Wer Jenny Beckmann heißt, sollte “500 Days of Summer” auf keinen Fall gucken. Jenny ist eine Schlampe, verkündet ein Schriftzug zu Filmbeginn. Alles Schlampen, außer einer, denkt Tom (Joseph Gordon-Levitt) über Frauen. Die eine ist die große Liebe, die “The Smiths”-Hörer Tom noch nicht gefunden hat. Nicht verwunderlich bei einem Typen, der sich psychologischen Rat bei seiner Teenagerschwester holt. Ihr gemeinsamer Musikgeschmack führt Tom mit seiner neuen Arbeitskollegin Summer (Zooey Deschanel) zusammen. Wer steht sonst schon auf “The Smiths”? “500 Days of Summer” gilt es nun durchzustehen. Einen Stich hatte Tom schon vor der überlangen Sonnenzeit. Okay, jeder hat beim Ikea-Einkauf mal so getan, als würde er in der Einrichtung leben. Aber die Möbelhausbesuche zum regelmäßigen Hobby machen? Entsprechend Toms eindimensionalem Menschenbild ist Summer die Traumfrau, beim Gedanken an die er im Geiste “She ´s like the wind” hört. Allen, denen bei “Nights in white Satin” die Tränen kommen und die fröhlich das Billy-Regal-Jubiläum mitfeiern, werden das hochromantisch finden. Hätte Tom nur bei Summers Hippie-Namen aufgehorcht. Sie will nur Freundschaft mit gelegentlichem Sex. „Friends with benefits“ heißt diese postmoderne Beziehungskonstellation in den USA. Männer und Frauen Freunde? Wer aufmerksam Liebeskomödien guckt, weiß seit “Harry und Sally“, dass das nicht geht.
Ausnahmsweise ist es in “500 Days of Summer” nicht die Frau, die klammert. Man leidet mit der sympathischen Summer, wenn Tom ihr permanent hinterher trottet. “Du verfolgst sie.”, urteilt sein Kumpel. Summer löst das offene Verhältnis völlig. Schlampe! Nun könnte Toms endloser einsamer Sommer endlich vorbei sein. Mit Liebeskummer hört sich “The Boy with the Thorn in his side” sicher viel besser an. In ein nüchtern-realistisches Ingmar-Bergmann-Drama versetzt sieht sich Tom gar. In einer Hollywoodromanze eine Alptraumvision. So bitter dürfen die “500 Days of Summer” nicht enden. Unter der komödiantischen Hülle ist die Romanze ein moralisches Lehrstück. “Sie ist ein Mann!”, urteilt Toms Kumpel, als Summer von ihrem aufgeschlossenen Liebeskonzept erzählt. Tom hingegen wähnt sich vor Überschwang nach der ersten Liebesnacht in einem Musical. Wie lange hatte der keinen Sex mehr, fragt man sich unwillkürlich. Eine derartige Vertauschung des konventionellen Geschlechterrollenschemas, in welchem der Mann nach lockeren Affären und die Frau nach ewiger Liebe sucht, darf nicht sein. Tom muss ein echter Kerl werden. Nach dem Laufpass von Summer kündigt er in der Grußkartenfirma, macht Karriere und flirtet. Summer wird zur Ehe verdonnert und dankt Tom für die Wertschätzung fester Beziehungen, die er sie lehrte. Schluss mit freier Liebe!
Zum Glück werden die “500 Days of Summer” im Zeitraffer abgespult. Das sympathische Ensemble kann den Mangel an Humor nicht ausgleichen. Eine sexuell selbstbewusste Frau, die von Ehe und Familie nichts hält, ist in dem prüden US-Kino offenbar immer noch untragbar. Alles nur, weil sie ein Scheidungskind war, erklärt “500 Days of Summer“ die Unkonventionalität der Titelfigur amateurpsychologisch. “Stop me, if You heard this one before” sangen The Smiths – bei Webb tat es leider niemand. “500 Days of Summer” sind nicht nur jahreszeitlich zuviel. Wer allerdings gerne mit einem “The Smiths”-Song auf den Lippen durch Ikea schlendert, auf Sex nach der Ehe und dazu mit dem eigenen Partner schwört und Carla Bruni auch im Kino hören möchte, ist genau richtig.
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Titel: 500 Days of Summer
Genre: Komödie
Land/Jahr: USA 2009
Kinostart: 22. Oktober 2009
Regie: Marc Webb
Drehbuch: Scott Neustadter, Michael H. Weber
Darsteller: Joseph Gordon-Levitt, Zooey Deschanel, Adam Emery
Laufzeit: 95 Minuten
FSK: ohne Altersbeschränkung
Verleih: Fox
Internet: www.500daysofsummer.de