Frankfurt am Main, Deutschland (Weltexpress). Heute eröffnet die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main. Sie wird begleitet aus einem aparten Mix aus German Angst, Schuld und Scham und eine verlogene feuilletonistische Boulevard-Debatte über Geländelimousinen oder Stadtgeländewagen, die SUV genannt werden, wobei die drei Buchstaben für Sport Utility Vehicle stehen.
Dirk Maxeiner sieht in „Achgut“ (10.9.2019) darin “ überdimensionierte Pseudo-Geländewagen, die in Innenstädten das Ego ihrer Besitzer befördern“. Immerhin sitzt man höher und sieht höhergesetzt auch mal über die Leitplanken genannten Scheuklappen deutscher Asphaltstraßen hinweg. Unter der Überschrift „SUV-Verbot? Die Hochzeit von Neiddebatte und Klimapanik“ hält Maxeiner fest, dass sich im Allgemeinen sagen lasse, „dass Unfälle sicherlich wenig mit dem Autotyp und viel mit dem Fahrertyp zu tun haben. Das ist beispielsweise bei illegalen Autorennen so, die ja ebenfalls schwere Unfälle in den Innenstädten produzieren, ohne dass die Beteiligten dafür unbedingt einen SUV brauchen. Der grassierenden Verbots-Logik nach müsste man jungen Männern unter 30, die genug Geld für ein PS-starkes Auto besitzen, vorsorglich Fahrverbote für die Innenstadt erteilen.
Das tut man natürlich nicht, wie auch. Warum also der Verbots-Furor gegenüber den SUVs? Ganz einfach: Sie passen vollkommen ins Klischee vom Auto als Klimakiller – und stehen schon länger auf der Abschussliste sogenannter Umweltaktivisten, weshalb sie auch ganz gerne mal des Nachts angezündet werden.“
SUV in die See klingt wie Juden ins Meer und es gibt immer noch einen, der sich nicht entblödet, noch einen draufzusetzen. Michael Herl teilt in seiner Kolumne in der „Frankfurter Rundschau“ (10.9.2019) unter dem Titel „Die IAA kann weg“ mit, dass die IAA „früher … eine faszinierende Veranstaltung“ gewesen sei. „Geniale Ingenieure und Designer versuchten, den Nachkriegsmenschen in den kapitalistischen Ländern den Wunsch nach Unabhängigkeit und Mobilität zu erfüllen. Sie ermöglichten ihnen, auf eigene Faust an die Adria und die Costa Brava zu fahren, zum Picknick in den Wald, zur Arbeit und zu Tante Käthe nach Calw.“
Herl meint, dass der „längst überfällig gewordene Umstieg vom Verbrennungsmotor zu alternativen Antrieben… nicht verschlafen“ worden sei, „wie es oft heißt, sondern bewusst unterlassen“. So geriet der anfängliche Schwachsinn zum vorsätzlichen Kapitalverbrechen – und die einst so prunkvolle IAA peu à peu zu einem Symbol für überbordende Gewinnsucht, verantwortungslose Umweltzerstörung und Großmannssucht in Tateinheit mit Lug und Trug. Sie kann also weg.“
Weg können Kolumnisten wie Herl, die zwar Nachkriegsmenschen zu sehen scheinen, aber den Durchblick vermissen lassen. Der „Wunsch nach Unabhängigkeit und Mobilität“ wurde erstens auch in sozialistischen Länden gehegt sowie von Leuten im Trikont, die dem einen oder anderen Ideal hinterherhechelten, und zweitens hat das nichts mit dem diesem oder jenem Krieg zu tun. Herl tippt auch zur IAA Kokolores. Die war, ist und wird immer prunkvoll sein, denn zur Zurschaustellung der Ware gehört immer auch Spektakel. Um es mit Guy Debord zu sagen: „Das Spektakel ist das Kapital in einem solchen Grad der Akkumulation, dass es zum Bild wird.“
Andererseits und um es mit Opa Hoppenstedt zu sagen: „Früher war mehr Lametta.“