Eric Edelmann, der US-Botschafter in Ankara, schrieb am 30. Dezember 2004 eine Abhandlung über den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan mit dem Titel: „Erdogan und die AK-Partei nach zwei Jahren an der Macht: Der Versuch, sich selber, die Türkei und Europa in den Griff zu kriegen.“ Zu Korruptionsgerüchten, die immer wieder kursieren, schreibt Edelmann: „Von zwei Kontakten haben wir gehört, dass Erdogan acht Konten auf Schweizer Banken haben soll“. Weiterhin schreibt der Botschafter: „Seine Erklärungen, dass sein Vermögen von Hochzeitsgeschenken stammt, die Gäste seinem Sohn gegeben haben, und dass ein türkischer Geschäftsmann die Ausbildungsausgaben aller vier Erdogan-Kinder in den USA aus reinem Altruismus bezahlt, sind lahm“.
Im Zusammenhang mit Korruption würden jeweils der Innen- und der Außenhandels-Minister erwähnt, schreibt Edelmann. Ermittlungen hätten zudem belastende Indizien gegen Erdogan ergeben. Noch sei in der Türkei der Wille klein, Erdogan und seine Partei unter die Lupe zu nehmen, die beim Amtsantritt versprochen hatten, die Korruption auszurotten. Jedoch handele sich hier um eine „Zeitbombe“.
Der anatolische Volkstribun
Nicht nur die Amerikaner sehen Tayyip als „Volkstribun“, seine Anhänger mögen ihn, weil er ein solcher ist. Dagegen gilt Ahmet Davutoglu als „äußerst gefährlich“ und als „Fantast“. Laut ausgewogenen Analysen über die neue Außenpolitik der Türkei von Anfang 2010, die sich in den von Wikileaks veröffentlichten Papieren befinden, wird gefragt: „Heißt das, die Türkei konzentriert sich nun mehr auf die islamische Welt? Absolut! Heißt das, dass sie ihre Westorientierung deshalb aufgibt? Absolut nicht!“
Über eine Bemerkung wird sich Ministerpräsident Erdogan sicherlich freuen: „Wir sehen niemanden Besseren am Horizont“. Darüber sollten die Oppositionsparteien einmal scharf nachdenken!