Zusätzliche Transfers im Luxussegment: Die Berlin Volleys wollen mit Nicolas Rossard und Sergej Grankin den 10. Titel unbedingt

Die Mannschaft der BR Volleys nach dem Sieg am Sonntag gegen Düren. © 2019,Foto: Eckhard Herfet

Berlin, Deutschland (Weltexpress). So richtig gefährlich wurde es am Sonntagabend für die gastgebenden Berlin Volleys in der Max-Schmeling-Halle nie. Und so setzte sich der Titelverteidiger im dritten Viertelfinal-Spiel der Playoffs um die Deutsche Meisterschaft nach 80 Minuten 3:0 (25:22, 27:25, 25:15) gegen SWD Powervolleys Düren durch.

Das bedeutete im Best-of-three- beziehungsweise Zwei-gewinnt-Modus das 2:1 für die Hauptstädter. Im Halbfinale sind nun im gleichen Verfahren die Hypo Tirol Alpenvolleys Haching der Gegner. Im anderen Semifinale kämpfen der Rekordmeister und Hauptrundenerste VfB Friedrichshafen und die SVG Lüneburg (4. der Hauptrunde) um den Einzug ins Finale.

Die Besetzung der Halbfinals entspricht damit exakt der Papierform. Denn die Alpen Volleys rangierten als Überraschungszweiter der Normalrunde nur einen
Zähler vor den drittplatzierten Berlinern. Hypo Tirol im Namen weist auf die in der Bundesliga einmalige Fusion aus Österreichs Meister Innsbruck und dem Bundesligisten hin.

Drei der vier Viertelfinals endeten mit 2:1-Siegen, was für eine ausgeglichener gewordene Bundesliga spricht. Die Verfolger der beiden Topteams Friedrichshafen und Berlin, die sich seit einer gefühlten Ewigkeit von mehr als zwei Jahrzehnten bei der Titelvergabe abwechselten, sind aufgerückt. Das ist gut so für die Liga und das mussten auch die BR Volleys akzeptieren. Sie gewannen die erste Play-off-Partie 3:0, verloren aber danach das Auswärtsspiel 2:3.

Wie überhaupt der Heimvorteil mit der Ausnahme der hoch überlegenen Männer vom VfB Friedrichshafen beim 2:0 über den Hauptrundenachten Volleyball Bisons Bühl ein auffälliges Kennzeichen war.

Gegen einen Heimnimbus vergeblich stemmten sich vor 4.200 Zuschauern am Sonntag die Gäste, als sie fokussiert in den zweiten Durchgang starteten. Doch selbst eine komfortable Führung von 16:12 reichte Düren nicht zum Satzgewinn. Berlins französischer Trainer Cedric Enard wechselte Zuspieler Sebastian Kühner sowie den Diagonalangreifer Kyle Russell ein. Beide brachten wieder mehr Entschlossenheit und Zielstrebigkeit in die Aktionen und hatten maßgeblichen Anteil am 27:25-Satzgewinn.

Hinterher meinte Kühner: „Der zweite Satz war sicher entscheidend. Es war enorm wichtig, dass wir den gedreht haben. Das war so etwas wie der Todesstoß für die Dürener in dieser Serie. Als zweiter Zuspieler von der Bank zu kommen, ist für mich keine Neuheit. Die Kaderbreite ist unsere Stärke. Das habe ich schon vor Beginn der Serie gesagt. Jeder, der heute reinkam, hat wichtige Impulse gesetzt.“

Der 31-jährige Kühner und der 25-jährige Russell kennzeichnen die gegenüber anderen Bundesligisten fast schon luxuriöse Kaderkonstellation der Berliner. Russell ist auf seiner Position als Haupt- oder Diagonalangreifer einer der besten US-Volleyballer. Er war in der Vorsaison im Playoff-Finale gegen Friedrichshafen ein wichtiger Faktor für den erfolgreichen Endspurt der Berliner.

Kühner ist seit Jahren bewährt als zweiter Spielmacher sowohl bei den BR Volleys wie auch beim WM-Bronzemedaillengewinn 2015 der Nationalmannschaft. Seine positive Ausstrahlung im sportlichen Bereich sowie seine Akzeptanz bei der Meinungsbildung in der Gruppe haben den jungen Trainer Enard bei seinem ersten Auslandsjob zur ungewöhnlichen Entscheidung veranlasst, Kühner zum Mannschaftskapitän zu machen. Und das, obwohl jener nicht der Startaufstellung angehört.

Dürens Trainer Stefan Falter war am Sonntag von Kühners Kurzzeit-Vorstellung so angetan, dass er ihn zum MVP erkor. MVP steht für Most Valuable Player und bedeutet auf Deutsch Wertvollster Spieler.

Im dritten Durchgang aber gab der als wertvollster Spieler gekürte Zuspieler wieder den Reservisten, weil der Trainer wieder der Startformation den Vorzug gab. Mit einem Zuspieler, wie es ihn laut BR-Volleys-Manager Kaweh Niroomand „in der Bundesliga bisher noch nicht gab“.

MVP nach dem Spiel Berlin gegen Düren am 7.4.2019. © 2019,Foto: Eckhard Herfet

Von Sergei Jurjewitsch Grankin ist die Rede. Der 34-jährige Russe verteilte ein Jahrzehnt bei Dynamo Moskau die Bälle. Gewann diverse Titel und Pokale inklusive der Champions League. Und er war mit Russland Olympiasieger 2012, 2x Europameister, Gewinner der World League u.v.a.m.

Bei den Moskauern verlor er zuletzt den Rückhalt sowohl beim Trainer als auch beim Vorstand. Mit seiner Verbannung auf die Bank war er echt unzufrieden, sodass er sich zum Abgang ins Ausland entschloss. Berlin kannte er ein bisschen von der Champions League. Zudem hat der Verein als Organisator und einer der publikumsstärksten Klubs einen guten Ruf in Volleyball-Europa. Die Wahl fiel auch angesichts der vielen (Deutsch-)Russen an Havel und Spree leicht.

In einem Vergleich bescheinigt der 1,95 m große Grankin, der auch als Blocker sowie mit seinen Aufschlägen punkten kann, den Volleys „eine bessere Organisation des Umfeldes“. Die Spieler in Russlands Topliga seien allerdings insgesamt größer und schlagkräftiger. Guten Volleyball, teilweise die bessere Technik sehe man in der Bundesliga. Und ein russischer Volleyballer gehe ins Ausland, wenn er sich „nicht mehr dumm und dämlich verdienen will, sondern Neues kennenlernen und Volleyball entspannt genießen möchte“. Offenbar hat Grankin mit der Zeit so viel auf Geld dem Konto angehäuft, dass er sich die weit geringere Besoldung in Berlin leisten kann. Überhaupt erscheint sein Wechsel in den Westen vor allem in verletztem Stolz begründet. Niroomand bestätigt denn auch, dass man sich normalerweise ein Kaliber wie Grankin nicht leisten könne.

Doch in einer „Jubiläums-Saison“, in der die Volleys das zehnte Jahr in ihrem „Volleyball-Tempel“ Schmeling-Halle schmettern, möchte man unbedingt den 10. Titelgewinn perfekt machen. Deshalb zunächst die Nachverpflichtung des französischen Nationalspielers Nicolas Rossard. Auf der Liberoposition bot Dustin Watten, immerhin zweiter Mann beim WM-Dritten USA, nicht die erwartete Stabilität für Annahme und Abwehr. Watten blieb vor allem die Rolle als Trainingspartner.

Und dann der kurzfristige Coup im Januar 2019, als man Grankin an die Spree lotste. Der nominell erste Zuspieler, der deutsche Nationalspieler Jan Zimmermann, rückte auf die Ersatzbank und von da weiter nach Maaseik (Belgien).

Mit Grankin haben die Volleys zehn Siege nacheinander in der Bundesliga gefeiert, nachdem die nationalen Auftritte bis dahin von ungewohnten Schwächen begleitet waren. Jetzt soll es weitergehen, vorwärts immer!

Die Nachverpflichtungen von Rossard und Grankin mitten in der Saison bedeuten für die Bundesliga Transfers im Luxussegment. Restlos auszahlen dürfte sich das nur mit dem Gewinn der Meisterschale.

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