Die Frage der Referendum genannten Abstimmung der Regierung lautete: „Soll der von der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds der Eurogruppe am 25. Juni vorgelegte Entwurf einer Vereinbarung, der aus zwei Teilen besteht, welche einen einheitlichen Vorschlag darstellen, angenommen werden?“
Die Formulierung der Frage war schwieriger – sie wurde sogar als die möglichen Antworten, die entweder in einem Ja oder Nein bestand. An dem Referendum über die Auflagen der Troika stimmten 61,31 Prozent der wahlberechtigten Griechen mit Nein gestimmt. 38,69 Prozent stimmten mit Ja. Die Wahlbeteiligung betrug mehr als 60 Prozent.
Das Ergebnis des Referendums stelle für die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das derzeit größte Problem dar, wie die US-amerikanische Zeitung „The Wall Street Journal“ schreibt. Merkel müsse eine sehr schwierige Entscheidung treffen, entweder den Forderungen von Griechenlands Premiermister Alexis Tsipras nachzugeben und die Bedingungen für die Hilfeleistung an Griechenland zu mildern oder im Einklang mit ihrer harten Position zu handeln und keinerlei Zugeständnisse zu machen, so das Blatt. Tsipras, der seinen Finanzminister Yanis Varoufakis opferte, fordert einen Schuldenschnitt für Griechenland.
Varoufakis äußerte sich zu seinem Rücktritt wie folgt: „Wie alle Kämpfe für demokratische Rechte hängt auch an dieser historischen Ablehnung des Ultimatums der Eurogruppe vom 25. Juni ein großes Preisschild. Es ist daher wichtig, dass unsere Regierung das großartige Vertrauen, welches das Nein bedeutet, unverzüglich in ein Ja zu einer angemessenen Lösung ummünzt – zu einer Vereinbarung, die eine Restrukturierung der griechischen Schulden beinhaltet, weniger Einsparungen, Umverteilungen zugunsten der Bedürftigen und echte Reformen.
Bald nach der Bekanntgabe der Ergebnisse des Referendums bin ich auf eine gewisse Präferenz einiger Eurogruppen-Teilnehmer und verschiedener Partner für meine Abwesenheit von den Meetings hingewiesen worden. Eine Idee, die der Ministerpräsident als möglicherweise hilfreich auf dem Weg zu einer Einigung bewertete. Aus diesem Grund verlasse ich das Finanzministerium heute.
Ich halte es für meine Pflicht, Alexis Tsipras zu helfen, das Vertrauen, dass das griechische Volk uns durch das gestrige Referendum gewährt hat, auszuschöpfen. Ich werde die Abscheu der Kreditgeber mit Würde tragen.
Wir von der Linken verstehen etwas davon, kollektiv zu handeln, ohne sich um Amtsprivilegien zu kümmern. Ich werde Ministerpräsident Tsipras, den neuen Finanzminister und unsere Regierung voll unterstützen.“
Zurück zu den beiden für Merkel riskanten Varianten. Die Milderung der Politik gegenüber Griechenland könnte zur politischen Unzufriedenheit unmittelbar in Deutschland führen und harte Finanzregeln ins Wanken bringen, die die EU-Behörden in den vergangenen fünf Jahren zwecks Vermeidung von Krisen in Zukunft konzipiert hätten, so „The Wall Street Journal“.
Jedoch könnte eine gewisse Abschwächung der Einstellung gegenüber Athen seitens Deutschlands Griechenland immer noch vor dem „katastrophalen Ausstritt“ aus der Eurozone retten.
Und es sei nicht ausgeschlossen, dass die Opposition von Merkel im Bundestag und einige ihrer Koalitionsverbündeten aus der SPD gewisse Zugeständnisse machen würden. Dennoch könnten sich viele Mitglieder der Kanzlerparteien CDU und CSU eindeutig gegen eine Milderung aussprechen.
Auch die deutschen Behörden haben Angst davor, dass weitere mögliche Geldspritzen für Griechenland im Ergebnis lauten Protest auslösen könnten, weil die meisten Bundesbürger den griechischen Premierminister für die Geschehnisse verantwortlich machen.
Das aber liegt daran, dass die meisten Staatbürger der Bundesrepublik so gut wie nichts wissen über die Hintergründe. Man stelle sich vor, dass die Deutschen in den vier öffentlichen Haushalten Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen in einem Jahr rund 170 Milliarden Euro bei den Ausgaben hätten kürzen müssen. Im Unterschied zu den Griechen wären die Deutschen vermutlich nicht dazu befragt worden, ob sie den Kürzungen zustimmen oder sie ablehnen.
„The Wall Street Journal“ hält es für kaum wahrscheinlich, dass die „tapfer gewordenen Behörden in Athen“ jetzt bereit sein würden, die öffentlichen Haushalte weiter zu kürzen.
„Somit kann die Milderung der Position Angela Merkel sehr schaden, denn das wertet das Wesen der Herangehensweise Deutschlands an die Beilegung der Krise an und für sich ab – ihre Lösung ist nur dann möglich, wenn nichtkonkurrenzfähige Wirtschaftssysteme reorganisiert und die Regeln für die Haushaltspolitik nie wieder verletzt würden.“
Angesichts der oben genannten Faktoren würden die Prinzipien und der Selbsterhaltungstrieb Merkel wohl von einem weiteren Festhalten an ihrer harten Position überzeugen, vermutet „The Wall Street Journal“.
Von einem Mehr an Demokratie für Deutsche, vom wagen direkter Demokratie in Deutschland ist in „The Wall Street Journal“ keine Rede.
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Mehr Infos zum Referendum Griechisches Referendum 2015 in Wikipedia: https://de.wikipedia.or/wiki/Griechisches_Referendum_2015