Pesaro, Marken, Italien (Weltexpress). Außerhalb der Saison ist Pesaro beschauliches Hafen-Städtchen an der Adria, inmitten der abwechslungsreich hügeligen Landschaft der Marken. Im Sommer hingegen kommen die Badegäste zu Tausenden. Aber auch Musikfreunde und Kulturtouristen finden sich ein, wenn hier im August das Rossini Opernfestival über die Bühne geht. In diesem Jahr stellt sich das Festival mutig gegen den Trend der corona-bedingten Absagen; man geht zumindest mit einem ausgedünnten Programm an den Start.
In Pesaro erblickte Gioachino Rossini am Schalttag des Jahres 1792 das Licht der Welt. Sein Vater war Hornist, die Mutter eine Sängerin, die sich vehement wehrte, als ihr Sohn mit seinem feinen Singstimmchen als Sängerkastrat verstümmelt werden sollte. Rossini, der fortan Geige und Cembalo lernte, war ihr zeitlebens dankbar.
Da der Vater als Napoleon-Anhänger im Kirchenstaats, dem Pesaro angehörte, Schwierigkeiten bekam, musste die Familie fortziehen. Ab 1804 wuchs Rossini dann in Bologna auf.
Viele Spuren hat der Meister der heiteren Buffo-Oper in Pesaro nicht hinterlassen. Es gibt ein Museum in seinem vierstöckigen Geburtshaus an der zentralen, zum Meer führenden Fußgängerzone, die heute Via Rossini heißt.
Darin steht das Spinett, auf dem der begabte Knabe übte. Es finden sich Porträts, Partituren sowie Karikaturen des drallen Feinschmeckers, dessen Name in Pesaro für die mit hartgekochtem Ei und Mayonnaise-Kringeln belegte „Pizza Rossini“ herhalten muss.
Erst 2019 wurde das Rossini-Nationalmuseum eröffnet.
Hinter den Mauern eines großzügigen Palazzo präsentieren zehn Säle chronologisch das Leben und Schaffen des Komponisten; Zahlreiche Hörstationen sorgen für klangliche Eindrücke. Es gibt sogar eine „Sonosphäre“ mit 45 Lautsprechern, deren Klangerlebnis einem „echten“ Opernbesuch nahekommt.
In seinem Testament vermachte der 1868 verstorbene Rossini sein gesamtes Vermögen der Stadt Pesaro, die davon eine Ausbildungsstätte für musikalische Talente aufbauen sollte. Vierzehn Jahre später fanden die ersten Kurse statt. Das Konservatorium, das sich in einem riesigen Palazzo befindet und den Namen Rossinis trägt, ist eines der ältesten Italiens. Im lauschigen Innenhof wurde 1902 ein Denkmal des Komponisten aufgestellt.
Seit 1980 findet in Pesaro jeden Sommer das Rossini-Opernfestival statt, diesmal vom 8. bis 20. August.
Die Aufführungen gehen im schnuckligen Teatro Rossini über die Bühne, das aus dem 17. Jahrhundert stammt. Oder aber in der Vitrifrigo Arena, einer etwas außerhalb gelegenen Mehrzweckhalle.
Zwar muss das Publikum auf die großformatigen Opern des Italieners in diesem Jahr corona-bedingt verzichten. Stattdessen gibt es kleine, feine Raritäten: So kann man im Teatro Rossini die entzückende einaktige Komödie „La cambiale di matrimonio“ ( Der Heiratswechsel) zusammen mit der Kantate „ Giovanna d’Arco“ (Jeanne d’Arc) erleben.
Corona-gerecht wird die Veranstaltung dadurch, dass sich das Orchester im Parkett verteilt; Die Besucher sitzen in sicherer Entfernung in den Logen. Hiesige Musikfreunde, die sich noch nicht wieder nach Italien trauen, können die Aufführung über die Website des Festivals streamen.
Freiluftmusik gibt es wiederum auf dem zentralen Platz der Stadt, der Piazza del Popolo. Hier veranstaltet das Festival sechs Belcanto-Galas mit verschiedenen Gesangssolisten und den Philharmonikern aus Florenz.
Die Piazza del Popolo wird außerdem ab 12. August zur Kulisse der Wiederaufnahme einer vielgelobten Produktion des Regisseurs Emilio Sagi: Rossinis heiterer Einakter „Il viaggio a Reims“ (Die Reise nach Reims).