Berlin, Deutschland (Weltexpress). Vieles in Deutschland liegt im Argen. Aus Gründen der übertriebenen Sparsamkeit oder auch aus purer Dummheit. Beides zugleich trifft auf den Brückenbau zu, denn nur so ist es zu erklären, dass jetzt – auf einmal (sic!) – allein 4 000 Autobahnbrücken saniert oder sogar neu gebaut werden müssen, obwohl nicht wenige davon kaum zwei Jahrzehnte alt sind.
Früher, viel früher war das anders, ganz anders…
Die erste Brücke der Welt, so geht aus international anerkannten archäologischen Erkenntnissen hervor, wurde 1525 v. Chr. erbaut – und sie wurde mehrere Jahrhunderte benutzt.
Sie verband damals, im Bronzezeitalter, die schweizerischen Dörfer Hurden und Rapperswil am heutigen Seedamm nahe Zürich. Als „wahres Wunderwerk“ bezeichneten die Taucher der Züricher Unterwasserarchäologie dieses Bauwerk: Als Baustoff diente vorwiegend Holz, die Eichenpfähle ragten im Abstand von höchstens 2,4 m gerade über die seichte Wasserlinie, so dass Bretter darauf befestigt werden konnten. Die waren maximal fünf Meter breit und offensichtlich mit Hanfruten befestigt. Am Seegrund waren die Pfähle durch Anhäufungen von Steinquadern gesichert.
Die Archäologietaucher fanden sowohl Pfahlreste als auch Steine. Zudem entdeckten sie im Umfeld der Ufer Dolche und Pfeilspitzen aus Bronze sowie Reste von Gewändern jener Epoche. Die mit der Zeit faulenden Stämme, so eine weitere Erkenntnis der Wissenschaftler, wurden „laufend ersetzt“, wie es in einem ihrer Papiere heißt. Das ergaben dendrochronologische Daten, also Holzuntersuchungen aufgrund der Pfahl-Baumringe.
Die Schweizer also waren schon sehr lange vor unserer Zeitrechnung begabte Brückenbauer.
Im 6. Jahrhundert v. Chr. bauten auch die Babylonier unter Nebudkadnezar II (604 bis 562 v. Chr.) Brücken aus Zypressen- und Zedernholz, und seit mindestens 1 000 Jahren werden in Asien und Südamerika Hängebrücken aus Pflanzenfasern gebaut – die letzte noch funktionierende ist die Hängebrücke Oiswachaka der Inkas (in Peru) über den Fluss Apurinac bei Cusco – sie besteht nur aus Gras und ist wenigstens 500 Jahre alt.
Holz war bis ins 19. Jahrhundert der dominierende Baustoff für Brücken. 1779 kam Gusseisen hinzu, die erste „Eisenbahnbrücke“ der Welt – die Iron Bridge – entstand im englischen Coalbrookdale. Beton wurde der zweite moderne Baustoff. Und von da an ging es Schlag auf Schlag weiter, wobei die Erfindung des Spannbeton nach dem 2. Weltkrieg die revolutionärste Rolle spielte.
Wer die Wartung vernachlässigt, wie das offensichtlich in Deutschland der Fall war – und: ist? -, zahlt einen hohen Preis. „Man hat den Sanierungsbedarf wohl zu lange in die Zukunft geschoben“, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing jetzt zu der Ankündigung, dass 4 000 Autobahnbrücken bis 2030 repariert oder ersetzt werden müssen.