Söder und kein Ende

Markus Söder (München 2019). Quelle: Wikimedia, CC BY-SA 3.0, Foto: Müller/MSC

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Bereits jetzt ist die Dramaturgie in der Frage der Kanzlerkandidatur der Unionsparteien abzusehen. Dabei hat diese Dramaturgie ein übergroßes Fragezeichen. Derzeit läuft alles darauf zu, Söder in der Frage einer Kanzlerkandidatur vorne zu sehen.

Dabei gibt es eine Entscheidung, die er nur indirekt beeinflussen kann: die des CDU-Vorsitzes. Nach der Motorik in der CDU wird es eine Bewegung geben, die schon bei der Frage ob Laschet, Merz oder Röttgen es „machen“, Söder immer mitrechnet. Nur, er steht nicht zur Wahl. Es könnte deshalb zum CDU-Parteitag eine Stimmung geben, nach der die Mehrheit der Delegierten für Söder als Kanzlerkandidaten sich gerne aussprechen würde, aber dennoch einen von drei Kandidaten zum CDU-Vorsitzenden wählt, den man mehrheitlich nicht für tauglich hält, Kanzlerkandidat zu sein.

Vom ersten Tag an wird dieser Vorsitzende einen Schattenkampf gegen denjenigen führen, den die Mehrheit – aus einer gewohnt feigen Einstellung – nicht auf den Schild gehoben hatte, weil das formell auch nicht möglich sein dürfte. Es sei denn, der Zeitplan für eine mögliche Abstimmung zwischen CDU und CSU wird vorgezogen. Das wird die CDU-Delegierten zum Parteitag zwar empören, weil sie nur zum Absegnen einberufen werden. Es sind aber die Delegierten, die nach dem Motto verfahren werden: Annahme, wenn Ablehnung gesichert. Die Selbstzerfleischung ist unter diesen Aspekten die wahrscheinliche Konsequenz.

Sollte das alles durch eine mirakulöse Entwicklung vermieden werden können, stellt sich für einen Kandidaten Söder eine ganz andere Frage: die nach der eigenen Glaubwürdigkeit. Bislang hat sich die CSU in Bayern nach der Migrationsentscheidung 2015 geradezu besoffen geredet. Die konsequet umsichtige Haltung in der Corona-Frage hat diesen Höhenflug unterstützt. Dennoch weist ein Kandidat Söder eine Achilles-Ferse in der für Deutschland und seinen Bestand entscheidenden Frage auf: wie hat der Kandidat sich dem Merkelschen Verhängnis gestellt? Da muss man für heute eine totale Amnäsie feststellen. Diese Frage wird dem Kandidaten Söder der politische Mainstream nicht vor die Füße knallen. „Deutschland verrecke“ steht laut BBC nicht nur auf Berliner Hausdächern. Wer wird die Glaubwürdigkeits-Frage einem Kandidaten Söder stellen, denn sie gehört gestellt?

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Willy Wimmer
Staatssekretär des Bundesministers der Verteidigung a.D. Von 1994 bis 2000 war Willy Wimmer Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).