Jericho heißt das Nest im friesischen wo der junge Held Daniel Kuper seinen einsamen Kampf gegen das Böse dieser Welt unternimmt. Er stammt aus einer Krämerfamilie, und kleinkrämerisch ist auch der faulige Odem, den Jericho ausdünstet.
Jericho soll mit der Friesenhochburg Leer gleichzusetzen sein, auch ein passender Name für ein stumpfes Nest ohne Hoffnung auf Irgendwas. Daniel Kuper bekommt beim Perry-Rhodan-Heftchen einen Kratzer, eine Kapriole, die ihn Zeit seines Lebens nicht zur Ruhe kommen lässt. Aber was bedeutet schon Ruhe in einem Nest wie Jericho. Daniel erlebt alles intensiver als der Rest der Gemeinde.
Doch diese kleine Stadt ist dem Untergang geweiht. Daniel sieht die Zeichen, und wo sie nicht schon an der Wand stehen, hilft er indirekt nach. Ein Virus „Wir sind Normalnull.“ Auf einmal wird es kalt in Jericho, Vögel fallen vom Himmel und es schneit zu im September. Im Maisfeld begegnet Daniel der unbekannten dritten Art des Grauens. Ein Jerichoer Schrecken, der ihm nie mehr aus den Gliedern fährt. Während der Vater kurzfristig den Strom der gaffenden Besucher anzapft, sämtliche Weiber des Ortes flachlegt und Verbündetet im Kampf gegen die Drogeriekette Schlecker sucht, findet Lonesome Daniel seinen Weg durch Chaos und Pein. Freunde bleiben auf der Strecke, insgesamt ist das Ganze ein großes Sterben in Dur, Fis und Moll.
Zwischendurch quält uns Kollege Brandt mit literarischen Mätzchen, um ab Seite 500 wieder voll auf die turbulente Autobahn des Schmerzes zu geraten. Knapp 1000 Seiten hat Brandt vollbracht, und gerade die letzten haben es nochmal richtig in sich. Außenseiter werden seit jeher gedemütigt, irre Bastler verglühen gern mal im Hobbykeller und wollen naturgemäß auch ihre Liebste beim großen Abschied dabei haben. Es ist bitter. Da draußen.
Großartiges Buch trotz einiger Fallstricke, die der juvenile Meister nachträglich eingebaut hat. Wohl um uns zu necken. Um uns die Nase zu zeigen. Um uns an unseren Nasenringen im Kreis zu führen.
Bravo Brandt! Setzen! Weiter so!
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Jan Brandt, Gegen die Welt, 927 Seiten, Dumont Buchverlag, 2011, 22,99 Euro