Berlin, Deutschland (Weltexpress). „So was hat man lange nicht geseh`n“, sang zwar keine in der hohen Halle zwischen Berliner Ostbahnhof und Warschauer Straße, Spree und Stadtbahnschienen, aber das stimmt trotzdem, denn zehn Tore schossen die kufenkurvenden Eishockeyspieler aus Berlin und Augsburg am Freitagabend bis zehn Uhr. Anschließend war Toreschluss.
Die Anhänger der Eisbären unter den verkündeten 11.577 Zuschauern dürfen sich vor allem bei zwei Torhütern bedanken. Der eine, Petri Vehanen, war gut und hielt den Sieg fest, der andere, Jonathan Boutin, war schlecht und lies leichte Treffer zu. Glück für Berlin, Pech für Augsburg.
Auf jeden Fall kamen alle, für die Eishockey vor allem ein Event ist, auf ihre Kosten, die Eintritt, Verpflegung und mehr verursachen.
Ein Schuss, ein Tor, Eisbären. Der erste Schuss ging nach wenigen Sekunden los und los lies ihn in der Zone direkt vor dem Torraum Daniel Fischbuch (1.). 1:0 in der ersten Minute.
Vom Erfolg beseelt täuschte der seit April 2016 bei den Eisbären unter Vertrag stehende Stürmer klug, wartete, bis der Torhüter der Gäste in Erwartung eines Passes rüberrutschte, wo ein mitgelaufener Eisbär einschussbereit wartete, um aus der Verzögerung voll draufzuhalten und zu treffen (7.). So gut wie Fischbuch agierte, so schlecht zeigte sich Boutin im Tor der Gäste.
Mit einer 2:0-Führung hätten die Hausherren die Begegnung besonnener weiterführen können, doch das konnten sie offensichtlich nicht. Im Gegenteil Nach einem schweren Abwehrfehler fiel ein einfaches Tor. Zuvor erkämpfte sich Thomas Jordan Trevelyan den Puck, passte auf Benjamin Hanowski und der drosch das kleine Schwarze ins von Vehanen gehütete Gehäuse (9.). In dieser Situation standen sogar zwei Stürmer aus Augsburg standen völlig frei vor Vehanen.
Sekunden später standen nur noch vier Berliner weniger auf dem Eis. Die Schiedsrichter Stephan Bauer und Christian Oswald schickten Fischbuch wegen Bandenchecks nur zwei Minuten auf die Strafbank (9.). Glück gehabt. Oder Pech für die Gäste. Dann steht Fischbuch wieder auf dem Eis. Doch sechs Mann waren einer zu viel (12.). Die Strafe saß Fischbuch ab.
Hahnebüchen die Hintermannschaft der Hausherren. Sie verlieren zu viele Bullys und irgendwann auch wieder die Übersicht. Trevor Parks passt zu Andrew Leblanc. Der fährt mit Puck auf Vehanen zu, wird von Julian Talbot nicht ausreichend am Schuss gehindert, Leblanc setzt sich durch und trifft zum 2:2 (18.). Kurz vor der ersten Drittelpause kassierte Frank Hördler noch eine Zwei-Minuten-Zeitstrafe (20.). Doch das änderte nichts daran, dass Daniel Fischbuch das erste Drittel prägte, wie kein anderer. Dabei dürfte den aufmerksamen Beobachtern nicht entgangen sein, dass neben Licht auch Schatten zu sehen war und mehr als „„Fünf Gründe für die aktuelle Misere“, die Jörg Leopold in seinem Beitrag für den Tagesspiegel (21.10.2016) auflistete.
Dass so viel gar nicht fehlt, um gegen Augsburg zu gewinnen, das sahen alle wenig später. Dass das „zu einer Siegesserie“ reichen könnte, wie Leopold fantasierte, dafür reichte der zugeführte Alkohol an diesem Abend leider nicht. Schluss mit lustig und weiter mit dem zweiten Drittel.
Es dauerte länger als zuvor bei den Eisbären, doch dann spielten und passten die Panther prächtig, offenbarten erneute schwere Abwehrfehler der Berliner. Wie ein heißes Messer fuhren die Augsburger durch die Eisbären-Butter. Dann stieß Michael Davie zu (24.). Er sorgte für die Führung der Gäste aus dem Südwesten Bayerns.
Doch die Moral der Berliner stimmte bei aller Mittelmäßigkeit. Micki DuPont stand Sekunden später völlig frei vor Boutin und glich zum 3:3 aus (24.). Im Gegenzug vergaben die Gäste wieder eine Großchance (25.). Was Augsburg nicht nutzte oder Vehanen vereitelte, dass nutzten die Berliner. Jamie MacQueen schoss die Eisbären erneut in Führung (27.) und Boutin sah wieder schlecht aus.
Wegen Beinstellens musste Mark Cundari für zwei Minuten auf die Strafbank. Im anschließende Überzahltspiel überzeugten die Berliner endlich und belohnten sich. Bruno Gervais schoss wie in guten Tagen von der blauen Linie. Darin Olver fälschte vorzüglich ab. Der Puck landete zum 5:3 im Tor (29.).
Michael Stewart, der Cheftrainer der Augsburger, der vor zwei Jahren mit Bremerhaven in der zweiten Liga Meister und vor einem Jahr an der Weser Vizemeister wurde, hatte an der Spree scheinbar viel zu spät bemerkt, dass Boutin einen rabenschwarzen Tag erwischte. Endlich holte er den Glücklosen vom Eis und schickte Benjamin Meisner ins Tor.
Auf der gegenüberliegenden Seite bewies Vehanen einmal mehr seine Stärke, bügelte Fehler der Abwehr aus, wobei im Grunde alle Berliner zu weit weg von ihren Gegenspieler standen, und wehrte wieder eine Großchance ab (37.).
Auch im letzten Drittel zeigte Nick Petersen, dass er der beste Neuzugang der Berliner ist und auch, dass er für Mannheim, München oder Köln eine Verstärkung wäre. Er passte bei einem von zahlreichen Tempogegenstössen, was darauf deutete, dass die Augsburger aufholen wollten, goldrichtig auf den parallel mitfahrenden André Rankel, der souverän zum 6:3 einschoss (58.).
Stewart nahm jetzt auch seinen zweiten Torhüter raus – zugunsten eines weiteren Stürmers. In der letzten Minuten haute aber Panther-Verteidiger Braden Lamb einfach mal drauf. Parkes fälschte so passend ab, dass der Puck ins Tor flog (59.). Dabei blieb es. Endstand: 6:4 für die Eisbären.
Die Berliner gewannen gegen eine mehr oder minder gleichwertige Mannschaft, die einen sehr schlechten Hüter im Tor hatte.
Was bleibt ist die Erkenntnis, dass die Moral der Berliner gut zu sein scheint, das Niveau hingegen gegen Augsburg ausreichend war und also weiter ausbaufähig ist.
Als Randnotiz sei angemerkt, dass auch Maximilian Adam einen guten Eindruck hinterließ.