Berlin, Deutschland (Weltexpress). Im Kaukasus sterben Menschen und sie sterben, weil ein regionaler Krieg zwischen zwei Kaukasus-Staaten wieder aufgeflammt ist.
Die Kriegsparteien sind bekannt. Es handelt sich um Armenien und Aserbeidschan. Sich diese beiden Staaten alleine anzusehen, reicht nicht. Beide Staaten stehen für Konfliktfelder, die eine globale Dimension haben. Es überschneiden sich Rivalitäten, die weit in die Geschichte von zwei Jahrhunderten zurückreichen und Staaten wie Russland und Amerika, die Türkei und Frankreich ebenso betreffen wie heute Iran und Israel. Es reicht völlig, sich die Staaten in ihrer jeweiligen Kooperation anzusehen.
Der internationale Akteur, der jedenfalls die Lage vor Ort kannte, wurde vor Ausbruch der Kämpfe politisch aus dem Verkehr gezogen: die OSZE. Derzeit kann keine internationale Struktur den Konflikt auffangen. Die Bemühungen Russlands um einen Waffenstillstand machen deutlich, wie hoch das Gefährdungspotential über den Kaukasus hinaus eingeschätzt wird.
Jetzt hat der Vorsitzende armenischer Kirchengemeinden in Deutschland die Bundesregierung aufgefordert, sich in dem Konflikt zu engagieren und gleich die Geschichte ins Feld geführt. Hier zeigt sich bereits im Ansatz, was das Führungschaos bei der OSZE bewirkt hat. Niemand kann heute sagen, wer den ersten Schuss in dem bislang fast eingefrorenen Konflikt abgefeuert hatte?
Feststellen kann jeder, wie die Ausgangslage für diesen Krieg aussieht. Es gibt mehrere Grundtatbestände. Das sind zunächst die international anerkannten Grenzen. Danach liegt der Zankapfel namens „Berg-Karabach“ eindeutig auf dem Staatsgebiet von Azerbaidschan. Ebenso unbestritten sind zwei weitere Umstände. Berg-Karabach wird mehrheitlich von Armeniern besiedelt. Über das Gebiet von Berg-Karabach hinaus haben armenische Streitkräfte als Ergebnis des Konfliktes von 1991 bis 1994 um das Gebiet von Berg-Karabach Teile des Staatsgebietes von Aserbeidschan besetzt. Hunderttausende Flüchtlinge sind nach den Feststellungen der UN Binnenflüchtlinge in Aserbeidschan.
Welchen Zielen soll eine deutsche Initiative gelten? Nach dem jetzigen Stand der Dinge muss das Sterben beendet werden. Dafür besitzen andere die Durchschlagskraft, dies jedenfalls zu versuchen. Wenn es gilt, internationale Standards wieder zu respektieren, kann niemand von Deutschland erwarten, dass unser Land sich dafür einsetzen sollte, territoriale Kriegsgewinne aus dem Konflikt 1991-1994 anerkannt zu sehen.
In der Zeit von Helmut Kohl haben die Kriegsparteien Realismus genug gezeigt, eine allseits anerkannte und respektierte Regelung zu treffen. Der Vater des heutigen Präsidenten von Aserbeidschan war pragmatisch genug und in Eriwan war man das auch. Man kann nicht einfach daran anknüpfen, denn das lassen die Hintermänner heute nicht zu.