klumpen“ eines adiabatisch expandierenden Wassersstoff-Helium-Gasgemisches zu Sternen und Galaxien besser zu verstehen.
Nach Albert Vollmers Ansicht sollen die Teilchen seines Äthers und die des ihm noch vorgelagerten Grundäthers eine Tiefkültemperatur von nahezu 0 K besitzen. Nun fragt man sich wie diese aufrecht erhalten werden kann, da das ganze Universum durchdrungen wird von jener Hintergrundstrahlung von 3 K, wenn dies auch für unsere Maßstäbe ebenfalls sehr kalt. Seine Grundätheratome postuliert er dazu als rotationslos und damit in jeder Hinsicht unfähig mit elektromagnetischer Strahlung in Wechselwirkung zu treten. Insofern ziemlich ideale dunkle Materie. Allerdings dürften diese rotationslosen Grundätheratome letztlich genauso spekulativ und auf absehbare Zeit nicht nachweisbar sein wie die Strings und vielleicht auch die Higgs-Teilchen. Das soll aber auch nicht heißen, dass ich seine rotationslosen Grundätherartome viel schlimmer finde, als Strings und Higgs-Teilchen.
Nun leugnet der Autor zwar den Urknall und die Expansion des Universums. Dafür hat er eine interessante Alternativ-Erklärung: Die Rotverschiebung in den fernen Galaxien beruhe auf einem Energieverlust durch den Widerstand des Lichtäthers über sehr große Entfernungen, sei in der Tat zwar Entfernungsmaß aber kein zwingender Beweis für eine Expansion des Universums. Das kann man zwar für sich genommen gelten lassen, aber die Widerlegung der Urknall- und Expansionstheorie bedürfte dann auch einer alternativen Erklärung für die Enstehung der 3K-Hintergrundstrahlung, eines von der Rotverschiebung unabhängigen Beweises für die genannte Theorie, deren Existenz der Autor ja nicht leugnet. Wie auch immer, die Expansionstheorie war der Ausgangspunkt überhaupt die dunkle Materie zu postulieren und nach ihr zu suchen. Würde nun die dunkle Materie im Sinne des Autors verifiziert werden und, ebenfalls in seinem Sinne, die Expansionstheorie falsifiziert, müsste er doch zumindest eingestehen, dass auch mal ein unrichtiger Audgangspunkt, letztlich zu bedeutenden und richtigen Entdeckungen führen kann.
Leider räumt Albert Vollmer dies Albert Einstein nicht ein. Da er darauf insistiert, dass die Verwerfung des Lichtäthers durch Einstein ein falscher und voreiliger Schritt war, hält er damit die gesamte Relativitätstheorie für überwunden und möchte sie durch seine Realitätstheorie ersetzen. Aber die Verwerfung des Lichtäthers durch Einstein hatte zum einen etwas mit der damals postulierten Form seiner stofflichen Natur zu tun und war der entscheidendste Ausgangspunkt für die Entwicklung der Speziellen und Allgemeinen Relativitätstheorie. Dies war vielmehr die Konstanz der Vakuumlichtgeschwindigkeit und ihrer Rolle als Grenzgeschwindigkeit jeglicher Informationsübermittlung überhaupt. Auch lassen sich, selbst wenn die Verwerfung jeglichen Mediums für die Lichtwellenausbreitung voreilig, doch die tausendfach bewiesenen Ergebnisse von Einsteins Physik, wie Energie-Masse-Relation, der Zeitdillation bei Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit undsoweiterundsofort nicht aus der Welt schaffen. Auch Vollmers Schüler Axel Patrick Ligon hält in seinem Beitrag zur vorliegenden Artikelsammlung an der Vakuumlichtgeschwindigkeit als absoluter Grenzgeschwindigkeit fest, wenn er Messungen kritisiert, nach denen sich die fernsten Quasare mit Überlichtgeschwindigkeit von uns entfernen müssten. In der Tat, das geht nicht.
Herr Albert Vollmer beklagt sich, dass es die moderne Physik immer noch nicht fertig gebracht habe, zu erklären was eine elektrisch positive und eine elektrisch negative Ladung eigentlich sei, genauso wenig wie, was ein magnetischer Nordpol oder ein magnetischer Südpol eigentlich sei. Es erinnert mich an einen Witz aus Studententagen: Der Professor befragt in der Prüfung einen Studenten, was Elektrizität eigentlich sei. „Herr Professor, ich habe gut gelernt, glauben sie mir und gestern habe ich es auch noch ganz genau gewusst, aber nun habe ich es vergessen, einfach weg.“ Der Professor ist bestürzt: „Nun gab es doch tatsächlich mal einen einzigen Menschen, der gewusst hat, was Elektrizität eigentlich sei, und nun hat dieser es vergessen!“
Da haben wir nun eine Grundkraft, die ist sozusagen einpolig, reicht theoretisch bis ins Unendliche und kennt nur die gegenseitige Anziehung von Objekten, die an dieser Wechselwirkung teilnehmen. Dann haben wir zwei zweipolige Kräfte, die nur in enger gegenseitiger Wechselwirkung miteinander auftreten. Sie wirken ebenfalls Theoretisch bis ins Unendliche und die Wechselwirkungen der Objekte die ihnen unterliegen können sowohl anziehend als auch abstoßend seien. Dann gibt es noch eine Grundkraft, die um vieles stärker ist, als die letzteren, anziehend ist, deren Wirkungsradius aber nicht größer als der des Atomkerns. Diese ist wohl eher dreipolig. Werden wir je in einem anderen Sinne wissen, was das eigentlich ist, als in dem Sinne, die Wirkungen möglichst genau quantitativ beschreiben zu können? Ich bezweifle es.
So sehr mir die Bestrebungen des Autors auch zusagen, Determinismus, Kausalität und logische Widerspruchsfreiheit in der Physik zu bewahren oder zurückzugewinnen um diese als exakte Naturwissenschaft zu erhalten und Erscheinungen von Spekulation und Mystizismus aus dieser herauszuhalten, so sollte man doch nicht das Kind mit dem Bade auskippen! In die klassische Mechanik hinter Quantentheorie und Relativitätstheorie führt wohl kein Weg zurück, auch wenn man nicht Spintisiererei folgen sollte, die aus diesen mitunter abgeleitet werden. Die aus der Relativitätstheorie abgeleitete Zeitdillatation bei Bewegung mit annähernder Lichtgeschwindigkeit ist vielfältig experimentell überprüft und kann wohl kaum in Frage gestellt werden. Aber auch mit Hilfe der Relativitätstheorie wird man niemals Zeitmaschinen bauen können, welche jegliche Gesetze der Kausalität über den Haufen werfen würden. Die Existenz Schwarzer Löcher ist wohl kaum noch zu bestreiten, die Lehre aber, dass aus ihrem Inneren Babyuniversen in andere Raumzeitwelten wachsen, so unverifizierbar und unfalsifizierbar, dass sie außerhalb dessen steht, was man Wissenschaft nennen kann. Ob sich quantenmechanische Prozesse jemals vollständig deterministisch beschreiben lassen muss bezweifelt werden, obwohl gerade in dieser Frage in Einstein einen Verbündeten hat, der sich mit dem Indeterminismus quantenmechanischer Prozesse auch nie abfinden mochte, aber die Behauptung ein Experimentator oder Beobachter könne der Quantenrealität seinen subjektiven Willen aufzwingen, ist nicht wissenschaftlicher als die, allein mit seinem Willen, ohne physikalische Krafteinwirkung, Löffel verbiegen zu können. Eine völlig widerspruchsfreie Physik, wie angestrebt, ist in der vorliegenden Darstellung nicht gelungen, da Aussagen und Ergebnisse eben der Relativitätstheorie, der Quantentheorie und dem modell des expandierenden Universums Anwendung finden, obwohl diese Theorien vom Autor an sich abgelehnt werden.
Aber bleiben wir hierbei nicht stehen! Versuchen wir das Ätherkonzept weiterzudenken. Wie schon oben dargestellt, ziehe ich dem Begriff des Äthers einerseits, welcher zu sehr stofflich klingt und dem Begriff des Vakuums, welcher nach dem Nichts, dem absoluten Nichts klingt, den den Begriff des Raumes vor, der auch dann kein Nichts ist wenn er keine über das Grundniveau angeregte energetische Zustände, genannt Elementarteilchen, enthält. Wie gesagt, weisen neueste Untersuchungen dahin, dass der Raum auch im Grundzustand einen von Null verschiedenen Energiegehalt besitzt. Schon Einstein hat das Newtonsche Verständnis des Raumes, welcher bei letzterem nichts als ein völlig passives Gefäß für die sich bewegende Materie war, dahingehend gewandelt, dass der Raum durch die anwesende Materie geometrisch, topologisch verformt wird. Besitzt der Raum nun einen gewissen Energiegehalt nimmt er gemäß der Energie-Masse-Äquivalenz an der gravitativen Wechselwirkung teil. Es wäre daher zu erwarten, dass große Masseansammlungen, den Raum bzw. seine Energiedichte verdichten. Dies würde für unsere Pioneer-Sonden bedeuten, dass sie abgebremmst werden, weil der Raum im Inneren des Sonnensystems, speziell in Sonnennähe, eine größere Energiedichte und damit gravitative Anziehung besitzt, die Anziehung der Massekörper im System verstärkend, als der Raum außerhalb des Sonnensystems. Dies angenommen, und ferner angenommen, der Effekt ist quantitativ hinreichend, könnten vielleicht letztendlich dem Raume selbst all die Effekte zugeschrieben werden, um welcher willen wir die dunkle Materie suchen, die wir hartnäckig nicht finden können. Mehr als eine Hypothese kann dies allerdings nicht sein.
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Albert Vollmer „Helles Licht in Dunkle Materie – Weltall-Geheimnissen auf der Spur“, Alvo-Verlag GmbH, Obernburg/Main, 2009, ISBN: 3-9801252-6-2