Dann aber brannte die Luft: Schiedsrichter Lutz Wagner hatte den, so sagen die meisten, regulären Treffer des Griechen aberkannt, "weil mein Linienrichter die Fahne oben hatte", wie er nach dem Spiel emotionslos angab. Die Augen zu öffnen und endlich die Abseitsregeln auf nachvollziehbare Grundlagen zu vereinfachen, könnte auch helfen.
So verpasste Hertha BSC den zweiten Heimsieg der Saison denkbar unglücklich und kommt weiterhin nicht so richtig vom Fleck. Gur gespielt und nicht belohnt worden, dazu durch eine krasse Fehlentscheidung um zwei Punkte betrogen worden: sowas kann am Ende der Saison nicht nur über sportliche Perspektiven entscheiden, sondern ganz nebenbei auch über sehr viel Geld. Hier sind ganz eindeutig die Offiziellen des DFB und der DFL gefragt, die endlich wirksame Maßnahmen gegen die häufigen spielentscheidenden Fehlentscheidungen der Schiedsrichter zu minimieren.
Dabei standen die Zeichen vor Beginn der Partie für einen schönen Fußballnachmittag. Der im Vorfeld bekannt gegebene Anfeuerungs-Boykott von Teilen der Ultras aus der Ostkurve konnte schon vor dem Anpfiff vergessen werden. Angesichts des imposanten Gästeblocks mit gefühlten 10-15000 schwarz-gelben Fans besannen sich der Hertha-Anhang und standen wieder wie ein Mann hinter ihrer gebeutelten Mannschaft.
Und die legte von Anfang an äußerst druckvoll los. Gegen offensichtlich überraschte Gäste erarbeitete sich Hertha in der ersten halben Stunde mit Gelegenheiten wie Kacars Volleyabnahme (3.), Gekas 1:1-Situation gegen Weidenfeller (20.), sowie Ramos sattem Schuss nach feiner Einzelleistung (28.) ein deutliches Chancenplus. Dortmund hatte lediglich eine Möglichkeit, doch der Schuss von Barrios ging drüber (10.).
Und die Berliner hatten weiter größte Torchancen zur Führung: Raffael traf nur das Außennetz (38.) und der umtriebige Gekas trat drei Minuten später völlig freistehend etwas neben den Ball und scheiterte etwas kläglich aus fünf Metern Torentfernung.
Die Gäste aus Dortmund konnten sich zur Halbzeit glücklich schätzen, nicht schon mit einem oder zwei Treffern hinten zu liegen.
Nachdem die Hertha in Hälfte zwei zunächst weiterhin das überlegene Team war, verflachte die Partie zwischen der 60. und 79. Minute. Hertha musste dem hohen Tempo Tribut zollen und Dortmund war ratlos, harmlos, ideenlos. Das einzig imposante an den Gästen war der unglaubliche Support aus ihrem Fanblock, der teilweise schon mal die Gesangshoheit übernahm.
Dann kam jene unglaubliche 79.Minute in der Freude und Leid so eng beieinander lagen. Glück und Schmerz hoch drei. Lustenberger spielt den Ball lang nach vorne, der lange Felipe Santana kam zuerst an den Ball und die Lage schien geklärt. Aber der Dortmunder Verteidiger köpfte den Ball nicht aus der Gefahrenzone sondern äußerst halbherzig zurück zu seinem Torwart. Da kam der schnelle Gekas dazwischen und köpfte das Leder geschickt über Weidenfeller hinweg ins Tor.
Zwar sagte Dortmunds Trainer Jürgen Klopp, der ja zweifelsfrei ein wenig von Fußball versteht, der Treffer sei "klar abseits" gewesen. Doch mit dieser Meinung steht er ganz allein auf weiter Flur.
Sogar sein eigener Keeper Weidenfeller gab zu " Ich dachte, dass Tor sei regulär gefallen. Ich wollte gerade meine Vorderleute anschreien. Aber dann…"
Kurioseweise hatte sich die Hertha an exakt gleicher Stelle, vor 14 Tagen gegen Nürnberg, ein ähnlich verzwicktes Tor gefangen. Damals zählte der Treffer gegen Berlin, für Berlin ging nur die Fahne hoch. Als Hertha in der Schlussphase, aufgepeitscht durch die stocksaueren Fans, noch einmal alles nach vorn warf , kamen die Dortmunder in den letzten Minuten durch Barrios und Sahin noch zu zwei hochkarätigen Einschusschancen. Doch ein Treffer der Gäste zu diesem Zeitpunkt wäre völlig unverdient gewesen. Die Statistik beweist das eindrucksvoll: 18:10 Torschüsse, 60 % Ballbesitz,
mehr Zweikämpfe gewonnen als der Gegner
So erkämpfte sich Hertha hochverdient immerhin einen weiteren Punkt im Abstiegskampf. Das die Funkel-Truppe Moral hat, bemerkten auch die Fans, die ihr Team trotz der Enttäuschung in der Kurve feierten. Und das friedlich: es scheint, dass einige von ihnen zwischendurch ein bisschen nachgedacht haben.
Durch den Punktgewinn machte Hertha BSC einen weiteren Zähler auf den Relegationsplatz gut und kann, auf dieser starken Leistung aufbauend am nächsten Wochenende in Köln durchaus Punkte einfahren. Es bleibt also spannend.