Grundsätzlich hat niemand etwas dagegen, dass Drogensüchtige mit Methadon und der dazugehörenden Therapie behandelt werden, doch nicht gerade in dieser Gegend. Selbst wenn man sagen könnte, dass hier nach dem Sankt-Florians-Prinzip geurteilt wird, so wissen die Bürger in Bonn und Umgebung seit Jahren nur zu genau um die Drogenmissstände am nahe gelegenen Bonner Bahnhof und in der Innenstadt, nur wenige Gehminuten von der Poppelsdorfer Allee entfernt.
Mit überwältigender Mehrheit wurde auf dem 1. Treffen der Bürgerinitiative „Rettet die Poppelsdorfer Allee” ein Bürgerantrag an die Stadt auf den Weg gebracht, der die Verhinderung der Methadon-Praxis in der Poppelsdorfer Allee zum Ziel hat. Gleichzeitig wird die Stadt gebeten, eine geeignete Stelle zu suchen, damit diesen Menschen geholfen werden kann. Denn alle zeigten, trotz ihrer Abneigung gegen den Standort Poppelsdorfer Allee, viel Verständnis für die Drogenabhängigen.
Das wird auch hinreichend von der Bürgerinitiative begründet:
â– Die Poppelsdorfer Allee ist nicht der geeignete Ort (hier befindet sich der Waldorf-Kindergarten sowie das Betreute Wohnen der DRK-Schwesternschaft). Von der Praxis würde eine Gefährdung für Kinder ausgehen (Spritzen auf den Grünflächen). Gleichzeitig ist mit Belästigungen zu rechnen.
â– Die Poppelsdorfer Allee hat einen hohen Erholungswert für alle Bonner. Zudem ist sie touristisch interessant.
â– Stadtplanerisch würde dieser zentrale Teil Bonns zu dem “Sondergebiet Drogenszene”. Schon jetzt wird dieser wichtige urbane Freiraum von den Methadon-Abgabestellen des Vereins für Gefährdentenhilfe (Ecke Quantiusstraße) und einem praktischen Arzt abgedeckt. Ergänzt wird dies durch die nahen Umschlagplätze Hofgartenwiese und Sternwarte. Eine Katastrophe für die Stadt, die nicht wieder gutzumachen wäre.
â– Die Poppelsdorfer Allee ist eine internationale Sehenswürdigkeit und die Prachtstraße Bonns schlechthin.
â– Kinder, Familien und Menschen jeden Alters flanieren täglich auf der Allee – der Freizeitwert ist enorm hoch.
â– Ein Seniorenwohnheim liegt in direkter Nähe zur geplanten Methadonpraxis.
Genaue Zahlen werden auch schon gehandelt: Denn der Arzt, der schon ein Haus auf der Poppelsdorfer Allee, eine Gegend mit überaus gepflegten und sanierten Gründerzeit Villen, gekauft hat, will in seiner Praxis für 100 Heroinabhängige tätig werden. Doch schon am aktuellen Standort gegenüber vom Bahnhof weht ihm scharfer Gegenwind ins Gesicht. Die Situation der Drogenabhängigen direkt am „Eingang“ der Stadt am historischen Bonner Bahnhof sei desolat. Und dies soll nicht auf der Poppelsdorfer Allee eine „Neuauflage“ und Weiterentwicklung finden.
Weltexpress befragte Gäste der Stadt und Anwohner zum aktuellen Stand. „Wir Münchner haben mehr Feeling für Stadtplanung. Kein Politiker würde Sehenswürdigkeiten gefährden – egal welcher Couleur“, sagte ein Tourist aus Bayerns Metropole und fügte hinzu: „Unser Bahnhof ist übrigens auch kein Loch. In vielen U-Bahnstationen findet man sogar saubere öffentliche Toiletten vor.“ Die Passanten-Umfrage zur beantragten Methadon-Praxis auf der Poppelsdorfer Allee hielt er zunächst für einen verfrühten April-Scherz.
Eine Mutter mit Kleinkind sagte: „Der Standort hier, das geht gar nicht. Meiner Ansicht nach müssen die Bonner Politiker endlich zusammen mit der Gesundheits- und Sozialverwaltung ein vernünftiges Konzept erstellen. Drogenabhängigen kann doch geholfen werden, ohne dabei Bürger zu gefährden und die City verkommen zu lassen“.
Ein Berliner Gast in der Bundesstadt lachte gar: „Großstadt-Milieu ohne Großstadt-Flair“.
Entrüstet meinte ein Anwohner nahe dem Bonner Zentrum und dem Bahnhof: „Die Poppelsdorfer Allee ist ja jetzt schon durch das Betreuungszentrum des Vereins für Gefährdetenhilfe in der Quantiusstraße stark belastet. Spritzen auf den Spazierwegen, pöbelnde Junkies, Beschaffungskriminalität… interviewen Sie mal die Nachbarschaft“, so seine Bitte.
Zuversichtlich zeigt sich ein älterer Bonner Bürger: „Beantragen kann man ja viel. Aber ich bin sicher, dass unsere Politiker wissen, wie sie da zu entscheiden haben. Wer über einen gesunden Menschenverstand verfügt, kann den Antrag nur ablehnen. Parteiübergreifend. Da habe ich Vertrauen“. Zumal die Poppelsdorfer Allee als Bonner Prachtmeile mit dem alten Baumbestand und zwischen zwei Schlössern – der heutigen Universität und dem Poppelsdorfer Schloss mit Botanischem Garten – gelegen, einen hohen touristischen Wert besitze. Tourismus sei für Bonn als Bundesstadt und als immer weiter wachsende Internationale Stadt, ein wichtiger Faktor.
Eine Journalistin aus der Nachbarstadt Köln meinte kritisch: „Wie geht die ehemalige Hauptstadt und jetzige Bundesstadt Bonn mit ihren bemerkenswerten Sehenswürdigkeiten um?“ Dies sei aus ihrer Sicht auch eine entscheidende Frage. „Der schöne Hofgarten an der Universität ist bereits beliebter Treffpunkt der Drogen-Szene geworden. Soll die schmucke Bonner City noch weiter verkommen? Dann kann die Stadt Bonn bald einen neuen Rundgang für Drogen-Touris auflegen. Der ehemalige Kurfürst Clemens August und der weltbekannte Gartenarchitekt von Lennée würden sich bei dieser Diskussion im Grabe umdrehen.“
Als Fazit hat eine heimische Zeitung, der Bonner General-Anzeiger, zusammengefasst: „An diesen Zuständen wird sich grundlegend nichts ändern, solange die Stadt und da die Gesundheits- und Sozialverwaltung nicht endlich die Methadon-Ärzte in Bonn bei der Suche nach Lösungen mit einbindet. Deshalb ist der immer wiederkehrende Bürgerprotest nur konsequent.“
Die Bürgerinitiative „Rettet die Poppelsdorfer Allee“ hat eine eigene Internet-Seite eingerichtet. Unter www.rettet-die-poppelsdorfer-allee.de steht der Bürgerantrag zum Download bereit, und Bürger können sich online dem Antrag anschließen.