Vor allem Jennifer Connelly spielt sich mit Ihrer Mimik als Mutter das Gesicht wund, leidet sich doch mit einem kranken Kind, zerbricht am Tod des Jungen und wird als Guru wiedergeboren. Oh Gott. Ja, ja.
Doch der oder die Gott, möglicherweise sind`s mehrere, geraten als Geister zwischen die Zeilen des gesprochenen und gezeigten Drehbuch. Für beides, also für Regie und Buch ist die 1976 in Lima, Peru, geborene Claudia Llosa verantwortlich, die 2009 für das Drama „La Teta Asustada“ (genau, niemand außer Eingeweihten erinnert sich wirklich) den Goldenen Bären bekam. Weil sie zuvor in der Werbung und fürs Fernsehen arbeitete, gelingen ihr immerhin beeindruckende Bilder, zu denen Kameramann Nicolas Bolduc seinen Teil wird beigetragen haben, und eine fast flüssige Erzählung, die ohne einen sehr guten Schnitt wie dem von Guillermo de la Cal nicht zu machen ist,, wobei sich der rote Faden in Rückblenden ringelt.
Die Geschickte in zusammengefügten Geschichten zeigt Ivan als jungen Mann mit kleinem Kind und kindlichem Kegel, der sich mit einer Fernsehfrau auf eine Fahrt in Schnee und Eis begibt und zugleich in die Hauptkampflinien seines Stellungskrieges mit der Vergangenheit, die nicht vergehen will. Doch die TV-Tante, die vorgibt, eine Doku drehen zu wollen, entpuppt sich als geil (er fickt sie, sie fickt ihn) und krank (Krebs), weswegen die frostige Fahrt auch zur Pilgerposse einer Heilsuchenden mutiert. Ivan „fühlt“ sich genutzt, ausgenutzt, doch er nutzt auch sie (aus). Beide landet also vor der Wunderheilerin, wobei die Schamanin, keine tumbe Tänzerin ist, sondern der Kontakt zur „Götter- und Geisterwelt“ nur in der Natur erfolgt und nur zum Zwecke der Heilung für Fälle, in denen die Medizinmänner im weißen Krankenkassenkittel versagen.
Die Rückblenden zeigen Ivan als Jungen, der mit seinem kranken Bruder Gully spielt und damit auch so seine Problem hat wie seine Mama, die in der Massentierhaltung in einer aller bäuerlichen Romantik beraubten und nach industriellen Prinzipien funktionierenden Fabrikfarm aktiv ist, bei der Geburt hilft. Was diese „natürliche“ Anfangsszene soll, bleibt unvermittelt, und gehört im Grunde so wenig zur Geschichte wie die sich anschließende Sexszene, wo sie von einem Kollegen von hinten gefickt wird. Doch das füllt den Film auf 112 Minuten und bringt bei Teilen des Publikums bestimmt Punkte.
Mama will, dass Ivan Gully unterstützt, der körperlich und geistig immer mehr auf der Strecke bleibt. Doch Ivan kümmert sich lieber um seinen Falken Inti. Eines Tages kommt ein Heiler des Weges und das Drama nimmt seinen Lauf. Nana sucht beim Heiler für Gully Hilfe, der irgendwo im Nirgendwo aus Ästen fragile Strukturen baut. Dorthin pilgern die Hilfesuchenden, also auch sie mit ihren Kindern. Der Film zeigt Nana zwar skeptisch, doch die Sehnsucht nach Heilung siegt, so dass der Film Nana als Verführte zeigt oder aber als eine, die „ihre eigene heilende Kraft“ entdeckt, wie es im Beipackzettel für Filmkritiker heißt, und weiter: „Durch einen tragischen Unfall wird Nanas Familie schließlich auseinandergerissen. Jahre später, der Film schildert wieder die Gegenwart, mach Ivan sich auf die Suche nach seiner Mutter. Er ist jetzt selbst Vater, Nana soll am Ende eines gefrorenen Sees ihr Zelt aufgeschlagen haben.“ Hat sie auch. Ende. Fazit: Ein Wärmbaz-Film voller kalten Schamanen-Kaffee.
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Titel: Aloft
Land: Spanien, Kanada, Frankreich
Jahr: 2013
Länge: 112 Minuten
Regie: Claudia Llosa
Buch: Claudia Llosa
Kamera: Nicolas Boldu
Schnitt: Guillermo de la Cal
Musik: Michael Brook
Darsteller: Jennifer Conelly, Cillian Murphy, Mélanie Laurent, Oona Chaplin, William Shimell, Zen McGrath, Winta McGrath
Produktion: Wanda Vision Madrid, Spanien, Arcadia Motion Pictures Barcelona, Spanien
Weltvertrieb: Dreamcatchers, Barcelona, Spanien