In diesem Kontext stehen auch die beim Gipfel angekündigten Milliardenhilfen der EU für Tunesien und Ägypten sowie die Einladung afrikanischer Staatschefs, deren Länder auf dem Weg zur Demokratisierung seien. „Nach der Fehleinschätzung zu Beginn der Protestwelle in Tunesien will Sarkozy zeigen, dass er die Zeichen der Zeit verstanden hat und bereit ist, die außenpolitische Führungsrolle in Europa zu übernehmen. Damit will er vor allem innenpolitisch punkten.“
Dies entspreche zwar dem Willen vieler Franzosen, die mehrheitlich hinter dem Libyen-Einsatz stünden, sei aber nicht wahlentscheidend. Für die Bevölkerung zählen Wirtschaftswachstum, der Abbau der hohen Arbeitslosigkeit besonders unter Jugendlichen, die Reform des Rentensystems und Maßnahmen gegen die hohe Staatsverschuldung. „Und dabei schneidet Sarkozy schlecht ab. Umfragen zufolge sind zwei Drittel der Franzosen mit seiner Politik unzufrieden.“ Die Wirtschaftskraft Frankreichs sei im Vergleich zu Deutschland niedriger, Frankreich zeige sich aber deutlich aktiver auf der internationalen Bühne.
Beim kommenden G8-Gipfel erwartet die DGAP-Expertin, dass die Bundesregierung die Nominierung von Christine Lagarde als Kandidatin für den IWF-Vorsitz unterstützt. Neue Meinungsverschiedenheiten seien jedoch bereits absehbar. „Der Antrag auf die Anerkennung eines Staates Palästina bei der UN und divergierende Ansichten zur Atompolitik und zu einer EU-Wirtschaftsregierung werden bald wieder für Debatten sorgen.“
Deutschland und Frankreich rät die Wissenschaftlerin, „sich nicht nur über kurzfristige Entscheidungen abstimmen, sondern auch die strategischen Ziele der eigenen Außen- und Wirtschaftspolitik ehrlich zu formulieren und sich damit grundlegend auseinanderzusetzen.“
Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V., Berlin, 25.05.2011.