Weltmacht China

Vier Uniformierte tragen eine Flagge der Volksrepublik China, auch Rotchina genannt. Quelle: Pixabay, Foto: Ray Wong

Wien, Österreich (Weltexpress). China sorgt für weltpolitische Schlagzeilen: Der erste Staatsbesuch des Starken Mannes im Reich der Mitte, Xi Jinping, bei Putin seit der russischen Invasion in der Ukraine und kurz zuvor die Vermittlung zwischen den traditionell verfeindeten nahöstlichen Mächten Saudiarabien und Iran – ein diplomatischer Überraschungscoup für Peking. Dass Xi seinen Freundschaftsbesuch just in dem Moment antritt, da der Internationale Strafgerichtshof einen historisch beispiellosen Haftbefehl gegen den russischen Herrscher erlassen hat, versetzt die chinesische Ukraine-Friedensinitiative in ein bedenkliches Zwielicht. Aber systematische Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen des Moskauer Despoten stören die Chinesen ebenso wenig wie die das brutale Vorgehen der Iraner gegen das eigene Volk oder der grausame Mord von Agenten der saudischen Königsfamilie am Journalisten Khashoggi. Die Chinesen wissen, was sie wollen, und sie streben dies skrupellos an: Den Status der zweiten Weltmacht neben – oder sogar vor – den USA. Im Nahen Osten haben die Chinesen momentan die Nase vorn.

Sollte Xi bei seiner Visite nicht nur Friedensvorschläge sondern auch Offensivwaffen wie Drohnen und Artilleriemunition im Gepäck mitbringen, würde dies auf eine direkte Konfrontation chinesischer mit Nato-Waffen hinauslaufen – eine bedrohliche Zuspitzung der internationalen Lage. Russland wird, als Folge der westlichen Sanktionen, von China abhängiger als es je zuvor vom Westen war. China profitiert von vergünstigten Energielieferungen aus Russland; 30 % der russischen Exporte gehen schon jetzt nach China und 40 % der russischen Importe kommen von dort – chinesische Konsumgüter und Technologie verdrängen die westlichen, der Yuan den Dollar.

In Xi’s Zwölfpunkteplan fehlen auffälligerweise zwei Dinge: Eine Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine und die Aufforderung, sich aus den russisch besetzten Gebieten zurückzuziehen. Das macht die Sache erfreulich für Putin – und inakzeptabel für Selenski. Noch vor acht Jahren hatte derselbe Xi Jinping erklärt, dass China die Ukraine im Falle eines Nuklearangriffs unterstützen würde. Solche Versprechungen klingen mittlerweile reichlich hohl. Für Putin ist diese mit imperialem Pomp zelebrierte Visite ein Triumph – einer der mächtigsten Staatsmänner der Welt durchbricht damit dessen internationale Isolation. Zudem kann er sich durch die Umarmung Chinas, dem großen Gegenspieler der USA, an Biden für dessen Unterstützung der Ukraine rächen. Und China selbst, das allzu gern von akuten Wirtschaftsprobleme ablenken möchte, könnte im Schatten des Ukraine-Krieges seine Invasionspläne gegen Taiwan vorantreiben.

Anmerkung:

Vorstehender Beitrag von Dr. Charles E. Ritterband wurde am 23.3.2023 in „Vorarlberger Nachrichten“ erstveröffentlicht.

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