Der Tagesspiegel und die Schleimspur um Biden

Eine Schleimspur hinter einer Schnecke. Quelle: Pixabay, Foto: Janja

Berlin, BRD (Weltexpress). Der große Empfang für den faktisch längst abgetretenen US-Präsidenten ist ausgesprochen grotesk. Die deutsche Selbstentleibung im US-Interesse wird auch noch mit zeremoniellem Dank garniert. Dem Tagesspiegel geht selbst das nicht weit genug.

Es gibt anscheinend Menschen, deren Wunsch nach Demütigung so ausgeprägt ist, dass er nicht einmal durch die Verleihung des höchsten deutschen Ordens an US-Präsident Joe Biden gestillt wird. Auch nicht durch die auf Englisch gehaltene Ansprache von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier oder den seltsam geschmeichelten Gesichtsausdruck der Zuhörer, die dem nuschelnden Greis aus Washington lauschen, als wäre das eine Ehre.

Gut, der Tagesspiegel ist in seinem  Verhältnis zu den USA immer klar positioniert. Aber der heutige Kommentar von Christoph von Marschall setzt wirklich völlig neue Maßstäbe, was Unterwürfigkeit angeht. Und das, obwohl die Konkurrenz durch Bundeskanzler Olaf Scholz (das berühmte „Nord-Stream-Grinsen“) wirklich stark ist.

„Joe Bidens Abschiedsbesuch: Ein erstaunlicher Unwille, Dankbarkeit zu zeigen“ ist der Titel des Ergusses. Wobei sich durchaus die Frage stellt, was denn da noch im Angebot sein soll, wenn man dem objektiv größten Feind des eigenen Landes schon den dicksten Orden umhängt, den es überhaupt gibt. Egal. Marschall hat eine ganz andere Fantasie: „Ginge es in den deutsch-amerikanischen Beziehungen mit rechten Dingen zu, müssten sich die Spitzenpolitiker in die Talkshows drängen, um sich bei Joe Biden zu bedanken.

Bürgerinnen und Bürger könnten mit US-Fähnchen die Straßenränder säumen, um den Präsidenten zu ehren. Denn die Deutschen haben ihm viel zu verdanken.“

Sicher doch. Die Zerstörung der volkswirtschaftlichen Basis beispielsweise, dank der Sprengung von Nord Stream. Die Verwicklung in einen Krieg gegen Russland, der jederzeit zu eskalieren droht. Mehr als eine Million Ukrainer in Deutschland, von denen ein nicht allzu geringer Teil einen Reimport der Naziideologie befördert. Eine stetig wachsende Leidenschaft für Geschichtsfälschung und für die Verleugnung der Rolle, die die Sowjetunion bei der Zerschlagung des Hitlerfaschismus gespielt hat. Nur mal so zum Einstieg.

Eigentlich müssten die Deutschen am Straßenrand stehen, um die Kolonne des Greises mit faulen Eiern oder Tomaten zu bewerfen, mindestens. Nein, eigentlich dürfte er deutschen Boden gar nicht mehr betreten, weil er eine Kriegshandlung gegen Deutschland befohlen hat.

Fähnchen am Straßenrand. Womöglich noch Schlangen bilden zum Stiefellecken?

„In Europa geht es um Krieg und Frieden – und dass Deutschland bisher so glimpflich davongekommen ist, verdankt es den USA.“

Reizend. Gebt doch wenigstens ehrlich zu, dass es um die Vormacht des US-Dollars geht, für die mal eben ein paar Hunderttausend in einem sinnlosen Krieg verheizt werden. Der, das lässt sich in vielen kleinen Details nachweisen, weit hinter Viktoria Nulands berühmte fünf Milliarden Dollar zurück, von den USA gemacht worden ist. Und von Joe Biden. Persönlich. Mitsamt Familienanhang. Ich sage nur Burisma.

Diese Vormacht des US-Dollars ist nur für eine sehr, sehr kleine Gruppe Deutscher von Nutzen. Die britische Wohlfahrtsorganisation Oxfam veröffentlicht Angaben darüber, wie umfangreich noch die Gruppe von Superreichen ist, die die größten Teile der westlichen Wirtschaft kontrollieren. Dafür reicht längst ein Flugzeug. Anfang des Jahres veröffentlichten sie einen Bericht, nach dem seit Beginn des Jahrzehnts 60 Prozent der Menschheit ärmer geworden, die fünf reichsten Milliardäre jedoch ihr Vermögen mehr als verdoppelt haben. Der Hebel, der die wachsende Armut in wachsenden Reichtum verwandelt, ist die Dollar-Hegemonie. Dumm nur, dass eben auch die Deutschen (eine Handvoll ausgenommen) in die Kategorie gehören, denen die Butter vom Brot genommen wird. Und weil diese Dollar-Hegemonie wackelt, musste der Krieg in der Ukraine her.

„Joe Biden ist die Autorität, die die Hilfskoalition für die Ukraine zusammenhält. Weder Olaf Scholz noch Emmanuel Macron noch Ursula von der Leyen kann ihn ersetzen. Ohne Joe Biden hätten die Europäer alleine mit Aggressor Putin fertig werden müssen. Das wäre wohl schiefgegangen.“

Ohne Joe Biden, der schon 2014 als Obamas Vizepräsident bis zur Halskrause in die Ukraine verwickelt war (was sicher unproblematisch war, weil das Korruptionsniveau der Ukraine und das der Biden-Familie höchst kompatibel sind), gäbe es diesen Krieg nicht, der im Grunde schon mit dem Maidan-Putsch begann. Angefangen mit Frank-Walter Steinmeier, der am Tag vor dem Putsch den Türöffner für die Bandera-Horden gab, gab es in der ganzen Zeit seitdem keinen verantwortlichen deutschen Politiker, der genug Verstand und Rückgrat besessen hätte, die Entwicklung aufzuhalten. Oder es war die Gier, die Erwartung, man könne Russland schnell kleinkriegen und sich dann an all den Bodenschätzen gütlich tun, umsonst, wenn der große Bruder von der Beute etwas abgibt.

Wobei, es stellt sich ja durchaus die Frage, wofür der Joe Biden von heute noch verantwortlich sein kann, kognitiv gesprochen. 2014 jedenfalls war er es noch, und hat fleißig an der Suppe gerührt, die wir heute löffeln dürfen.

Aber es ist ja alles gar nicht wahr, dass die USA Deutschland etwas aufzwängen, ist Marschall überzeugt, und erzählt eine ganz andere Geschichte. Nicht nur, dass die Bundesregierung „mit Nachdruck“ um Bidens Besuch gebeten habe. Sollen ihm „Menschen in Washington“ gesagt haben, also gewissermaßen die Kleingeldausgabe der berüchtigten „anonymen Regierungsmitarbeiter“. Nein, auch das mit den Raketen, die in Deutschland stationiert werden sollen, sei ganz anders gelaufen: „Deutschland hat die Regierung Biden seit langem bedrängt, die Abschreckungswaffen zu liefern. Und Biden liefert, obwohl die USA selbst knapp dran sind.“

Ist das eine Art westdeutsches Kindheitstrauma, das sich jetzt im Erwachsenenalter bei solchen wie Marschall als Wiederholungszwang ausdrückt? Weil es so schön war, damals, als Deutschland von den USA noch als atomares Schlachtfeld vorgesehen war, aber spätestens seit dem Pershing-Abzug das Leben so unerträglich langweilig wurde?

Selbstverständlich benennt Marschall bei diesem Punkt weder Ross noch Reiter. Es könnte nämlich sein, dass andere Deutsche, die lieber keine US-Raketen im Vorgarten haben, dann persönlich angefasst reagieren. Also völlig anonyme, funktionslose Menschen in Washington beteuern, dass noch weit anonymere Deutsche geradezu um Raketen gebettelt haben. Schönen Dank auch.

Was meint Marschall zum Schluss?

„Dass Politik und Gesellschaft in Deutschland das Naheliegende tun? Nämlich: sich bei Biden aus ganzem Herzen zu bedanken, statt sich in falsche Legenden zu flüchten.“

Ach ja. Das Herz. Würde ich nur meinem Herzen folgen, und nicht meinem Verstand, gäbe es in Bezug auf Dank an Joe Biden nur eine Frage: welches Kaliber? Doch wenn die blutbesudelten letzten Jahre eines gelehrt haben, dann, dass die Köpfe der Hydra ersetzbar sind und dass ein Sieg in diesen Kämpfen nur möglich ist, wenn man umso eiserner an der eigenen Menschlichkeit festhält, je dreister und offener sie von den Joe Bidens dieser Welt preisgegeben wird; auch wenn es schmerzt.

Und die Marschalls? Ziehen weiter ihre Schleimspuren durch den europäischen Garten. Vielleicht helfen dagegen irgendwann ein paar asiatische Enten.

Anmerkungen:

Vorstehender Beitrag von Dagmar Henn wurde unter dem Titel „Der Tagesspiegel und die Schleimspur um Biden“ am 19.10.2024 in „RT DE“ erstveröffentlicht. Die Seiten von „RT“ sind über den Tor-Browser zu empfangen.

Siehe die Beiträge

im WELTEXPRESS.

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