Die Jugendliche Darren (Chris Massoglia) und Steve (Josh Hutcherson) erkennen in einer Vorstellungen des „Mitternachtszirkus“, der mit seiner grotesken Truppe ihre beschauliche Kleinstadt besucht, einen Vampir unter den Schaustellern. „Hab ich in einem Buch über Vampire gesehen.“, sagt Steve. Verlässlich wie der Duden. Der Untote namens Larten Crepsley (John C. Reilly) soll Steve zum Vampir machen, doch Connaisseur Larten lehnt ab: „Du hast schlechtes Blut.“. Das Unterschichtblut Steves, den Darren als seinen besten Freund verleugnet, ist sogar Vampiren zu eklig. Statt Steve macht Larten Darren, den seine Spinnenliebhaberei zum Renfield aus Bram Stokers „Dracula“ prädestiniert, zum Nachwuchsvampir. Als neues Mitglied des „Mitternachtszirkus“ lernt Darren „Flitzen“ – die von Vampiren bevorzugte Art der Fortbewegung – Käfige putzen und Zirkusmitglied Rebecca (Jessica Carlson) lieben, die gesteht: „Ich habe einen Schwanz. Ist das ein Problem für dich?“
Keine Angst, im „Mitternachtszirkus“ ist alles jugendfrei. Rebecca hat einen Affenschweif. Der „Cirque Du Freak“, wie der „Mitternachtszirkus“ im Original heißt, straft seinen Namen Lügen. Bunt gekleidete Gestalten laufen mit albernen Verformungen herum, welche an Karnevalspappnasen erinnern. Stand den Maskenbildnern nur ein übrig gebliebenes Schminkset vom letzten Halloween zur Verfügung? Worüber sich die Ortsbewohner, die den „Mitternachtszirkus“ schließen wollen, aufregen, bleibt rätselhaft. Vielleicht stört sie die irreführende Werbung des „Cirque Du Freak“. Reale „Freaks“ sind im „Mitternachtszirkus“ tabu. Die Manege füllen beruhigend fantastischen „Freaks“ wie Werwölfe, Gnome und Frauen, denen in Sekunden Bärte oder Gliedmaßen nachwachsen. Darrens Vorbilder scheinen die keuschen Blutverächter aus „Twilight“ zu sein: „Nur weil ich ein Vampir bin, bin noch lange nicht blutdurstig.“, ruft er. Blut ist kein besonderer Saft, es ist einfach out. Heute trinken Vampire Kamillentee. Werwölfe kauen Pedigree Pal und Zombies holen sich vermutlich aus dem Reformhaus ein glutenfreies Bircher Müsli. Blutsauger, die ihrem Namen gerecht werden, heißen bei Darren Shan „Vampyre“. Solche Freaks werden im „Mitternachtszirkus“ aus der Arena gejagt.
In sechs Jahren wurde die zwölfteilige „Darren Shan“-Reihe fabriziert. Dem Helden verpasst Kinderbuchautor Darren Shan bescheiden seinen eigenen Namen, den er prominent auf dem Titel platzierte: „Darren Shan und der Mitternachtszirkus“, „Darren Shan und die Freunde der Nacht“, „Darren Shan und der Berg der Vampir“. Wie lange noch bis zur Autoren- und Heldenbiografie „Darren Shan über Darren Shan und Darren Shan“? „Ein Mensch zu sein hat nichts damit zu tun, was du bist, sondern wer du bist.“ Derartige Undifferenziertheit soll die reaktionäre Moral zeitgenössischer Vampirfilme verschleiern. Wir sind doch alle Menschen, oder? Nein, nicht in der Welt des Horrorfilms, wo „Mensch sein“ sehr wohl damit zu tun hat, was man ist. Vermutlich muss man sich im Gruselkino für pathetische Szenen wappnen: „Nur, weil ich eine Mumie bin und du die Kreatur aus der schwarzen Lagune, sind wir nicht weniger menschlich als alle anderen!“ Wahrscheinlich rührt die Gleichmacherei daher, dass die Monster in „Mitternachtszirkus“ Spießbürgern ähneln.
„Es ist schwer, ein modernes Publikum zu unterhalten.“, klagen die Film-Vampire. Regisseur Weitz versucht es in seinem einfallslosen Kinderfilm nicht einmal. Daß Willem Dafoe und Salam Hayek im „Cirque Du Freak“ auftreten, kann das wirre Sammelsurium aus Gummispinnen, Plastik-Reißzähnen und dümmlichen Dialogen nicht retten. Eine Geisterbahnfahrt auf dem Rummel ist gruseliger als Darren Shan und sein infantiler „Mitternachtszirkus“.
Titel: Mitternachtszirkus – Cirque Du Freak: The Vampire ´s Assistant
Land/ Jahr: USA 2009
Genre: Kinderfilm
Start: 7. Januar 2010
Regie und Drehbuch: Paul Weitz
Darsteller: Josh Hutcherson, John C. Reilly, Chris Massoglia, Jessica Carlson, Willem Dafoe
Laufzeit: 109 min.
Verleih: Universal
