Die paradoxe Situation – so die Wertung von BR-Manager Kaweh Niroomand – hatte sich ergeben, weil die Kontrahenten zuvor ihre ersten Heimfinals verloren hatten. Obwohl beide in der Bundesliga-Hauptrunde sowie im Pokal in den eigenen vier Wänden ihren Heimnimbus wahren konnten. 3:2 gewann der VfB dann den Finalauftakt an der Spree, während die BR Volleys diese Schlappe mit 3:1 auswärts wett machten”¦
Weil sie dort „wie ein Meister spielten“ (BR-Trainer Mark Lebedew): Konzentriert, ruhig und intelligent.
Daran knüpften seine Schützlinge am Samstag an. „Wir waren heute körperlich und auch im psychologischen Bereich stärker“, so ein erleichterter Lebedew. Es sei im dritten Finale – saisonal der sechste Vergleich – vor allem um den Sieg gegangen: „Das ist gelungen. Nun haben wir einen unheimlich wichtigen Vorteil.“
Dass die Berliner eine Top-Mannschafts-Leistung boten, dürfte auch mit der cleveren Wechsel-Strategie des Australiers zusammen hängen. Er gönnte zwischendurch seinen Leistungsträgern wie Angreifer Robert Kromm (MVP des Abends), Kapitän Scott Touzinsky, Regisseur Kawika Shoji kurzzeitige Pausen. Und so konnte Berlin sein hohes Niveau fast durchgängig halten und schwächere Phasen immer wieder durch engagierten Einsatz der Wechselkräfte ausbügeln. Friedrichshafen war nur in zwei Durchgängen ein Gegner auf Augenhöhe und dessen Spiel fiel im Schlussabschnitt (Zwischenstand 21:11) regelrecht auseinander.
Hatte Berlin im ersten Endspiel trotz besserer statistischer Werte das Nachsehen und Friedrichshafen mit dieser Konstellation im zweiten, so waren die Volleys nun der „logische Gewinner“: Bessere Werte von Aufschlag bis Annahme, von Angriff bis Block! Im Blockbereich zeigte der Slowake Tomas Kmet eine großartige Vorstellung und schaffte mit sieben direkten Blockpunkten alleine so viel wie die komplette Gegenseite. Mit 17:7 war hier die Überlegenheit der Volleys eklatant.
„Blockpunkte sind immer ein Resultat einer Mannschaftsleistung. Wenn meine Kollegen gut aufschlagen, hat der Gegner Mühe unseren Block zu überwinden“, sagte der Teamplayer Kmet. „Außerdem haben wir uns heute im dritten Spiel besser auf das Zuspiel des VfB eingestellt.“
Der junge Jan Zimmermann für den verletzten Stamm-Zuspieler Nikola Jovovic hatte da zum Finalauftakt für ein paar Überraschungsmomente aus Sicht der Berliner gesorgt. Nun hatten ihn Kmet und Co. ausgeguckt und waren fast immer im Block an der richtigen Stelle.
„Das war sicher heute ein Nachteil für Friedrichshafen, dass Zimmermann, der dennoch eine gute Vorstellung lieferte, im Gegensatz zu Berlin, das mal Sebastian Kühner für Shoji bringen konnte, durchspielen musste“, meinte Klaus Wegener, Chefredakteur des Volleyball-Fachmagazins. Er konstatierte einen „verdienten Sieg“ der Hausherren, „weil die einfach kompakter wirkten.“ Außenangreifer Valentin Bratoev war für ihn beim VfB „ein Totalausfall“. Trainer Stelian Moculescu wechselte den schlagstarken Bulgaren schon im ersten Abschnitt aus. Erst für den Ungarn Roland Gergye, dann für den deutschen Nachwuchsmann Yannick Harms. Beide vermochten den Qualitätsverlust nicht aufzufangen.
So lag zu viel auf den Schultern des 37-jährigen Routiniers Ventzislav Simeonov. Der Diagonalangreifer war mit 19 Zählern erfolgreichster Punktesammler der Partie und hatte mit 46 % auch eine höhere Erfolgsquote als der MVP Robert Kromm. Doch da außer ihm nur noch der Franzose Baptiste Geiler zweistellig (11) beim VfB punktete, erklärt hinreichend das Endergebnis. Bei den Volleys dagegen erhielt Kromm (18) vorzügliche Angriffsunterstützung durch Paul Carroll (16), Scott Touzinsky und Tomas Kmet (je 13) sowie Srecko Lisinac (12).
Wie nahe ist Berlin nun dem dritten Titelgewinn im Folge und dem sechsten insgesamt?- Trainer Lebedew, der am Dienstag seinen 47 Geburtstag („Keine Feier – wir haben Play-offs. Danach ist dafür Zeit“.) begeht, äußert sich salomonisch: „Wir brauchen noch einen Sieg und haben dazu zwei Chancen.“ Ob er den Titel lieber zuhause – im fünften Duell dann – am 11. Mai feiern würde?- „Danach geht es nicht. Wir sind es gewohnt, auswärts die erste Feier zu haben. Wie im Vorjahr in Friedrichshafen und davor in Haching. Aber – Mittwoch wird es ein anderes und extrem schwierigeres Spiel.“
Auch wenn der VfB nicht nur mental am Sonnabend angeschlagen wirkte (zudem Bratoev und Simeonov körperliche Probleme erkennen ließen), Trainer-Guru Moculescu hat noch keinesfalls aufgegeben: „Heute war Berlin besser. Aber wir werden am Mittwoch besser als heute auftreten.“