Berlin, Deutschland (Weltexpress). Der Spielplan sah für das Match den Montagabend vor. Ein Termin, der den Ultras nicht gefällt. So wurde das Event noch purer, als es beide Vereine in ihren Stadien eh praktizieren. Nur Fahnen sind in den Fanblöcken zu sehen. Choreos werden aus Protest gegen den Montagabend nicht zelebriert. Das hat was, Flutlichtspiele im Stadion „An der Alten Försterei“: „alle Fans sind immer mit dabei und eisern kämpft Union“. Diese Liedzeilen, gesungen von Achim Menzel, sickern durch die Stadionlautsprecher.
Dann betritt der Zeremonienmeister Christian Arbeit den Rasen, am Tag des Spiels gegen den FC St. Pauli wurde Joachim Sommer stolze 80 Jahre alt. Er stand neben Christian Arbeit auf dem Rasen und ließ sich von den Rängen feiern. Eine nette kleine Geschichte am Rande. Joachim Sommer gehört zum Stadioninventar, ist seit Jahrzehnten Vereinsmitglied. Ehrenamtlich sorgt er für Sauberkeit auf dem Stadiongelände. Noch sind es sechs Minuten bis zum Anpfiff, Intro und dann grölt Nina Hagen die Union-Hymne, selbst die Häppchen-Fraktion hat sich erhoben. Rot-weiße Schals werden trotzig-stolz und knapp über Kopfhöhe gehalten. „Wir aus dem Osten gehen immer nach vorn, Schulter an Schulter“ und so weiter.
Die Mannschaftsaufstellung der Eisernen hielt keine Überraschung bereit. Erneut wurde das bewährte 4-3-3 praktiziert. Es fehlte wegen muskulärer Probleme der bisherige Torschütze vom Dienst: Collin Quaner. Philipp Hosiner erlebte dadurch seinen ersten Anstoß auf dem Rasen in der Alten Försterei. Nach 11. Minuten hatten beide ihre ersten Möglichkeiten. St. Pauli kam in der 8. Minute zum ersten Eckball im Spiel. Das erste Tor im Spiel gelang den Eisernen. Ballverlust St. Pauli im Mittelfeld, in die Lücke sprintet Phillip Hosiner und vollendet mit einem strammen Schuss. Fast noch besser war die Vorarbeit von Kenny Prince Redondo. Robin Himmelmann im Tor des FC St. Pauli hatte keine Chance zur Abwehr. Der frühe Rückstand war Gift für die Gäste. Die Eisernen bekamen das Spiel so richtig in den Griff und ließen kaum etwas zu. In der 33. Minute visierte Marvin Duksch mit einem gekonnten Heber das Union Tor an, doch Jakob Busk konnte den Ball über den Querbalken lenken. Der anschließende Eckball brachte nichts ein. Es kam noch schlimmer für die Gäste, einen katastrophalen Abwehrfehler nutzte Redondo zum 2:0. Ein frühes und ein spätes Tor in der ersten Halbzeit, schlechter hätte es für St. Pauli nicht laufen können.
St. Paulis Trainer Ewald Lienen musste reagieren. Nahm einen doppelten Spielerwechsel vor und stellte taktisch von 4-2-3-1 auf ein 4-4-2 System um. In der 50. Minute hätte Hosiner fast das 3:0 erzielt. Es wäre wohl der endgültige Niederschlag für die Gäste gewesen. So blieb es noch ein bisschen spannend. St. Pauli berannte das Tor. Man sah aber deutlich, wer die Mannschaft mit 11 Punkten und wer die mit deren 5 ist.
Der Kader des FC St. Pauli hat ein neues Gesicht. Das erfolgreich Abschneiden in der letzten Saison – in der Abschlusstabelle vor den Eisernen platziert – hat Begehrlichkeiten anderer Vereine geweckt. Leistungsträger verließen den Verein. Schmerzlich vermisst werden Lennart Thy und Marc Rzatkowski, beide kamen zusammen auf 15 Tore. Keine großen Veränderungen gab es dagegen in der Abwehr, in der vergangenen Saison das Prunkstück, mit nur 39 Gegentoren in der gesamten Saison. Zum Vergleich, die Eisernen kassierten 50 Gegentreffer.
In der 2. Halbzeit hatten die Gäste ein optisches Übergewicht. Sie wollten den Anschlusstreffer. Die Eisernen verwalteten den Vorsprung geschickt und ernsthaft in Gefahr gerieten sie nicht. Union wirkte eingespielter und cleverer. Bei St. Pauli klappten viele Automatismen noch nicht, dadurch bekamen sie nicht die nötige Geschwindigkeit in ihre Angriffsaktionen. Schiedsrichter Harm Osmers pfiff eine torlose 2. Halbzeit ab. Das Stadion war, wie immer wenn St. Pauli kommt, mit 22.012 Zuschauer ausverkauft. Zu Beginn der 2. Halbzeit wurde im Block der Gäste mit Bengalos gezündelt.
Der Sieg, bereits der vierte in Folge, bedeutet Platz 2 in der Tabelle, punkt- und tordifferenzgleich mit Hannover 96. Wie immer, eine hübsche Momentaufnahme und darauf ausruhen geht gar nicht, bereits am Freitag treten die Eisernen im Frankenstadion beim kriselnden 1. FC Nürnberg an. Nach Lage der Dinge wird dann erneut Hosiner als Mittelstürmer in der Startelf stehen. Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel schloss Jens Keller ein Mitwirken von Collin Quaner in Nürnberg praktisch aus. Ewald Lienen war natürlich enttäuscht. Er sprach von zwei Riesenfehlern, die bestraft wurden. Ansonsten hatte Union in der 1. Halbzeit eigentlich nur eine einzige Chance durch Steven Skrzybski aus dem Spiel heraus.
Aus einer geschlossen guten Mannschaftsleistung der Eisernen ragten für mich Kenny Redondo und Stefan Fürstner heraus. Der 1. FC Union ist momentan eine Spitzenmannschaft.