Meeresrauschen im Konzertsaal – Vor 100 Jahren starb der Klangfarbenzauberer Claude Debussy, der Begründer des musikalischen Impressionismus

Claude Debussy.
Claude Debussy, ca 1908, foto av Felix Nadar Quelle Wikipedia

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Die wenigsten Komponisten erkennt man sofort am Sound. Zu ihnen gehört der Franzose Claude Debussy, der vor hundert Jahren, am 25. März 1918 starb. Der Schöpfer schimmernder Klangflächen und wundersam tropfender Töne gilt als Begründer des Impressionismus in der Musik.

Im Unterschied zu anderen Komponisten der frühen Moderne ist Debussy jedoch jedermann zugänglich. Sehnsüchte und Träume, Freude und Schmerz spürt man in seiner Musik. Auch Naturschilderungen – Tierlaute, Sturmgewalten, Wasserrauschen – sind bei ihm wiederkehrende Themen. Wie die impressionistischen Maler, die das Atelier verließen und ihre Motive im Freien fanden, suchte Debussy Inspiration in der Natur.

Vor allem das Meer faszinierte den 1862 am Pariser Stadtrand Geborenen von klein auf. Die Seeluft schnupperte der Knabe, wenn er seine Patentante in Cannes besuchte. Dort kam er auch mit Musik in Berührung, denn die Tante holte einen Klavierlehrer ins Haus. Von den Erinnerungen an die Côte d’Azur zehrte Debussy sein Leben lang; sie inspirierten ihn auch zu seiner sinfonischen Dichtung „La Mer“.

Die Weite des Meeres stand im größten Kontrast zur Enge von Paris, wo der junge Debussy aufwuchs. Die finanzielle Lage der Familie war so prekär, so dass Claude nicht einmal die Schule besuchen konnte. Jedoch wurde er mit zehn Jahren am Konservatorium aufgenommen, wo er Klavier und später Komposition studierte.

1884 gewann Debussy den „Prix de Rome“, die höchste Auszeichnung, die ein junger Komponist erlangen konnte. Nach einem Rom-Aufenthalt erhielt er in Paris weitere Anregungen für sein Schaffen: die sprachklangverliebten symbolistischen Dichter, die Musik Richard Wagners und exotische Gamelan-Folklore aus Java, die er 1889 bei der Pariser Weltausstellung kennenlernte.

All das prägte Debussys Stil mit den schwebenden Akkorden jenseits von Dur und Moll und der kunstvollen Klangfarbenpracht. Beides findet sich auch in der 1894 entstandenen sinfonischen Dichtung „Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns“ und in der 1902 uraufgeführten Oper „Pelléas et Mélisande“, mit der Debussy seinen äußerst umstrittenen Durchbruch erlangte.

Debussy war aber auch ein ausgesprochener Klavierkomponist. Dem Pianisten fordern seine Werke einen äußerst fein abgestuften Anschlag ab, damit der Klangfarbenreichtum zur Geltung kommt.

Debussys Schaffen stockte, als sein Privatleben in stürmische Gewässer geriet: Eine Affäre mit der Sängerin und Bankiersgattin Emma Bardac führte zu seiner Scheidung; der Hochzeit mit Emma folgte ein Selbstmordversuch der ersten Frau – all diese Ereignisse waren Pariser Stadtgespräch und wurden sogar in einem Theaterstück aufs Korn genommen.

Sowohl seine Werke als sein Lebenswandel polarisierten die Pariser Öffentlichkeit. Zwar wirkt Debussy Musik heute vertraut, doch die ersten Hörer standen vor ernsthaften Schwierigkeiten. Nicht einmal seine eifrigsten Anhänger ahnten, dass der Komponist einmal als einer der größten Erneuerer in die Musikgeschichte eingehen sollte.

Während andere Musikgenies neue Harmonien, Melodien oder Rhythmen erkundeten, beförderte Debussy den Klang selbst zum zentralen Gestaltungselement. Er schuf einen ganz eigenen Sound, der später als Impressionismus in die Geschichte eingehen sollte. Damit beeinflusste er zunächst Maurice Ravel, der auch ein herausragender Pianist war, und später die Avantgarde.

Heute gilt Debussy als einer der originellsten Komponisten des frühen 20. Jahrhunderts – gleichrangig neben dem sperrigen Arnold Schönberg, der beim Konzertpublikum längst nicht so populär ist.

Neue Veröffentlichungen

Musikfilm: „Daniel Barenboim spielt und erklärt Debussy“
DVD 880242131188 (Warner)

Marina Baranova spielt Debussy nicht nur auf dem Klavier, sondern auch auf Cembalo, Fender Rhodes und präpariertem Flügel.
„Unfolding Debussy“
Marina Baranova
0301014BC
(Neue Meister / edel)

Neuveröffentlichung einer legendären Aufnahme der 24 Préludes mit Friedrich Gulda von 1969.
Friedrich Gulda
„Debussy Preludes“
0300973MSW
(MPS (edel)

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