Jelinek hat ihre „Wirtschaftskomödie“ noch vor dem Finanzcrash mit Blick auf österreichische Spekulationsskandale geschrieben. Die Uraufführung fand 2009 in Köln statt. Diese Produktion, in der Inszenierung von Nicolas Stemann, ist zum diesjährigen Theatertreffen eingeladen.
Pedro Martins Beja und sein Dramaturg Hayat Erdogan haben Jelineks Textfluten erheblich eingedämmt. Die Aufführung dauert nur wenig mehr als eineinhalb Stunden, in denen keine Langeweile aufkommt.
Die Vorstellung beginnt mit Videoaufnahmen, auf denen ein auf dem Klo sitzender Zeitungsleser geheime Botschaften vermittelt. Worum es sich dabei handelt, wird nicht ganz deutlich, um Geld jedenfalls, das verzockt wurde und nun vermisst wird und um weiteres Geld, das die Zocker einfordern.
Zu diesem Grundthema hat Beja mit einem sehr guten, jungen Schauspielensemble Choreographien und Bilder assoziiert. Dabei gelingt es, eine dramatische Spannung zu entwickeln, die sich bis zur überraschenden Bluttat am Schluss steigert.
Bühnenbildner Peter Schubert hat einen langen weißgedeckten Tisch vorn auf die Spielfläche gestellt. Dort tafeln die Herrschaften in feinem Zwirn, steigen auf den Tisch, beschimpfen das Publikum, und wenn sie nichts zu tun oder zu reden haben, entlocken sie ihren Weingläsern feine Harfentöne.
Später versammeln sich auch Engel und Teufel an diesem Tisch, ein Schwein quietscht „mea culpa“, und in dem Glaskasten im Hintergrund, der zunächst wie ungenutzte Dekoration erscheint, toben Gewaltorgien.
Der Musiker Thomas Mahmoud, sichtbar auf der Bühne, bestimmt den Rhythmus der Vorstellung, setzt schmerzhaft ohrenbetäubende Akzente und sorgt für spannungsvolle Pausen.
Das sechsköpfige Schauspielensemble beweist hervorragende Teamarbeit und jongliert brillant mit den artifiziellen Texten.
Die Aktualität des Stücks bleibt bei dieser ästhetisch schönen Darbietung allerdings auf der Strecke. Die Mitteilungen über Betrug, faule Papiere und lebensfeindliche Gier erscheinen wie Schlagzeilen von gestern, zu kunstvollem Nonsens verarbeitet und ohne Bedrohlichkeit.
„Die Kontrakte des Kaufmanns. Eine Wirtschaftskomödie“ von Elfriede Jelinek hatte am 26.04. Premiere im Studio der Schaubühne Berlin. Weitere Vorstellungen: 29.04. und 04., 21. und 22.05.2010.