Zur Quelle des Impressionismus – Flusskreuzfahrt auf der Seine

Flusskreuzfahrt auf der Seine in Frankreich.
Claude Monets Seerosenteich in Giverny. © 2018, Foto: Dr. Bernd Kregel

Paris, Frankreich (Weltexpress). Die Normandie wartet auf mit dem unvergleichlichen Reiz einer vom Licht durchfluteten Uferlandschaft.

Flusskreuzfahrt auf der Seine in Frankreich.
Der Eiffelturm im Morgenlicht. © 2018, Foto: Dr. Bernd Kregel

„Und es ward Licht!“ Schon hat es mit seinen hellen Strahlen die Spitze des Eiffelturms erreicht, der am frühen Morgen noch etwas schlaftrunken nach Orientierung sucht. Doch immer weiter gleitet das Sonnenlicht am mächtigen Stahlgerüst herab, bis es auch das Marsfeld erreicht hat, das dem Koloss einst als Standort zugewiesen wurde. Wie ein Zeigefinger Gottes steht er nun da, seine gigantischen Stahlträger dreihundert Meter hinauf in den blauen Himmel gereckt.

Zeitgleich spiegelt sich das Sonnenlicht auch in den Prunkfassaden entlang den Champs Elysées bis hinauf zum Triumphbogen. Und natürlich in den vergoldeten Fassadenfiguren des prächtigen Pariser Opernhauses. Gerade so, als hätte die an der Quelle der Seine beheimatete Flussnymphe den dunklen Vorhang der Nacht nun endgültig beiseitegeschoben. Paris ist erwacht, und ein neuer Tag beginnt.

Aufbruch nach Giverny

Flusskreuzfahrt auf der Seine in Frankreich.
Die „Seine Comtesse“ an der Anlegestelle. © 2018, Foto: Dr. Bernd Kregel

Aufbruchstimmung herrscht auch an der Schiffs-Anlegestelle der Seine nahe dem Eiffelturm. Hier liegt die „Seine Comtesse“, deren Kapitän Joel gerade die Aufbauten auf dem Oberdeck einholen lässt. Denn keinesfalls darf es zu einer Kollision mit einer der historischen Flussbrücken kommen, die im Stadtbereich die Seine überspannen. Angestrebtes Ziel ist der Seine-Hafen Les Andelys, wobei zunächst mehrere Schleusen für einen Ausgleich des jeweiligen Höhenunterschieds sorgen. Sobald sich die Schleusenkammern wieder öffnen, nimmt das Schiff erneut zügig Fahrt auf.

Doch die Gedanken der Passagiere fliegen der Fahne am Bug des Schiffes weit voraus. Denn von Les Andelys aus ist Giverny als erstes Ausflugsziel angesagt. Jener kleine Ort in der Normandie, von dem aus eine neue Wahrnehmungsweise des Lichts ihren Ausgangspunkt nahm. Denn hier befindet sich der legendäre Wohnsitz von Claude Monet, dessen Bildtitel „Impression Sonnenaufgang“ aus dem Jahr 1872 eine ganze Künstlergeneration wegen ihres von üppigem Licht durchfluteten Malstils herablassend als „Impressionisten“ abstempelte.

Wahrnehmung des Lichts

Flusskreuzfahrt auf der Seine in Frankreich.
Brücke am Seerosenteich von Giverny. © 2018, Foto: Dr. Bernd Kregel

Unter ihnen war es besonders Claude Monet, der die Lichtreflexe seiner normannischen Heimat auf eigene Weise einfangen wollte. So entstand hinter seinem geräumigen Wohnhaus, das auch mehrere herkömmliche Ateliers umfasste, ein Garten der besonderen Art. Denn wann immer es die Sonne und das Wetter erlaubten, konnte er mit der Blütenfülle seines Gartens in einen künstlerischen Dialog eintreten.

Fast ehrfürchtig umrunden heute die Besucher aus aller Welt den legendären Seerosenteich. Für sie ist es vor allem ein romantisches Naturerlebnis. Monet hingegen nutzte die Gelegenheit einer nahezu wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Hinzu kam, dass gerade die Farben in der Tube erfunden worden waren. Dieser Umstand machte es möglich, draußen in der Natur das sich stets wandelnde Lichtgeschehen mit Palette und Pinsel direkt auf die Leinwand zu bannen. Zehn Jahre lang widmete er dabei ausschließlich den Seerosen, die ihm als Studienobjekte besonders am Herzen lagen.

Geschichtliche Zeugnisse

Flusskreuzfahrt auf der Seine in Frankreich.
Burg des Richard Löwenherz an der Seine. © 2018, Foto: Dr. Bernd Kregel

Natürlich interessierten ihn und seine Künstlerkollegen auch die Uferlandschaften entlang der Seine. Ihnen folgt nun Stück für Stück die „Seine Comtesse“, deren Oberdeck inzwischen den Blick freigibt auf riesige Kalk-Steilwände, die teils bis an das Flussufer heran reichen. Ihr leuchtender Glanz findet sich wieder in mächtigen Wehrburgen wie der von Richard Löwenherz. Oder aber in wunderschön gestalteten alten Klosteranlagen wie denen von Jumièges und Boscherville.

In ihnen spiegelt sich die Geschichte der Normandie, wie sie seit der Besiedlung der Seine-Mündung durch die Normannen konkret Gestalt annahm. Zum Beispiel durch Wilhelm den Eroberer, der von hier aus die Britischen Inseln unterwarf. Oder durch die während des Hundertjährigen Krieges durch imaginäre Stimmen zu militärischen Aktionen berufene Jungfrau von Orleans. Von Anfang an eine gefährliche Mission, die schließlich auf äußerst tragische Weise enden sollte.

Prächtiges Hafenbecken

Flusskreuzfahrt auf der Seine in Frankreich.
Häuserfassade am Alten Hafen von Honfleur. © 2018, Foto: Dr. Bernd Kregel

Wie einst Claude Monet zieht es auch heutige Seine-Ausflügler vom Flusshafen Caudebec-en-Caux aus in das Städtchen Honfleur. Einst war es wegen seines prachtvollen Hafenbeckens ein Tor zur Welt. Von hier aus machte man sich schon bald nach der Entdeckung Amerikas auf den Weg über den Atlantischen Ozean. So auch Samuel de Champlain, der mit der Gründung von Quebec in die Annalen seiner Heimatstadt einging. Doch widrige Strömungsverhältnisse an der Seine bereiteten dieser großen Tradition Honfleurs irgendwann ein Ende.

Auch beim Aufstieg in das Viertel von Ste. Cathérine bleibt niemand der Reichtum verborgen, mit dem Seefahrer und Schiffsbauer einst die Kassen der Stadt füllten. Heute bildet hier die Katharinenkirche mit ihrem eigenwillig spitzen Glockenturm den Hauptanziehungspunkt. Und in ihrem Schatten findet sich die für die Normandie so typische Fachwerkarchitektur mit ihren lang gezogenen rechteckigen Feldern.

Launisches Spiel der Gezeiten

Flusskreuzfahrt auf der Seine in Frankreich.
Felsenlandschaft an der Küste von Etretat, © 2018, Foto: Dr. Bernd Kregel

Ein Abstecher in den kleinen Nougatladen mit seinen unglaublich voluminösen Nougat-Auslagen dient dazu, den Abschied von Honfleur ein wenig zu versüßen. Denn schon steht ein anderes Ziel bevor, dessen flimmerndes Licht auch Claude Monet magisch anzog. Es ist das Küstenstädtchen Etretat, das sogar die Badeurlauber aus zahlreichen europäischen Fürstenhäusern anlockte. Diese ließen sich nicht einmal von dem klappernden Kieselstrand abhalten, der den Weg ins Wasser schon immer ein wenig erschwerte.

Doch darum ging es Claude Monet wohl kaum Er bevorzugte vielmehr geeignete Plätze oberhalb des steilen Kreideufers, um das flimmernde Wechselspiel von Licht und Schatten zu studieren und künstlerisch festzuhalten. Dabei hatten es ihm vor allem die von der Erosion geschaffenen Felsspitzen und Gesteinsbögen angetan, mit denen die Gezeiten noch heute ihr launisches Spiel treiben.

Wahrnehmung der Realität

Flusskreuzfahrt auf der Seine in Frankreich.
Fassade der Kathedrale in Rouen. © 2018, Foto: Dr. Bernd Kregel

Als einer der Höhepunkte im Schaffen Claude Monets gilt die Stadt Rouen im Mäandergewirr der unteren Seine. Heute ist sie die Hauptstadt der Normandie, war allerdings bereits während des Hundertjährigen Krieges eines der Machtzentren in Nordfrankreich. So ist es auch kein Zufall, dass die Stadt noch heute die Traditionen Wilhelms des Eroberers und besonders der Jeanne d‘Arc pflegt. Ihr zu Ehren hat man an der Stelle des Scheiterhaufens eine moderne Kirche errichtet mit wunderschönen farbigen Glasfenstern.

Für Claude Monet stand bei seinem künstlerischen Schaffen natürlich ein anderes Gebäude im Mittelpunkt. Ihn faszinierten besonders die Fassaden und Türme der mittelalterlichen Kathedrale, deren Motive eng ineinander verschlungen sind. Hier waren die tageszeitlichen Veränderungen des Lichts besonders gut zu beobachten. Sie stachelten seinen künstlerischen Ehrgeiz immer wieder neu an mit dem Ergebnis, dass mehr als ein Dutzend faszinierender Studien, alle in unterschiedlicher Farbgebung, an dieser Stelle entstanden. Damit hat er den nachfolgenden Generationen die Augen geschärft für die Wahrnehmung der Realität und zugleich die anfängliche Kritik an seinem Malstil ins Gegenteil verkehrt.

Fotoreportagen:

Mehr Bilder zum Beitrag in der Fotoreportage: Rund um den Seerosenteich von Claude Monet in Giverny und Fotoreportage: Prunkvolles Paris an beiden Seiten der Seine im WELTEXPRESS.

Reiseinformationen „Seine“:

Anreise und Einreise: Mit TGV/ICE oder per Flug nach Paris; weiter mit der Metro oder dem Taxi zur Anlegestelle der „Seine Comtesse“. Busanreise inklusive Haustürabholung sind möglich. Bei Bahnanreise ist eine Sitzplatzreservierung erforderlich. Personalausweis oder Reisepass sind ausreichend.

Reisezeit: Frühjahr bis Herbst sind ideal für eine Flusskreuzfahrt auf der Seine.

Essen und Trinken: Die „Seine Comtesse“ bietet Vollverpflegung mit drei Mahlzeiten. Bei Landgängen oder Ausflügen ist die rechtzeitige Rückkehr gewährleistet.

Reiseveranstalter und Auskunft: Nicko Cruises Flussreisen GmbH, Mittlerer Pfad 2, 70499 Stuttgart, Tel. 0711-248980-0, E-Mail: info@nicko-cruises.de, Web: www.nicko-cruises.de

Anmerkung:

Vorstehender Beitrag von Dr. Bernd Kregel ist eine Erstveröffentlichung im WELTEXPRESS. Die Recherche wurde von Nicko Cruises Flussreisen GmbH unterstützt.

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