Berlin, Deutschland (Weltexpress). Natürlich blieb die geradezu sensationelle Nachricht vom 8. Oktober in der serbischen Stadt Novisad in Rest-Europa unbeachtet. Warum sollte man auch dorthin blicken, wenn man mit seinem eigenen Versagen voll und ganz beschäftigt ist?
In dem gemeinhin verfeindeten Gebiet des Zentralbalkans trafen sich drei Staatspräsidenten. Der serbische, albanische und mazedonische Präsident gaben sich die Ehre und sie redeten Tacheles: wie bringen wir nach Jahrzehnten des Elends unsere Menschen endlich weiter. Nicht auf der Ebene von „kleinen Vorgärten“ sondern eines beachtlichen Wirtschaftsraumes von gut zwanzig Millionen Menschen, die darauf warten, in ihrer Heimat bleiben zu können, statt in Sindelfingen oder Bottrop ihre Zukunft zu verbringen. Man bündelte in Novisad seine Interessen. Das ist mehr als verständlich, denn es gibt durchaus Lehren aus den letzten Jahrzehnten. Wer hat schon an die Menschen zwischen Tirana, Belgrad und Skopje gedacht, wenn er mit steuerfreien Doppelgehältern seine Teams auf die Leute losgelassen hat?
Es zieht sich wie ein roter Faden durch alles durch. Die Ansätze der Westeuropäer hatten eines vor Augen. Auf dem Balkan sollten keine Lösungen gefunden werden, die dem Elend ein Ende bereiten konnten. Musterbeispiel ist dabei Großbritannien. Peinlich genau wurde darauf geachtet, dass nur Regelungen gefunden werden durften, die zu Hause für die offenkundigen Probleme auf der Insel keine Sprengwirkung entfalten sollten. Die Kontrolle Londons über Edinburg, Cardiff und Belfast wurde in Pristina verteidigt. Die Verbindung der deutschen Wirtschaft zu den Balkanstaaten wurde über die Sanktionsverhandlungen gekappt. Nicht, dass man nicht weiß, was auf dem Balkan eine Rolle gespielt hat und immer noch spielt? Das gilt natürlich auch für die Amerikaner, deren Interesse am Balkan durch das Verdrängen Russlands von demselben bestimmt gewesen ist. Der Umstand, dass der amerikanische Botschafter in Berlin, Herr Grenell, zu einem Sonderbotschafter für den Balkan ernannt worden ist, spricht jetzt Bände. Der hochgerüstete amerikanische Verwaltungsapparat scheint Bodenhaftung zu benötigen, weil man jetzt auf dem Balkan nicht mehr auf fromme Sprüche wartet. Man nimmt die Dinge in die eigenen Hände, endlich. Die Launen und Notwendigkeiten in Brüssel, Paris, London und Berlin, von Washington gar nicht zu reden, bestimmen nicht mehr alleine die Wirklichkeit auf dem Balkan. Auch nicht, weil Tirana und Belgrad miteinander reden. Es ist doch offenkundig, dass Pristina und Belgrad wegen der Entwicklung der letzten Jahrzehnte sich ineinander verbissenen haben oder verbeißen mussten. Warum die Beziehungen zwischen den Albanern und den Serben von den Mafia-Strukturen in Pristina abhängig machen? Man kann es doch direkt miteinander.
Vor Ort sind derzeit ohnehin nur europäische Merkwürdigkeiten zu bestaunen. Da redet man in Belgrad über Regeln, die es bei Wahlen geben soll. Dabei sitzen westeuropäische Abgeordnete und Beamte mit serbischen Kräften zusammen und reden über „Pressefreiheit“. Den Serben dämmert dabei, dass in den letzten dreißig Jahren die Freiheit und Vielfalt der Presse in Westeuropa längst den Bach herunter gegangen sind. Die Europäer preisen in Belgrad etwas an, das sie zu Hause kampflos den Oligarchen überlassen haben. Was soll man mit solchen Ratgebern anfangen?