„Carlos. Der Schakal“, ist wohl zusammen mit „Die kommenden Tage“ der spektakulärste Filmstart. „In ihren Augen“ lief schon letzte Woche an. Aber eine Besprechung dieses unbedingt sehenswerten Films unsererseits kommt noch. Bei „Carlos“ geht es um die historische Figur des sich als Revolutionär einstufenden Illich Ramiréz Sánchez aus Venezuela, den die Welt zu Recht als Terroristen einstufte und den die Geheimdiensten vieler Staaten viele Jahre erfolglos suchten. Regisseur Olivier Assayas vollbringt mit seinem perfekten Hauptdarsteller, der nun auch Ramiréz heißt, allerdings íˆdgar, aber ebenfalls venezolanisch ist, ein Wunder, weil er sowohl die Figur des Carlos verständlich werden läßt, in dieser Mischung aus echten Weltverbesserungsgedanken und narzißtischer Überhöhung des typisch südamerikanischen Macho-Mannes, wie auch die politisch-gesellschaftliche Gesamtlage der westlichen Welt aufscheinen läßt, die uns heute historisch scheint, deren Kinder wir aber alle sind.
Ältere erinnern sich noch an den OPEC-Überfall in Wien 1975, wo so viele Tote zeigten, daß diese der falsche Weg ist, den Westen vom Kapitalistenjoch zu befreien und wo Carlos, auf Che getrimmt, für immer zum Massenmörder wurde und jegliche soziale Romantik, die er bis dato für eine bestimmte Klientel hatte, entlarvt wurde. An seine schöne deutsche Frau erinnern sich auch noch manche und wie sehr Deutschland durch die RAF im internationalen Terrorismus verankert war, zeigt der Film auch, der zudem eine Reihe sehr hochkarätiger deutscher Schauspieler zum Einsatz kommen läßt. Das erkennt man noch mehr, wenn man die Gelegenheit hat, die gegenüber dem dreistündigen Film fünfstündige Fernsehfolge zu sehen. Der Film wurde für das Fernsehen gedreht und es stünde dem deutschen Fernsehen gut an, ihn auszustrahlen. Auf ARTE gehört er sowieso.
Auch „Die kommenden Tage“ von Lars Kraume ist ein politischer Film, in dem er in die Zukunft unserer Gesellschaft um 2020-2030 sieht und will ein Ökothriller sein. Für sein Werk hat er nun wirklich die absolute Creme deutscher junger Schauspielkunst versammelt: August Diehl, Johanna Wokalek, Daniel Brühl, Bernadette Heerwagen u.a.. Allein es wird kein konziser Film daraus. Es geht um einerseits um private, ja familiäre Probleme: ist man wirklich das Kind des Vaters, liebt einen die Freundin wirklich, wie soll man leben und mit wem, und es geht um die ganze Welt, die Öko-Aussteiger Daniel Brühl verändern möchte, aber dabei die patriarchalischen Strukturen beibehält.
„Buried – Lebendig begraben“ zeigt mit Ryan Reynolds einen amerikanischen Lastwagenfahrer, der im Irak für eine amerikanische Firma arbeitet und dort überfallen wird, um viel Lösegeld zu erzielen. Die Geschichte aber entwickelt sich erst nach und nach, denn wir Zuschauer sind Zeuge, wie dieser Paul Conroy lebendig begraben im Sarg liegt, den Deckel auch nicht heben kann und nur mit seinem mobilen Telefon nun Kontakt mit der Welt aufnehmen will. Das ist angsterregend, was wir anfänglich sehen, denn die Klaustrophobie, die die Situation für den lebendig Begrabenen ergibt, die greift auf das Kinopublikum über. Regisseur Ródrigo Cortés scheucht uns durch alle Gefühle, die auch oft die der Komik sind, wenn wir miterleben, wie irre, ja abgehoben oder formal die Anrufe aus dem Sarg von der Mitwelt aufgenommen werden. Übrigens: den ganzen Film hindurch ist der Sarg die Szene.
„Chandani und ihr Elefant“ handelt von der siebzehnjährigen Chandani, die mit den grauen Kolossen in Sri Lanka aufgewachsen ist und sich und der Umwelt beweist, daß auch Frauen sehr wohl Elefantenführerinnen werden können, was ihnen die gesellschaftliche Praxis in Sri Lanka bisher untersagte. Der Film wurde ausführlich im Weltexpress besprochen. Bitte unter der Kinorubrik nachlesen.
„Draußen am See“ handelt von der 14jährigen Jessika (Elisa Schlott), ist also eigentlich ein Film über eine Pubertierenden und die Probleme des Großwerdens, aber ihre Familie läßt ihr keine eigene Entwicklung, weil die Filmhandlung jäh ihre Kindheit beendet. Der Vater wird arbeitslos und die Mutter bekommt heimlich ein weiteres Kind, das sie tötet und daß eben draußen am See beerdigt wird. Der Film rührt genauso wie er nervt, weil alles so offensichtlich abläuft, so denkt man, dann aber die Krimihandlung einen neuen Film im alten konstituiert, so daß man nicht genau weiß, warum man das jetzt ansieht.
„Maos letzte Tänzer“ ist die auf Australisch erzählte Geschichte des chinesischen Tänzers Li Cunxin. Dem gelingt in den Siebziger Jahren die Flucht in die USA, wo er von allen Seiten gefördert, zum großen Star wird. Das ist das Amerika von gestern, das Regisseur Bruce Beresford uns vorführt, wo noch der Tellerwäscher zum Millionär werden kann und wo vor allem eine wohlmeinende Gesellschaft Talentierte fördert.
„Fünf Minarette in New York“ ist ein türkisch-amerikanischer Actionfilm, der den Krieg gegen den Terror ins Bild bringt. Zwei türkische Anti-Terror-Agenten sollen in New York einen gefangengenommenen türkischen Kriminellen in die heimische Gerichtsbarkeit abholen. Das geht schief. Aber etwas anderes geht gut und das hat mit einem weiteren Verdächtigen, dem Islamgelehrten zu tun. Regie führt Mahsun Kirmizigül in dieser türkisch-amerikanischen Gemeinschaftsproduktion.
„Stichtag“ ist verschwägert personell und inhaltlich verschwägert mit „Hang Over“ und bringt wie dieser Film die Leute zum Lachen, auch wenn sie eigentlich oft nicht wollen. Robert Downey Jr. ist der Pechvogel, der ausgerechnet die Hilfe des Superdoofen (Zach Galifianakis) benötigt, um schnell nach Los Angeles zu gelangen, wo die Geburt seines Sohnes ansteht. Ein Unterwegsfilm also.