Kontinuität amerikanischer Weltmachtpläne – US-Präsident Trump stellt neue „Nationale Sicherheitsstrategie“ vor

Donald Trump
Donald Trump, Washington DC, 2017-01-20, zeigt der Welt die Faust. © The White House

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Im Trubel der Vorweihnachstage veröffentlichte das Weiße Haus am 17. Dezember 2017 die neue „Nationale Sicherheitsstrategie der Vereinigten Staaten“ (NSS).(1) In ihr finden sich die außen- und sicherheitspolitischen Prioritäten der Regierung und nicht zuletzt auch die des US-Präsidenten Trump. Man durfte also gespannt sein!

America First

Wie bereits im Wahlkampf angekündigt, geht Trump gleich in der Einführung auf sein Mantra „America First“ ein: „Amerika an die erste Stelle zu setzen, ist die Pflicht unserer Regierung und die Grundlage für die Führungsposition der USA in der Welt. Ein starkes Amerika ist nicht nur im vitalen Interesse der amerikanischen Bevölkerung, sondern auch derjenigen auf der ganzen Welt, die gemeinsam mit den Vereinigten Staaten dieselben Interessen, Werte und Visionen verfolgen. Diese Nationale Sicherheits-Strategie setzt Amerika an die erste Stelle.“

In dem Abschnitt „Eine wettbewerbsfähige Welt“ wird aufgezeigt, wie die Vereinigten Staaten auf die weltweit wachsende politische, wirtschaftliche und militärische Konkurrenz reagieren werden: „China und Russland stellen Macht, Einfluss und Interessen Amerikas vor große Herausforderungen, indem sie versuchen, die Sicherheit und den Wohlstand Amerikas auszuhöhlen. Sie sind entschlossen, die ökonomische Freiheit und Fairness zu untergraben, ihr Militär auszuweiten und mittels Daten- und Informationskontrolle ihre Bevölkerung zu unterdrücken und ihren Einfluss auszuweiten.
Gleichzeitig wollen die Diktaturen der Volksrepublik Korea und der Islamischen Republik Iran andere Regionen destabilisieren, Amerikaner und unsere Verbündeten bedrohen und ihr eigenes Volk brutalisieren.“

Great Again

In seinem Buch „Great Again“(2) hat Trump noch zwischen Russland und China differenziert. Nun stellt er beide Länder auf eine Stufe. Im Kapitel „Kämpfen für den Frieden“ findet sich auf Seite 60 folgende Passage: „Es gibt Menschen, die sich wünschen, ich würde China nicht als unseren Feind bezeichnen. Aber genau das ist das Land doch!…sie haben unsere Unternehmen ausspioniert, unsere Technologie gestohlen, und sie haben ihre Währung manipuliert und abgewertet, was es für uns schwerer und manchmal unmöglich macht, unsere Produkte dort loszuwerden.“ Noch vor China rangierten Nordkorea und Iran. Und ganz oben der Islamische Staat: „Der IS ist unser brutalster Widersacher, und jetzt sitzt er auf all dem Öl im Irak und Syrien, das wir uns hätten holen sollen….Die Menschen sind mittelalterliche Barbaren. Sie schlagen anderen den Kopf ab, sie ertränken Menschen, foltern Menschen. Wir können nicht zulassen, dass sie jemals irgendwo wieder Fuß fassen dürfen.“ Und nun ist die Erfolgsmeldung zu lesen: „Wir haben die Terroristen des Islamischen Staates im Irak und in Syrien auf den Schlachtfeldern von Syrien und dem Irak zerschlagen und werden sie weiter verfolgen, bis sie zerstört sind.“(3)

Nun, die militärischen Aktivitäten der USA gegen den IS waren im letzten Jahr eher zurückhaltend. Die Niederschlagung des IS geht vor allem auf das Konto von Russland. Denn der Terrorismus wird von den USA gern instrumentalisiert, um Staaten für einen Regime-Change zu destabilisieren und einen Militäreinsatz zu rechtfertigen.(4) Immer wieder taucht in dem Papier das Wort „PEACE“ auf – insgesamt 27 mal! Gemeint ist damit nicht der respektvolle Umgang mit anderen Ländern, sondern der „Frieden“ in einer von den USA dominierten unipolaren Welt! Dazu muss die militärische Überlegenheit der USA weiterbestehen und ausgebaut werden: „Wir werden den Frieden durch Stärke wahren, indem wir unser Militär neu aufstellen, damit es vorherrschend bleibt, unsere Feinde abschreckt und, sofern erforderlich, in der Lage ist, zu kämpfen und zu siegen. Wir werden mit allen nationalen Machtmitteln sicherstellen, dass andere Regionen der Welt nicht von einer anderen Macht dominiert werden.“ Dieses Denken ist nicht neu. Es geht auf den US-Präsidenten Truman zurück, der am 26. Juli 1947 den „National Security Act“ (NSS) –erneuert am 2. August 2017 – aus der Taufe hob.

Darin wird eine umfassende Reorganisation der außenpolitischen und militärischen Einrichtungen der US-Regierung angeordnet. Das Gesetz schuf viele der Institutionen – u.a. die CIA -, die dem Präsidenten für die Umsetzung einer angestrebten unipolaren US-Außenpolitik die nötigen Werkzeuge gaben. Die Vorgaben von Truman werden seither jeweils mit modifizierten Strategiepapieren an die aktuelle Lage angepasst.

So wird auch an der „Defense Planning Guidance“ aus dem Jahr von 1992 festgehalten: „Unser erstes Ziel ist, den (Wieder-)Aufstieg eines neuen Rivalen zu verhüten, sei es auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion oder anderswo, der eine Bedrohung der Größenordnung darstellt, wie früher die Sowjetunion… Dies erfordert es, dass wir versuchen müssen zu verhüten, dass irgendeine feindliche Macht eine Region dominiert, deren Ressourcen – unter gefestigter Kontrolle – ausreichen würden, eine Weltmachtposition zu schaffen. Zu diesen Regionen gehören Westeuropa, Ostasien, die Gebiete der ehemaligen Sowjetunion und Südwestasien.“(5)

Es folgte die „Perspektive für die streitkräfteübergreifende Operationsführung im Jahr 2020“ (Joint Vision 2020), ein Strategiepapier, welches das US-Verteidigungsministerium am 30. Mai 2000 veröffentlichte und das Gedanken zu einer „Überlegenheit auf breiter Front“ (engl.: Full-spectrum dominance) der US-Streitkräfte enthielt, damit diese auch im Jahr 2020 den Bedrohungen auf dem gesamten Erdball begegnen können. Eine zentrale Rolle dabei spielt die Fähigkeit zu einem „weltweiten Schlag“ (global strike).

In dem Strategiepapier von 2012 können wir lesen: „Die Vereinigten Staaten haben in den vergangenen fünfundsechzig Jahren [also von 1947 an, W.E.] eine führende Rolle bei der Umwandlung des internationalen Systems gespielt. Durch die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Nationen haben die Vereinigten Staaten eine sicherere, stabilere und wohlhabendere Welt für das amerikanische Volk, unsere Verbündeten und unsere Partner auf der ganzen Welt geschaffen als vor dem Zweiten Weltkrieg. Im letzten Jahrzehnt haben wir ausgedehnte Operationen im Irak und in Afghanistan unternommen, um diesen Ländern Stabilität zu verleihen und unsere Interessen zu sichern.“

Die führende Rolle der USA bei der Umwandlung des internationalen Systems hat im Sinne von Leo Strauss und den Neokonservativen zu einem unglaublichen Chaos und zu immensen Migrantenströmen geführt – Irak und Afghanistan sind von Stabilität weiter entfernt denn je.

„Siegen in einer komplexen Welt“

Im Oktober 2014 wurde das Operationskonzept „Siegen in einer komplexen Welt 2020-2040″(6) auf einer Waffenschau (!) vorgestellt. Erstellt wurde das Papier vom „U.S. Army Training and Doctrine Command“ (TRADOC); es soll den Streitkräften aufzeigen, auf welche Einsätze sie sich künftig vorzubereiten haben.

In diesem Fall sollen sie die künftigen Bedrohungen abwehren: An erster Stellen werden Russland und China genannt, gefolgt von Nordkorea und dem Iran. An letzter Stelle rangiert der Kampf gegen den weltweiten Terrorismus.

Unverblümt wird zugegeben, dass es bei den kommenden Militäreinsätzen um die Veränderungen der geopolitischen Landschaft aufgrund von Konkurrenz um Macht und Reichtum gehen wird. Jedes Land auf dem Globus, das sich dem Hegemon USA widersetzt, wird die harte Führungshand der USA zu spüren bekommen. Dafür soll die US-Armee entsprechende Fähigkeiten entwickeln. Künftigen Gegnern soll es unmöglich gemacht werden, auf eine US-Aggression effektiv zu reagieren.

Ein Vorgängerpapier aus dem Jahr 1994 „Training and Doctrine Command-Pamphlet 525-5“ beschreibt eine dynamische Ära, eine Welt im Übergang. Anstatt den Kommunismus zu bekämpfen, werde man im 21. Jahrhundert gegen nationalen und religiösen Extremismus vorgehen müssen. Das moderne Kriegstheater setzt auf weiterentwickelte Technik wie Kampfroboter und Drohnen sowie auf „Non-Nation Forces“ – Söldnerarmeen, die sich an keine Gesetze halten müssen und nach dem gemessenen Erfolg bezahlt werden. Der Weg in den beabsichtigten Krieg führt nach 525-5 über die gezielte Destabilisierung des Staates, bei dem man zum eigenen Vorteil einen „Regime Change“ herbeiführen will. Ein wichtiges Instrument dabei: Die „Operations other than War“ (OOTW) – gemeint sind Operationen vom Finanz- über den Cyberkrieg und den Einsatz verdeckter Spezialeinheiten bis zum Drohnenkrieg und allen Facetten von Schattenkriegen. Auf der untersten Stufe der Dynamik ist dann wohl die „Demokratie-Förderung“ im Stil des „National Endowment for Democracy“ anzusiedeln. In der Ukraine sind die in 525-5 beschriebenen Eskalationsstufen gut zu beobachten: Aufruhr (Majdan), Krise (Slawjansk) und Konflikt (Krim). Der Krieg konnte bis jetzt auf kleiner Flamme gehalten werden.
Wie an dieser kleinen Aufzählung von Strategiepapieren zu ersehen ist, werden die Vorgaben konsequent umgesetzt! Und dabei scheint es ziemlich unerheblich zu sein, welche Partei gerade regiert.

Hatte Trump noch im Wahlkampf bessere Beziehungen zu Russland knüpfen wollen, so wurde sein auf Ausgleich bedachter Berater Steve Bannon im August 2017 aus dem Amt entfernt. Schon vorher, im Februar, hatte es seinen ersten Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn erwischt. Er wurde wegen seines geschmeidigen Moskau-Kurses von den Hardlinern aus dem Amt gedrängt. Ersetzt wurde er durch den hochdekorierten Soldaten und Russland-Hardliner General Herbert R. McMaster, unter dessen Ägide nun die aktuelle Nationale Sicherheitsstrategie ausgearbeitet wurde. Vor seiner Berufung zum Nationalen Sicherheitsberater war McMaster stellvertretender Kommandierender General des „United States Army Training and Doctrine Command“ (TRADOC) in Fort Monroe, Hampton (Virginia).

Ist Donald Trump, der im Wahlkampf noch dem herrschenden Wall Street- und Kriegs-Establishment den Kampf angesagt hatte und deshalb in den Medien als dummdreister Machtmensch verunglimpft wurde, nun zur Marionette einer US-Militärjunta dreier Generäle – Verteidigungsminister Mattis, Minister für Innere Sicherheit Kelly, Sicherheitsberater MacMaster – geworden?

Anmerkungen:

(1) https://www.whitehouse.gov/wp-content/uploads/2017/12/NSS-Final-12-18-2017-0905.pdf
(2) Donald J. Trump: Great Again! Wie ich Amerika retten werde. Plassen Verlag 2016
(3) https://www.whitehouse.gov/wp-content/uploads/2017/12/NSS-Final-12-18-2017-0905.pdf
(4) Daniele Ganser: Illegale kriege, Zürich 2016
(5) Zitiert aus Jürgen Wagner: „Trumps“ Nationale Sicherheitsstrategie, IMI-Standpunkt 2018/001 am: 9. Januar 2018
(6) http://www.tradoc.army.mil/tpubs/pams/tp525-3-1.pdf 7. Oktober 2014 [18.10.2014]

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