Um das zu erreichen, müssen am Freitag im Halbfinale in der Berliner Max-Schmeling-Halle Belgien und dann am Samstag im Endspiel Weltmeister Russland oder der EM-Titelverteidiger Serbien bezwungen werden.
Sollte dies gelingen, wäre es der dritte Titelgewinn für eine deutsche Mannschaft. 1983 und 1987 hatte die DDR-Auswahl dieses Bravourstück geschafft.
Bundestrainer Giovanni Guidetti sagt über die Finalgegnerschaft: „Ich denke, es stehen die momenatn vier besten Teams Europas in der Endrunde. Wir können gegen alle drei gewinnen, aber auch gegen alle drei verlieren.“
Er habe größten Respekt vor dem belgischen Aufgebot, das eine ähnliche Spielweise wie das deutsche bevorzugt: Gute Aufschläge, gute Organisation zwischen Block und Abwehr, guter Angriff. Die Bilanz aus fünf vorherigen Begegnungen in den letzten Monaten lautet 3:2 für die DVV-Auswahl. Wobei die letzten drei Partien gewonnen wurden. Zuletzt allerdings nur 3:2 im Finale der Euro League.
Die Kontrahenten Serbien/Russland – beide im Schnitt zehn Zentimeter größer – bevorzugen „einen anderen Volleyball – mit mehr Kraft und Athletik“. Serbien schätzt der 40-jährige Italiener spielerisch einen Tick stärker ein.
Seit Mai ist Guidetti, seit 2006 bei Deutschen Verband angestellt und parallel seit 2008 auch Klub-Trainer beim Champions League-Gewinner Vakifbank Istanbul, mit seinem Tross fast ohne Unterbrechung am Netz. Im Training, in der Euro League, beim Grand Prix mit den weltbesten Teams (wo die Endrunde mit den sechs stärksten nicht erreicht wurde), bei Testspielen!
Ein Vorbereitungsprogramm, das wohl keine andere Nationalmannschaft absolvierte. Und dazu führte, dass der EM-Gastgeber individuell und athletisch überlegene Rivalen mit mannschaftlicher Geschlossenheit und Moral besiegen konnte.
„Wir haben nicht die besten Einzelspielerinnen. Unsere Stärke sind Teamspirit und das Zusammenspiel“, sagt Guidetti, den man getrost als Volleyball-Besessenen bezeichnen kann.
„Er ist der beste Trainer der Welt“, schwärmt die Diagonalangreiferin Saskia Hippe. „Er stellt uns optimal auf die Gegner ein und überträgt seine Energie und das Siegenwollen auf die Mannschaft.“
Guidetti arbeitet nach dem Prinzip „Der Star ist die Mannschaft“ und bedankt sich auf der Pressekonferenz bei seinen Spielerinnen für ihren „unglaublichen Einsatz und die Bereitschaft, alles zu geben“. Er hebt die Unterstützung seiner Mitarbeiter hervor – der Co-Trainer, der Analyse-Scouts, der Athletik-Trainer, der medizinischen Betreuer: „Ohne sie wären die Erfolge nicht denkbar.“
Medienvertreter sehen aber Guidetti selbst als „Star der Mannschaft“. Davon will der Mann aus Modena, der aus einer volleyballgeprägten Familie kommt, Jobs in Italien, Bulgarien und in den USA ausgeübt hat, aber nichts wissen. Er sehe sich als Dienstleister der Mannschaften, die ihm anvertraut werden.
Macht er nach dieser Saison, nachdem er mit Vakif Bank den Dreifach-Triumph aus Meisterschaft, Pokalsieg und Rang eins in der Champions League feiern konnte und in mehr als 40 Matches mit dem Klub ungeschlagen blieb, und nach der EM denn einmal länger Urlaub?-“Nein“, sagt er. „Zwei Tage habe ich frei, dann fahre ich mit dem Auto die 2000 km nach Istanbul und bereite Vakifbank vor.“
Woher er diese Energie bezieht?-“Weil ich verrückt nach meinem Job bin und die Sportart liebe.“
Zwischendurch gibt es allerdings einen wichtigen Termin: Am 26. September heiratet er die türkische Nationalspielerin von Vakifbank Bahar Toksoy. Die Flitterwochen fallen aber wohl aus, weil auch in der Türkei bald wieder am Netz um Punkte geschmettert wird.