"Circus leitet sich vom Lateinischen circum ab und bedeutet so viel wie Kreis und Rennbahn. Eigentlich stammt das Wort von einer Militärdisziplin: der Kavallerie. Die Militärpferde wurden dressiert, um zum Beispiel in einer Menschenmenge Menschen abzudrängen. In Friedenszeiten mussten die Pferde jedoch bewegt werden. Sie wurden z.B. wie in der Salzburger Hofreitschule dressiert. Es gab zivile Zuschauer und irgendwann kam die Idee auf, den Hut herumgehen zu lassen", erklärt Bernhard Paul die Entstehung des Circus. Er ergänzt: "Bei uns gibt es keine Tierquälerei – schwarze Schafe in der Branche gibt es jedoch – wie überall."
Bei ihm gibt es höchstens Pferde zu sehen, die er sehr liebe, Hunde und Gänse, aber keine Wildtiere. Im aktuellen Programm seien jedoch keine Tiere dabei.
Auf die sogenannte Tierschutzorganisation People for the Ethical Treatment of Animals (PETA), die in Facebook wirbt mit vermeintlich tierschützerischen Motiven, ist er nicht gut zu sprechen und "enttarnt" ihr angeblich "heuchlerisches, sogar tierquälerisches Gebahren". "Ich habe mich einmal in einem TAZ-Interview gegen die PETA ausgesprochen und sie enttarnt", erzählt Paul, und bekam eine anwaltliche Aufforderung "dick wie ein Telefonbuch". Er habe nicht darauf reagiert, da er gründlich zu PETA recherchiert habe, die z.B. Hunde einfangen ließen, um sie zu töten und viele andere Skandale". Sie wüßten wohl, mit wem sie sich einließen", so Paul weiter.
Bernhard Paul ist eine Schatulle an charmanten Anekdoten rund um die Manege und entführt gekonnt in die Welt des Cirkus. Chaplin sei mit dem Circus in die USA gekommen. Heinz Rühmann, Gerd Fröbe, Maria Schell, Christiane Hörbiger gehörten zu seinem Freundeskreis, so der liebenswürdige Österreicher.
Unglaubliche Liebesgeschichten hätten sich rund um das Circusleben abgespielt. Berlin sei früher die Hauptstadt des Circus gewesen mit Busch und Renz. Es hätte einen Busch-Bau gegeben, erzählt Paul, der von den Nazis abgerissen worden sei. Nach dem Krieg hätte in der Deutschlandhalle "Menschen, Tiere, Sensationen" stattgefunden, bis der Abriss der Halle dem ein Ende gesetzt habe, fährt Paul fort.
Mit "Viele fühlen sich berufen, nur wenige sind auserwählt" prangert er diejenigen in seinem Berufsstand an, die sich über Minderheiten lustig machen und Sexismus pflegen. "Es gibt einen Ehrenkodex in der Branche", sagt Paul.
Das Tempodrom, eine Initiative der Krankenschwester Irene Mössinger, am Berliner Anhalter Bahnhof, lag lange im Dornröschenschlaf. Paul nahm das Projekt erfolgreich wieder auf und steht jetzt im zwölften Jahr.
An Silvester werde 40 Jahre Cirucus Roncalli gefeiert. "Nur, wer brennt, kann entzünden", verkündet Paul, der als ehemaligen Grafiker zum Motor vieler Projekte wie dem Berliner Wintergarten und dem Düsseldorfer Apollo-Varieté am Rhein wurde. Mehrere große Zirkusse hätten zugemacht, er aber habe den Berufsstand Artist und viele Arbeitsplätze gerettet.
"Ich bin seit Kindesbeinen ein Fan von Circus Roncalli, aber auch nur vom Circus Roncalli", erklärt Muriel Baumeister, eine österreichische Schauspielerin, die an der Pressekonferenz teilnimmt. "Die dritte Generation Baumeister ist Roncalli-Fan", beschreibt sie ihre Familie. Den Show-Gag "Bienchen, Bienchen, gib mir Honig" hätte ihr Kind noch jahrelang in der Badewanne gespielt.
Bernhard Paul gefällt die Publikums-Mischung und vor allem, wenn "Kleinkinder und Intellektuelle an der gleichen Stelle lachen".
* * *
Weihnachtscircus Roncalli vom 18.12.2015 bis zum 03.01.2016, im Tempodrom am Berliner Anhalter Bahnhof, mit Nachmittag- und Abendvorstellungen.