Frankreich steht dieser Tage im Fokus ganz Europas. Die Anhebung des Renteneintrittsalters von 60 auf 62 Jahre sorgt in der französischen Bevölkerung für Unmut. Allein am Dienstag (19.10.2010) gingen nach Gewerkschaftsangaben wieder 3,5 Millionen Menschen auf die Straße gegen die umstrittene Rentenreform. Und immer mehr Jugendliche machen bei den Protesten mit. Aus diesem Grunde ordnete Präsident Sarkozy an, die Rentenreform möglich schnell in die kommenden zwei Tage im Parlament zu verabschieden.
Derweil wurden Autos in Brand gesteckt, Bushaltestellen und Telefonkabinen demoliert und Steine geworfen. Die Demonstrationen spitzen sich zu. In den vergangenen Tagen kam es häufig zu Zusammenstößen zwischen jungen Leuten und der Polizei.
Auch wenn manche Franzosen denken, dass die Streiks überflüssig wären, da das Rentenalter sich generell an einem Tiefpunkt befindet und Frankreich im Volksmund als Land der Demonstrationen gilt, bestehen die Motive bzw. Gefühle dieser Kundgebungsteilnehmer meist noch aus etlichen anderen Beweggründen als der verlängerten Arbeitszeit. So befürchten zum Beispiel die Lehrer, den Kontakt zu ihren Schülern zu verlieren.
Die Streikenden kommen aus allen gesellschaftlichen Schicht, jung und alt sind auf der Straße, Jugendliche halten Fahnen und Plakate an der Seite von Senioren in die Höhe und bringen ihren Protest zum Ausdruck. Nun fragt man sich, was die Heranwachsenden mit der Ablehnung eines Rentengesetzes zu tun haben. Blieben die älteren Herrschaften länger im Dienst, so befürchten die Schüler eine Steigerung der Arbeitslosenrate, und es werde ihnen erschwert, in das Berufsleben einzusteigen. Die Pensionisten fordern Solidarität.
Unter dem Überbegriff Protest stehen hauptsächlich zwei Begriffe, die man in keinen Konstellationen verwechseln darf. Streiks bezeichnen Menschen, die sich z.B. wegen eines Gesetzentscheides weigern, ihrem Beruf nachzugehen. Das Wort Demonstration hingegen beschreibt Menschenmassen, die durch Plakate und laute Rufe meist in langen großen Aufzügen auf sich aufmerksam machen und so ihre Ablehnung zum Ausdruck bringen.
Doch sollte man verschiedenen Individuen, die ihren Protest zum Ausdruck bringen, kurz charakterisieren: Da sind zum einen die Arbeiter, die für ihre Entlastung sowie eine „Stressmilderung“ kämpften. Viele erhalten kein Streikgeld (Budget). Infolgedessen beteiligen sie sich vor allem an den Wochenend-Demonstrationen, wie in der vergangenen Woche. Dann gibt es die Rentner. Sie gehen auch für das Wohlergehen ihrer Kinder bzw. Enkelkinder auf die Straße. Und nicht zu vergessen die Schüler, die aus Angst vor der Arbeitslosigkeit handeln. Gleichwohl gibt unter diesen Jugendlichen einige, die die landesweiten Streiks ausnutzen, um Chaos bzw. Demolierungen anzustiften.
Angesichts der gewaltsamen Ausschreitungen bei den Rentenprotesten haben die Gewerkschaften die Demonstranten zur "Friedfertigkeit" aufgerufen. Der Generalsekretär der einflussreichen Gewerkschaft CFDT, François Chérèque, sagte, die Demonstranten sollten sich nicht durch "Provokationen" aufstacheln lassen. Er verwies dabei auf Aktionen durch "Gruppen von Provokateuren und die Polizei“. Doch es sind gerade die friedlichen Demonstrationen der Schüler, die Frankreich beeindrucken.
Die Streiks sind am effektivsten in Branchen wie Raffinerien und Flughäfen. Also versuchen die Gewerkschaften, die Proteste verstärkt hier durchzuführen. Das bedeutet, dauern die Streiks in ihren jetzigen Maß weiterhin an, so besteht die Möglichkeit, dass die Pariser Flughäfen Charles de Gaulle (Roissy) sowie Orly innerhalb von weniger als zwei Wochen über kein Benzin mehr verfügen. Schon seit vergangenem Samstag müssen die Airports auf Notreserven zurückgreifen.
Folgerichtig riet der Geschäftsführer der Tankstellenmarke „Total“ den in Frankreich lebenden Menschen: „Ich fordere die Autofahrer auf, schnell noch vollzutanken. Wenn sich alle Raffinerien beteiligen, dann wird der Sprit in höchstens drei bis vier Tagen knapp“.
Zwar gilt Nicolas Sarkozy im Volksmund als Präsident der Wohlhabenden, doch eines sollte man nicht vergessen: auch er wurde von den Bürgern Frankreichs demokratisch gewählt.