Noch stärker aber um die Psyche, die denen innewohnt, die nur mit Disziplin und einer unerhörten Härte gegen sich selbst dazu kommen, sportlich oder tänzerisch Höchstleistungen zu erreichen. Zweifellos ist die Nina der Natalie Portman von dieser Art. Glaubt man erst, sie sei halt tanztechnisch schon weit gekommen auf dem Weg zur Primaballerina, fleißig, brav, zu Hause bei der Mutter wohnend mit realistischen Erwartungen an die Zukunft, so schwingt doch schnell das Gegenbild mit: gefangen ist sie, diese Nina, nicht nur in die eigenen Erwartungen als Tanzstar, sondern im eigenen Körper gefangen, dem nur Tanzen erlaubt ist, gefangen auch in der mütterlichen Liebe und Wohnung, denn Mutterliebe heißt hier, daß das Kind das erfüllen soll, was die Mutter ihretwegen aufgegeben hatte: die Tanzkarriere.
Wie nun Aronofsky die Zerstörung der Tänzerin durch sich selbst inszeniert, indem er die Vorlage in Tschaikowskys „Schwanensee“ mit dem weißen und den schwarzem Schwan und dem tödlichen Ende in die Tänzerin selbst verlegt, ist genial. Aber die Tänzerin ist nur das Konstrukt für Grundsatzüberlegungen, wie sich zwei widerstrebende Seiten in ein und derselben Sache oder Person vereinigen lassen oder die Person oder Sache sprengen. Damit ist diese filmische Zuspitzung auch eine Aussage über das Leben, über Realität und Wahn, über Kunst und Untergang.
„72 Stunden – The Next Three Days“
Die Ausgangssituation ist nicht neu, aber spannend immer: Da lebt eine Familie, Vater John (Russell Crowe), Mutter Lara (Elizabeth Banks) und Sohn Luke in einer heilen Welt. Auf einmal wird Lara Brennan wegen Mordverdacht festgenommen, weil so viele Indizien gegen sie sprechen, die dann auch zu ihrer Verurteilung führen. Der Ehemann glaubt an ihre Unschuld und will sie aus dem Gefängnis befreien. Aber wie macht man so was, wenn man kein Krimineller ist? Man nimmt Kontakt mit der Unterwelt auf, besorgt falsche Pässe und entwickelt eine derartige kriminelle Energie, daß der Zuschauer sich fragt, warum bisher dieser Englischlehrer John nicht straffällig wurde und selbst im Gefängnis sitzt.
Leider ist aus der tollen Geschichte, die eine Wiederauflage eines französischen Thrillers „Pour Elle“ ist, kein guter Film geworden, der dem Sujet entspräche. Dagegen spricht unter der Regie des Paul Harris die Verworrenheit, die auf der Leinwand angesichts von tausend Fäden entsteht, die angedeutet, dann aber weder entwirrt werden noch gebündelt. Zu viel ist schlecht, denn die Konzentration auf die eigentliche Frage, ist diese Frau schuldig oder nicht, bleibt auf der Strecke und das Ende zeigt dann, nein, vom Ende dürfen wir hier nichts verraten, aber da fühlt man sich dann schon verschaukelt, wie einfach alles zu lösen gewesen wäre.
„Die Vorstadtkrokodile 3“
Das ist eine ähnliche Geschichte, wie die von oben. Da die beiden vorherigen Versionen als Adaptionen von Kinderklassikern gut im Kino liefen und auch gut gemacht waren, lag es nahe, sehr rasch eine dritte Geschichte dran zu hängen, will man sie im gleichen Kontext erzählen und nicht eine Entwicklungsgeschichte daraus machen, weil Kinder eben wachsen und ihr Äußeres verändern. Also rasch die Vorstadtkrokodile 3, die unter der Regie von Wolfgang Gross die Kinder ins Gefängnis steckt und eine Ausbruchsorgie in Gang setzen. Alles also sehr wahrscheinlich. Schade.
„Im Alter von Ellen“
Ein deutscher Film. Ein deutscher Film, der unter die Haut geht. Es ist Ellen (die französische Filmschauspielerin Jeanne Balibar), die uns lehrt, was Niederlagen und Konsequenzen daraus sind. Regisseurin Pia Marais führt uns in eine filmische Dokumentationssituation und verführt uns mit Ellen und der Geschichte zu einem intensiven Blick auf unseren eigenen Alltag. Der Blick kommt von außen, denn Stewardeß Ellen hat sowieso alles satt: den Beruf, die Liebe und das Leben erst recht. Nun ist sie gerade in Afrika, lernt einen Kindersoldaten kennen, der in den Krieg zieht. Gerne verpaßt sie ihren Dienst und Rückflug nach Europa. Ihr wird der Rausschmiß verpaßt.
Ihre Dienstuniform allerdings behält sie an. Das wirkt sowieso schon absurd, wie mitten in Alltagsbildern, dieses Stewardeß-Sein eine Fremdheit von sich selbst vermittelt und von den anderen Personen auch. Ellen kommt nach Deutschland und schließt sich einer Tierschützergruppe an. Nun ist sie radikale Tierschützerin und Aktivistin dazu – das alles in Uniform. Sie befreit die Tiere und immer kontinuierlich auch sich. Vorher allerdings ihre Umgebung, die Männer, denn Liebe gibt es auch, schlechte und gute, und das alles in einer Abgehobenheit vom Sein, die uns das alltägliche Sein in Deutschland dadurch umso echter und härter zeigt. Bestürzend und sehr gut gemacht.
Weitere Filme, die anlaufen
„Glückliche Fügung“ ist auch ein deutscher Film, in dem eine junge Frau (Annika Kuhl) nach einem Beischlaf mit einem jungen Mann (Stefan Rudolf) ein Kind bekommt, das der Erzeuger sogar will und nun der Familie ein Heim schafft, ein Unheim. „Good Food Bad Food“ ist eine Dokumentation von Coline Serreau, die als Anleitung dienen könnte, für ökologisch einwandfreie Landwirtsschaft, die die heutige umweltschädigende ersetzten muß. Dazu reiste die Filmemacherin rund um die Welt und interviewte Bio-Bauern. Das ist spannend gemacht. „Woher weißt du, daß es Liebe ist?“ handelt von einer Dreiecksgeschichte, in der Reese Witherspoon sich nicht zwischen zwei Männern entscheiden mag, was sie sehr unterhaltsam unter der Regie von James L. Brooks tut. „Kutsal Damacana 3 – Dracoola“ ist ein blutrünstiger Vampirfilm, der aber als Komödie daherkommt und vor 600 Jahren zu spielen anfängt. Denn da wurde er eingesperrt, der Fürst von Transsylvanien, wofür er sich jetzt rächt.