
Berlin, Deutschland (Weltexpress). Die Anfrage der CDU zu Correctiv und Co. war eine Überraschung, die Antwort der Bundesregierung ist es nicht. Ein Bild der berühmten drei Affen hätte es auch getan. Das ist schieres Eigeninteresse. Schließlich geht es hier um verborgene, sehr gefährliche Machtmittel.
Na, dann ist ja alles gut. „Die Bundesregierung sieht keine Anhaltspunkte für die in der Kleinen Anfrage enthaltene Behauptung, wonach die geförderten ‚NGOs eine Schattenstruktur‘ bildeten“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der CDU/CSU bezüglich einer langen Liste staatlich geförderter „Nichtregierungsorganisationen“. Die Bundesregierung habe schließlich nur „in den letzten Jahrzehnten – in einem parteiübergreifenden Konsens – zivilgesellschaftliches Engagement unterstützt und gefördert, um zivilgesellschaftliches Engagement für ein vielfältiges und demokratisches Miteinander und die Arbeit gegen Radikalisierungen und Polarisierungen in der Gesellschaft zu stärken. Die Wichtigkeit der Aufgabe, Hass und Hetze entgegenzutreten und die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu stärken, wurde auch im Deutschen Bundestag immer wieder hervorgehoben.“
Ansonsten, so der grundsätzliche Tenor, sei die Bewertung von Gemeinnützigkeit die Zuständigkeit von Landesbehörden. Besonders hübsch ist die Antwort auf die Frage, ob es Fälle gebe, „in denen die Correctiv gGmbH explizit für oder gegen eine Partei geworben hat“:
„Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.“
Wäre interessant zu wissen, in welchem Land oder auf welchem Planeten die Bundesregierung ihren Urlaub im Januar 2024 verbracht hat, als die Firma „Correctiv“ mit ihrer Potsdam-Affäre das ganze Land über Wochen auf Trab hielt. Mit angeblichem „Investigativ-Journalismus“, der sich im Nachhinein als Verbreitung weitgehend verfälschter Informationen erwies. Ziel der ganzen Operation war eindeutig die AfD; es wäre ausgesprochen schwierig zu belegen, dass es sich dabei nicht um „explizit für oder gegen eine Partei werben“ gehandelt hat.
Nochmal zur Erinnerung: Parallel liefen zwei Petitionen auf Campact, die beide bereits im November eingestellt worden waren, aber erst mit der Correctiv-Kampagne groß wurden. Die eine richtete sich auf ein Verbot der AfD, die andere darauf, dem Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke die bürgerlichen Ehrenrechte abzuerkennen, insbesondere das passive Wahlrecht.
Die Argumentation der Bundesregierung, die sich vor allem auf die Frage der Gemeinnützigkeit bezieht, ist insofern unlauter, als auch staatliche Zuschüsse Thema der Anfrage waren. Bundesmittel aber sind Steuergelder, also zwangsweise von allen Bürgern gleichermaßen erhobene Abgaben, über deren Verwendung die Bundesregierung dem Bundestag rechenschaftspflichtig ist. Diese Gelder werden auch von Bürgern einbehalten, deren politische Überzeugung ganz und gar nicht mit jener übereinstimmt, die die Firma Correctiv vertritt, und die dem Laden aus freier Entscheidung keinen Cent zukommen lassen würden.
Das ist der Hintergrund dafür, dass die politischen Tätigkeiten von gemeinnützigen Organisationen Beschränkungen unterliegen. Denn die steuerlichen Ersparnisse, die den Spendern zugutekommen, müssen von anderen Steuerzahlern durch deren Zahlungen ausgeglichen werden. Noch schärfer ist das bei direkter staatlicher Förderung zu sehen.
Nun sind Fälle bekannt, in denen bei Weitem nicht solche Hemmungen vorhanden waren, wie sie jetzt in der Antwort auf diese Anfrage simuliert werden. Das Urteil des Bundesfinanzhofs, die politische Tätigkeit gemeinnütziger Vereine betreffend, wurde schließlich durch den Entzug der Gemeinnützigkeit von Attac e.V. ausgelöst. Attac befasste sich allerdings mit weitaus abstrakteren politischen Fragen.
Ein weiteres Beispiel dafür, wie mit der Gemeinnützigkeit umgegangen wird, wenn die politische Richtung nicht schmeckt, ist das Vorgehen gegen den Friedensbrücke-Kriegsopferhilfe e.V., bei dem ein Veranstaltungsaufruf und fünf Reden der Vorsitzenden auf Friedenskundgebungen im Verlauf von drei Jahren (!) schon als zu viel politische Tätigkeit bewertet wurden. „Neben natürlichen Personen können auch inländische juristische Personen des Privatrechts und nichtrechtsfähige Personenvereinigungen (Art. 19 Abs. 3 GG) Träger dieses Grundrechts auf Versammlungsfreiheit sein“, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort. Das scheint aber nur zu gelten, wenn die Versammlung der Bundesregierung genehm ist. Daran änderte auch die Formulierung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung nichts, in dem es heißt, dass es „nicht zu beanstanden ist, wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft außerhalb ihrer Satzungszwecke vereinzelt zu tagespolitischen Themen Stellung nimmt“.
Das, was Correctiv mit dieser Potsdam-Fälschung getan hat, war aber nicht eine vereinzelte Stellungnahme zu tagespolitischen Themen. Es war die gezielte, vorbereitete und abgesprochene Erzeugung eines tagespolitischen Themas. Das dann mit Verve von den Leitmedien aufgegriffen und durchgenudelt wurde. „Vereinzelt Stellung nehmen“ impliziert eine qualitative und quantitative Grenze. Die Fälschung von Correctiv war der Auslöser, um hunderttausende Deutsche auf die Straße zu bringen, um gegen eine Gefahr zu demonstrieren, die schlicht erfunden war.
Das Interessante ist der Zirkelschluss, der sich vielfach ergibt. Besonders schön findet er sich im Zusammenhang mit „Hass und Hetze“, dieser beliebten Floskel, die zu Corona-Zeiten erfunden wurde, um Abweichung abzuwerten. Wenn man die entsprechenden Gesetze verschärft und (und das auch noch mit öffentlichen Geldern) Stellen schafft, deren Aufgabe es ist, beispielsweise in sozialen Medien nach durch diese verschärften Regelungen inkriminierbaren Äußerungen zu suchen und sie zur Anzeige zu bringen, ergibt das – was man im Zusammenhang mit „rechtsextremistischen Straftaten“ in den vergangenen Jahren beobachten konnte – unvermeidlich stetig steigende Zahlen, schon allein, weil diese Stellen ihre Existenz rechtfertigen müssen.
Was diese Zahlen dann auch tun; und gleichzeitig den Eindruck vermitteln, da gäbe es eine wachsende Gefahr, die aber faktisch gar nicht besteht, sondern nur das Ergebnis veränderter Definitionen und eingesetzter Steuergelder ist. Wenn man ein Gesetz schaffen würde, das es zum Straftatbestand erklärt, jemanden als Anhänger von Schalke 04 zu bezeichnen, und dann Stellen fördert, die nach Aussagen forschen, in denen das Wort Schalke 04 vorkommt, würde man unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass die Diskriminierung von Schalke-Anhängern stetig zunimmt; und zwar im direkt proportionalen Verhältnis zur Zahl der geschaffenen Stellen, die dank der Rückkopplung selbst immer weiter zunehmen. Ein beobachtetes Ereignis also, das erst durch die Beobachtung selbst entsteht.
Das wäre für sich genommen schon schlimm genug, weil es die Wahrnehmung genau jener „Zivilgesellschaft“ verzerrt, die der Bundesregierung angeblich so wichtig ist. In den aktuellen Auseinandersetzungen in den USA kann man sehen, dass das Ergebnis außerdem das Gegenteil von „Arbeit gegen die Polarisierung in der Gesellschaft“ ist. Je dichter das Gewebe zwischen Regierung und Medien und dann noch diesen eigenartigen Organisationen ist, desto stärker ist die Polarisierung, auch weil die Möglichkeit, überhaupt noch einen Dialog über strittige Fragen führen zu können, dadurch massiv untergraben wird. Allerdings, auch das lässt sich am Beispiel der USA erkennen, führt das zu langfristig kompletten Fehlsteuerungen, weil die reale Position der Bevölkerung gar nicht mehr (oder nur indirekt, wie beispielsweise am Rückgang der Rekrutierung für eine woke Armee) wahrnehmbar ist.
Was da im Januar 2024 durchgezogen wurde, hatte aber eine eindeutige Stoßrichtung, die nicht auf die „weiche“ Form politischer Einschränkung über die Unterbindung bestimmter Debatten zielte, sondern auf eine sehr „harte“, nämlich ein formelles Verbot einer großen Oppositionspartei. Darf eine Regierung eine Organisation fördern, die das Ziel verfolgt, eine Oppositionspartei zu verbieten? Nicht nur gegen sie Werbung zu betreiben oder gegen sie zu argumentieren, sondern ihre gesamte Tätigkeit dauerhaft zu unterbinden?
Es ist nicht so, als hätte diese Kampagne Anfang letzten Jahres keine Folgen gehabt. Kontenkündigungen zum Beispiel. Das ist ebenfalls einer der wichtigen Punkte: Handlungen, die selbst darauf abzielen, die Meinungsbildung in eine bestimmte Richtung zu fördern, sind das eine. Handlungen, die darauf abzielen, die Meinungsäußerung in einer anderen Richtung oder gar die Organisationsfreiheit zu unterbinden, sind etwas ganz Anderes.
Aber damit sind wir noch lange nicht am Ende der Fahnenstange. Die Potsdam-Kampagne von Correctiv entstand zudem unter Nutzung geheimdienstlicher Mittel. Was vielleicht, sehr vielleicht, wenn denn auf dem dargestellten Treffen Straftaten stattgefunden hätten oder zu diesen aufgefordert worden wäre, noch legitim gewesen wäre, im Rahmen des „investigativen Journalismus“, der sich immer in einer Grauzone bewegt. Dem war aber nicht so. Was die Nutzung der besagten Mittel zum Ausforschen einer nicht öffentlichen Versammlung zu einer massiven Verletzung der Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten macht (die auch Personen haben, die man nicht leiden kann), und die darauffolgende Veröffentlichung zu einem schweren Angriff auf die persönliche Ehre.
Und jetzt kommt der ganz dicke Pferdefuß. Correctiv ist bei weitem nicht die einzige dieser Truppen, die auf jede denkbare Weise allen möglichen Personen nachspürt. Da wird auch gerne gedoxt, es werden also private Informationen, einschließlich Bild und Adresse, veröffentlicht. Es wird berichtet, wer sich wann mit wem getroffen hat. Dabei werden auch illegale Mittel zur Informationsbeschaffung genutzt. Das Vergnügen hatte ich selbst im letzten Jahr, als ein Journalist, der auch für den WDR arbeitet, eine Quittung für eine Internetbestellung, die ich Monate davor gemacht hatte, veröffentlichte – ein Beleg, der nur auf illegale Weise beschafft worden sein konnte.
Und nun werfen wir einen Blick zurück auf eines der Meisterstücke des Innenministeriums von Nancy Faeser, die Änderung des Verfassungsschutzgesetzes. Interessant ist hierbei der Paragraf 25d, „Übermittlung von personenbezogenen Daten aus allgemein zugänglichen Quellen“. Das, was so eine Organisation wie Correctiv sammelt und veröffentlicht, und sei es auf einer dubiosen Seite in den hintersten Tiefen des Internets, darf von den Verfassungsschutzbehörden auch dann nicht nur gespeichert und verwertet, sondern sogar an Dritte übermittelt werden. Nicht zu vergessen die möglichen Anrufe beim Arbeitgeber, der Hausbank und dem Vermieter.
Hier sind wir bei einem weiteren geschlossenen Kreislauf, der verfassungsrechtlich noch weitaus problematischer ist. Denn dass der Verfassungsschutz zumindest noch ansatzweise beschränkte Befugnisse hat, ist tatsächlich eine Konsequenz aus der Erfahrung mit der Gestapo. Der letzte Rest einer Konsequenz, die bereits durch die Gründung des Verfassungsschutzes selbst beschädigt wurde.
Organisationen, die mit Steuergeldern finanziert Personen mit geheimdienstlichen Mitteln ausforschen, um anschließend die Ergebnisse dieser Ausforschung mehr oder weniger öffentlich zu machen, damit ebendiese auch nach den gesetzlichen Vorgaben für die Arbeit des Verfassungsschutzes dann ungehindert von dieser Behörde genutzt werden können, das ist nicht nur einfach unlauter und illegal. Kombiniert mit den „Ich ruf alle an“-Rechten, die Faeser der Behörde erteilt hat, ergibt das eine vollwertige Geheimpolizei, in der sich Ermittlung, Urteil und Vollstreckung paaren, und das, gerade im Bereich des „Debanking“ und ähnlicher Freundlichkeiten, völlig ohne jede Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung.
Hätte der Verfassungsschutz selbst zu den Methoden gegriffen, die Correctiv eingesetzt hat, hätte er die Betroffenen zumindest nachträglich informieren müssen, und die Handlung wäre ein Behördenhandeln gewesen, gegen das geklagt werden könnte. Das „Outsourcing“ derartiger Handlungen an öffentlich finanzierte Strukturen, die man als „zivilgesellschaftlich“ etikettiert, bietet die Möglichkeit, alle gesetzlichen Beschränkungen zu umgehen. Wenn irgendetwas die Bezeichnung verfassungsfeindlich verdient hat, dann das. „Schattenstruktur“ ist da ein Euphemismus.
Anmerkung:
Vorstehender Beitrag von Dagmar Henn wurde unter dem Titel „Migration statt Innovation? Deutschlands problematischer Wirtschaftskurs“ am 13.3.2025 in „RT DE“ erstveröffentlicht. Die Seiten von „RT“ sind über den Tor-Browser zu empfangen.
Siehe auch die Beiträge
- USA-Russland – Wer hat von wem Hyperschalltechnologie gestohlen? von Rainer Rupp
- Der Hintergrund von Selenskijs Fake-„Siegesplan“ – Serie: NATO an die Front (Teil 1/2) von Rainer Rupp
- Die Optionen und möglichen Reaktionen Russlands auf eine direkte Kriegsteilnahme der USA und anderer NATO-Länder in der Ukraine – Serie: NATO an die Front (Teil 2/2) von Rainer Rupp
- Prof. Mearsheimers Blick auf Europa, den Ukraine-Krieg und die USA-Russland-Beziehungen von Rainer Rupp
im WELTEXPRESS.
Anzeige:
Reisen aller Art, aber nicht von der Stange, sondern maßgeschneidert und mit Persönlichkeiten – auch Reisen durch Deutschland –, bietet Retroreisen an. Bei Retroreisen wird kein Etikettenschwindel betrieben, sondern die Begriffe Sustainability, Fair Travel und Slow Food werden großgeschrieben.