Soll Schottland ein unabhängiger Staat sein? – Ja!

Yes Scotland (Screenshot von einem Video auf www.yesscotland.net vom 24.07.2014)

Anders gesagt: Für viele Schotten, die wählen wollen würden, sind die Schotten dicht. Sie dürfen nicht. Trotzdem wird die Wahlbeteiligung hoch sein. Denn eine alles entscheidende, eine existentielle Frage über die Souveränität von Leuten in einem Land, die sich nicht von anderen Völkern und fernen Interessen fremdbestimmen lassen wollen, soll und muß vom Souverän, dem Volk, beantwortet werden.

Zu den Wahlberechtigten zählen zudem die Nutznießer der Deindustrialisierung Schottlands, die mit Beginn der Amtszeit von Magaret Thatcher und also ab 1979 einsetzte. Mit Thatcher verbinden viel Schotten die Wandlung vom Industriekapitalismus zum Finanzkaitalismus und die zunehmende Unterwerfung des Primats der Politik und dem der Ökonomie, wobei wir unter Thatcherismus auch einem Abbau von Aufgaben des Staates zum „schlanken Staat“ verstehen, der für Massen von Menschen, die den Staat nicht nur als Nachtwächter wahrnehmen wollen sondern auch als Wohltäter wahrnehmen müssen. Der Staat, in dem die Schotten leben, wurde für immer mehr immer weniger attraktiv. Großbitannien zeigte sich völlig unverfroren als Staat großer Kapitalisten und nicht als Staat aller Einwohner.

Zeitgleich wurde vor Schottlands Küste erstmals 1975 Öl aus der Nordsee gefördert und an Land gepumpt. Das Ölgeschäft in Aberdeen ging vor allem für Großbritannen und die City of London, die nicht nur ein Weltfinanzplatz ist sondern auch über einen priviligierten politischen Status verfügt, gut aus, während sich das Geschäft mit der Fischerei in Aberdeen immer schlechter gestaltete und heute nur noch Folklore ist. Auch das nagte den Schotten an Leib und Seele.  Keine Frage: In der Citiy of London regiert das Geld und von dort aus so gut es geht die Welt und zwar vereint mit der Wallstreet. Passend zum Tatcherism in Großbritannien erfuhren Millionen US-Amerikaner die Reagonomics. Unter Präsident Ronald Reagan wurden die Spitzensteuersätze in den USA drastisch gesenkt. Soziales wurde über Bord gekippt.

Die Politische Ökonomie unter Reagan und Thatcher – vor allem mit der Reduzierung staatlicher Einnahmen und staatlicher Aufgaben, der Zerstörung der politischen Kraft von Gewerkschaften bis zur Bedeutungslosigkeit und der Privatisierungen von in Händen des Staates befindlichen und monopolisierten Kapitals, führte dazu, dass Reiche reicher und Arme ärmer wurden. Reichtum wurde flächendeckend ein Massenphänomen. In Großbritannien ging das Geld nach London und die Migration der Moneten zu Lasten der Ränder. Besonders die Schotten spürten die Nachteile des Profitstrebens der Unternehmer und der Gier des Geldadels – und zwar nicht nur im Portemonnaie.

In Schottland wuchs die Wut auf Westminister and The City mit Beginn der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts. Die Scottish National Party (SNP) freute sich fortan über stete Zuwächse bei Mitgliedern und Wählern. Zwar wurde unter erst unter Thatcher und später unter Major über ein Mehr an Macht und Herrschaft für Schottland geredet, doch in Wahrheit wurden den Schotten keine Zugeständnisse gegeben. Von den Schotten wurde weiter genommen. Neben einer Verteilung von unten nach oben wurde weiter von Schottland nach London verteilt. Einen echten Ausgleich hat es nie gegeben.

Erst mit Beginn des 21. Jahrhunderts und unter dem Katholiken Blair von der (New) Labour Party erhielt Schottland eine beschränkte Selbstverwaltung und Schotten mehr etwas Macht und Mammon. 2007 wurde die SNP erstmals stärkte Party im schottischen Parlament. Fortan arbeitete sie mit Alex Salmond als Erstem Minister stärker denn je für die Freiheit von Westminster and The City. Die Parole „Unabhängigkeit vom United Kingdom“ wurde ausgegeben. Raus aus Rest-Britannien, das als Pudel Washingtons wahrgenommen wurde, war gemeint.

Wer 2004 bei der Eröffnung des neuen schottischen Parlaments am Ende der Royal Mile in Edinburgh weilte und Eddie Reader hörte, die zum Schluss der Feierstunde im nagelneuen hölzernen Plenarsaal warmherzig die schottische Nationalhymne sang und alle, Abgeordnete und Zuschauer sangen mit Leibeskräften mit, der konnte sich denken, dass Volk und Parteien – alle Abgeordnete reichten sich parteiübergreifend die Hände und lagen sich in den Armen – mehr Freiheit und Unabhängigkeit wollen. Als die SNP 2011 wieder die Wahl gewann und zum ersten Mal die absolute Mehrheit im schottishen Parlament erreichte, was es endlich soweit. Das Referendum ohne Rücksicht auf die Opposition konnte nach dem Willen der Mehrheit angegangen werden. Die Abstimmung sollte in dem Jahr, in dem sich die Schlacht von Bannockurg zum 700. Mal jähren würde – damals wahrte Schottland seine Unabhängigkeit von England -, stattfinden. Zuvor musste Salmond in Edinburgh mit Briten-Premier David Cameron einen Vertrag über eine Ja-Nein-Frage schließen. Daher wird heute in Schottland über die Frage „“Should Scotland be an independent country?” („Soll Schottland ein unabhängiger Staat sein?“)  abgestimmt.

Wie immer die Abstimmung ausgeht, die Art ist schon ein Gewinn, wenn sie auch nicht auf schottische Weise stattfindet. Sollten sich die Schotten für die Freiheit und Unabhängigkeit von Westminister und der City of London entscheiden, dann könnte die formale Unabhängigkeit am 24. März 2016 vollzogen werden. An diesem Tag jährt sich zum 413 Mal die Union of the Crowns der Königreiche Schottland und England. Schottland würde hoffentlicht früher als später frei von Atomwaffen, aber NATO- und EU-Mitglied bleiben.

Es wäre nicht schade um Großbritannien. Zum Rest davon würden neben rund 90 Prozent Engländer noch Waliser und Nordiren gehören. Die Waliser dürfen auf eine weitere Föderalisierung Rest-Britanniens hoffen und die Iren auf eine Einheit in Freiheit. Föderalisierung ist auch für Europa das Zauberwort der Zukunft, denn nichts geht derzeit über die Selbstbestimmung der Völker. Doch diese darf nicht wie zuletzt in Jugoslawien und derzeit in der Ukraine herbeigebomt werden. Der Wind der Freiheit, er wird bei den Korsen, Flamen, Basken, Sarden und Katalanen stärker wehen als bisher. Und das ist gut so. Soll Schottland ein unabhängiger Staat sein? Ja!

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