Allerdings muß hinzugefügt werden, daß auch die letzten Spiele ein wirkliches Spiel vermissen ließen, so daß auch die Fans nachher bitter sagten: „Nun ist die Wahrheit raus.“ Denn alle hatten gespürt, geahnt, gewußt, daß die bisherige Stärke der Eintracht nach Punkten seit Saisonbeginn nicht aus spielerischer Überlegenheit oder im strategischen Kalkül lag, sondern einfach Glück dabei war, Glück auf allen Wegen, die die Fußballerbeine über den Rasen trieben. Ausgeglückt also. Begonnen hatte es mit einem Schlagabtausch hin und her. Das waren im Nachhinein die einzigen Minuten, wo die Eintracht nach vorne spielte. Der mangelnde Kampfgeist, die fehlende Orientierung, überhaupt Tore schießen zu wollen, war das eine, aber die Unfähigkeit der Eintrachtler, die Abwehr so zu organisieren, daß gemeinsam die immer stärker auftrumpfenderen Stuttgarter am Torschuß gehindert werden, diese völlig Unfähigkeit war das andere. Denn die Stuttgarter waren gar nicht so stark, sie wurden durch die Fehler der Frankfurter erst stark gemacht. So war das erste Tor durch Julian Schieber in der 17. Minute völlig unnötig, denn er konnte ungehindert seinem Namen alle Ehren machen und den Ball einfach ins Tor reinschieben.
Der junge Spieler war dann gleich noch einmal in der 31. Minute mit einem scharfen Schuß erfolgreich zum 0:2, dem Halbzeitstand. Dazwischen lagen keine Aktionen der Eintracht, die erwähnenswert gewesen wären. Überhaupt war das ein geruhsamer Nachmittag für den Stuttgarter Jens Lehmann, der sich mental und physisch zur Ruhe setzen konnte. Denn die Eintrachtler wollten gar nicht gewinnen. Denn drei Torschüsse in einem 90 Minuten währenden Spiel sind einfach zu wenig: in der 9. Minute versuchte es Nikos Liberopoulos, in der 26. Alexander Meier und in der 63. Zlatan Bajramovic. Die Eintracht spielte nämlich in der Regel nicht nach vorne, sondern nach hinten in die eigenen Reihen oder zum eigenen Tormann. Was immer wieder auffällt, war an diesem Tag zur Regel geworden. Symptomatisch die Situation in der 22. Minute beim Rückstand von 0:1.. Da bekam Caio frühzeitig den Ball, der Marsch nach vorne war angesagt. Aber, was macht er? Er gibt zurück, der angespielte Spieler gibt wiederum zurück, der Ball landet wieder bei Caio, der zurückgibt”¦Ja, wenn man nicht weiß, wie man einen Ball nach vorne gibt, dann ist Hopfen und Malz verloren, was der Trainer in der 57. Minute mit dem Austausch gegen Martin Fenin beantwortete. Und Fenin, der damals mit drei Toren in Berlin seinen Einstand gab, was machte er? Auch nichts.
Die Lähmung hatte längst alle ergriffen. Als in der 55. Minute nach dem 3. Tor durch Hitzelsberger, das einfach fiel, die letzte Chance zum Aufbäumen gekommen war, kickte Pirmin Schwegler den Ball lustlos zurück in die eigenen Reihen. Das war eine Unverschämtheit und offenbart eine Einstellung, die direkt zu solchen Niederlagen führt. Ziemlich trostlos, was für die nächsten Spiele zu erwarten ist. Eine Sonderrolle spielt Oka Nikolov. Der Mann, der in den letzten beiden Spielen soviel in einen Kasten bekam, wie bei den bisherigen fünf Bundesligaspielen nicht (sieben Tore gegenüber fünf) zeigte sich nicht durchgehend schwach. Das erste Tor war sein Fehler und auch auf das dritte hätte er anders reagieren können, aber mit seinen Paraden gegen Timo Gebhart in der 3. und 16. Minute hat er zwei Tore verhindert.
Die Auslosung gegen Bayern München für die nächste Pokalrunde dürfte auch nicht für Auftrieb sorgen. Düstere Stimmung am Main, wo bei 49 750 Zuschauern sich die mitgereisten Fans der Stuttgarter ein privates Feuerwerk leisteten, als eigentlich noch drei Minuten zu spielen waren. Solchen Fans müßte man eigentlich durch Abzug der Siegespunkte der eigenen Mannschaft drastisch bestrafen und nicht nur durch Geldbußen für den Verein, was sie wohl nicht juckt, Aber das wäre für die Eintracht eine zu billige Lösung gewesen. Nach einer suchen muß sie allerdings gewiß.