Begründung: Die Bahn hat Genehmigungsauflagen hinsichtlich der Abgasreinigung der eingesetzten Baumaschinen und Lkw entweder nicht vorgeschrieben oder darauf verzichtet, bei ihren Vertragspartnern die Einhaltung zu kontrollieren. Sie gefährdet so die Gesundheit tausender Bürgerinnen und Bürger, die im Stuttgarter Kessel und wegen des gestern gestarteten Bahnhofs-Abrisses ohnehin unter den bundesweit höchsten Feinstaubbelastungen leiden. Nach DUH-Recherchen verweigert die Bahn mit ihrem Verhalten faktisch die Einhaltung verbindlicher Auflagen im Planfeststellungsbeschluss für das Projekt „Stuttgart 21“, wonach nur Baumaschinen und Lkw zum Einsatz kommen dürfen, die entsprechend dem Stand der Technik mit Dieselpartikelfiltern ausgerüstet sind.
„Der Abriss-Stopp ist zwingend, weil bei dem Projekt erkennbar gegen verbindliche Genehmigungsauflagen verstoßen wird. Ein Abbruch der Arbeiten würde die bundesweit am höchsten gemessene gesundheitsgefährdende Feinstaubbelastung rund um den Hauptbahnhof und das chronisch mit Feinstaub hoch belastete Neckartor, unmittelbar mindern. Er würde darüber hinaus den Verantwortlichen eine Denkpause verschaffen, in der sie noch einmal ernsthaft prüfen können, ob sie das hoch umstrittene und unsinnige Großprojekt tatsächlich gegen den berechtigten Widerstand aus der Bevölkerung erzwingen wollen“, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Im Verwaltungsgerichtsverfahren, mit dem die DUH die Bahn AG seit Mitte Juli zwingen will, die Ausschreibungskriterien für die Bauaufträge auf der Großbaustelle offenzulegen, hat das Verwaltungsgericht Stuttgart in der dort seit vergangener Woche anhängigen Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen die Deutsche Bahn AG in außergewöhnlich kurzer Frist die mündliche Verhandlung auf den 7. Oktober terminiert. Das Gericht dokumentiert damit nach Überzeugung der DUH die Dringlichkeit, die es der Frage der Offenlegung der Ausschreibungskriterien und indirekt der Einhaltung der Genehmigungsauflagen beimisst.
Die DUH war nach eigenen Recherchen dem Verdacht nachgegangen, dass die Bahn AG bei dem Milliardenprojekt „Stuttgart 21“ gegen Auflagen zur Minimierung von Feinstaubemissionen verstößt und so die Gesundheit tausender Bürgerinnen und Bürger unnötig gefährdet. Einer förmlichen Aufforderung zur Offenlegung der einschlägigen Ausschreibungsunterlagen nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) hatte sich die Bahn AG unter Hinweis auf angebliche Geschäftsgeheimnisse verweigert. Dagegen klagte die DUH beim Verwaltungsgericht Stuttgart, die nun am 7. Oktober verhandelt werden soll.
Die Bahn hatte sich im Genehmigungsverfahren verpflichtet, „im Rahmen der Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen sicherzustellen, dass nur schadstoffarme Fahrzeuge und Maschinen nach dem Stand der Technik zum Einsatz kommen.“ Die rechtliche Definition des Begriffs „Stand der Technik“ ist dabei eben nicht die Einhaltung von Grenzwerten zum Zeitpunkt der Zulassung der jeweiligen Baumaschine bzw. LKW sondern die aktuell erreichbare Abgasreinigung. Dies bedeutet zwingend den Einsatz von Dieselpartikelfiltern. Diese sind auch für Baumaschinen und Baustellefahrzeuge verfügbar und einsetzbar. Damit ist nach einer Auskunft des Umweltbundesamt diese Abgasreinigungstechnologie grundsätzlich „Stand der Technik“, müsste also beim Großprojekt „Stuttgart 21“ flächendeckend zum Einsatz kommen. Das ist jedoch nach aktuellen Recherchen der DUH nicht der Fall.
Nach Ansicht der DUH ist der Verstoß der Deutschen Bahn AG gegen Umwelt- und Gesundheitsauflagen ein klares Zeichen für die Unzuverlässigkeit dieses „außer Rand und Band“ geratenen Staatsunternehmens. „Die Stadt Stuttgart und das Eisenbahnbundesamt müssen zum Schutz von Umwelt und Gesundheit der Anwohner die Deutsche Bahn AG stoppen“, so Resch.
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Pressemitteilung der Deutsche Umwelthilfe e. V. vom 26.08.2010.