Im Museum ist es kalt, sehr kalt. Mit Sicherheit das richtige Ambiente für ein Polarforschungsschiff. Mächtig, über mehrere Stockwerke, ragen die Holzplanken der Fram nach oben. Gebaut nach den eigenen Plänen brach Fridtjof Nansen im Jahre 1892 mit ihr und einer ausgewählten Mannschaft auf, um den Nordpol zu erreichen, was ihm allerdings nicht gelang. Sie gehört zu den berühmtesten Schiffen der langen Seefahrtsgeschichte Norwegens und ist ein Wunderwerk der Ingenieurkunst. Drei Jahre lang widerstand der Rumpf den Pressungen arktischer Eisschollen. Schon die äußere Form des Museums, die dem Schiffsrumpf angepasst wurde, ist sehenswert. Ausgiebige Dokumentationen führen den Besucher durch die Zeit der nordischen Expeditionen: Den Wettlauf zum Nordpol und die Eroberung der Nordwestpassage, heldenhafte Eroberungen und tragische Unglücksfälle.
Die Ausstellung befindet sich auf der Museumshalbinsel Bygdí¸y im Oslofjord, gegenüber dem Stadtzentrum. Viele interessante Museen sind hier entstanden, wo man unter anderem auch originale Wikinger-Schiffe, sowie die Kon-Tiki und Ra II von Thor Heyerdal bestaunen kann.
Für einen Besuch der Hauptstadt sollte man einige Tage einplanen. Erreicht man sie auf einem der täglich ankommenden Fähren, ist allein schon die 80 km lange Fahrt durch den Oslofjord ein besonderes Erlebnis. Auch wenn er kein echter Fjord ist, so wird er doch von Jedermann so genannt. Während im Sommer quirliges Leben in den Hütten auf den Schären herrscht, ruhen die bunten Häuschen im Winter unter einer dünnen Schneedecke. Hin und wieder zeigt sich Rauch aus einem Schornstein und es gehört nicht viel Fantasie dazu sich vorzustellen, wie gemütlich es wohl gerade zu dieser Jahreszeit dort drinnen sein mag.
Oslo ist trotz alter Geschichte eine junge Stadt. Im Winter trifft man sich in der Icebar, einer Bar 100 %ig aus Eis, das extra aus dem Torne Fluss in Jukkasjärvie 200 km nördlich des Polarkreises in die Hauptstadt transportiert wurde. Man versucht das Beste aus der kalten Jahreszeit zu machen. Nur 20 Minuten vom Zentrum entfernt, leicht erreichbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln, das ausgedehnte, zur Stadt gehörende Wintersportgebiet der Nordmarka. Hier oben steht auch die weltbekannte Holmenkollen-Schanze. Ihre neueste Ausführung wurde 2009 im März eröffnet.
Kulturell wird dem Besucher ebenso eine enorme Vielfalt geboten. Nicht nur an Theateraufführungen und Konzerten für jeden Geschmack. Einem der berühmtesten Maler Norwegens ist das Munch Museum mit wechselnden Ausstellungen gewidmet. Alle Aspekte und Herausforderungen der schwierigen Lebensumstände im damals armen Norwegen am Ende des 19 Jahrhunderts, besonders Einsamkeit, Krankheit und Not, wurden von Edvard Munch in kräftigen Farben auf der Leinwand fest gehalten. Das wohl bekannteste der Bilder Der Schrei, ist in verschiedenen Mal- und Drucktechniken ausgestellt.
Ein völlig anderes Thema greift das Nobel Peace Center am Hafen auf. Die Verleihung des Friedensnobelpreises ist ein besonderes Ereignis im Land. Während alle anderen Nobelpreisträger von der Schwedischen Akademie der Wissenschaften ausgewählt werden, hat Alfred Nobel verfügt, dass für diesen Preis die Norweger zuständig sein sollen. In einer Sonderausstellung geht man ausführlich auf die Verleihung an Barack Obama ein. Auszüge aus seiner Rede und zahlreiche Zeitungsausschnitte ergeben eine sehr lebendige Dokumentation. Besonders eindrucksvoll ist der abgedunkelte Raum, indem alle bisherigen Friedensnobelpreisträger wie Irrlichter auf jeweils einzelnen Bildschirmen zu sehen sind.
Monumente in Stahl und Stein
Warm eingepackt kann man auch an einem Wintertag der Vigeland-Anlage einen Besuch abstatten. Der Steinbildhauer Gustav Vigeland war ein kluger Stratege. Nicht mit Reichtum gesegnet schlug er der Stadt folgenden Handel vor: Stellt ihr mir ein Gelände für meine Steinfiguren zur Verfügung, dann vermache ich euch die Kunstwerke nach meinem Tod. Gesagt, getan. Ein Spaziergang durch diesen viele Hektar umfassenden Park mit seinen Statuen gehört zu jedem Stadtprogramm, zu jeder Jahreszeit. Das Vigeland-Museum diente ursprünglich als Wohnung und Atelier des Künstlers, der von 1869 bis 1943 lebte. Es beinhaltet frühe Werke, seine Portraits und Monumente, sowie Gipsmodelle der Skulpturen im Park. Schnee liegt jetzt auf den mächtigen nackten Granitfiguren, die meist zu zweit oder in Gruppen auf Steinsockeln ruhen. Der ganze Lebenszyklus des Menschen wird hier dargestellt: In der Jugend kräftig gebaute Körper, voller Bewegung; im Alter zusammengesunkene Gestalten oft gemeinsam mit den Enkeln, die symbolisch für den Fortgang des Lebenskreises stehen. Das Brunnenbecken rund um den Lebensfries ist mit Schnee gefüllt. Doch auch ohne das Wasser bestechen die Bronzearbeiten. Vigelands Menschensäule, bei der sich mehr als 100 steinerne Körper übereinander in die Höhe strecken erscheint zunächst rätselhaft. Eine Interpretation dazu fällt dem Betrachter schnell ein.
Nicht zu übersehen ist das Rathaus in Oslo. Der eckige Backsteinbau mit den beiden Türmen ist das Symbol der Stadt. Es wurde 1950 eröffnet, ist also noch relativ jung. Seine Innenwände erzählen auf großflächigen Wandgemälden Episoden aus der neueren norwegischen Geschichte. Alljährlich wird hier am 10. Dezember der Friedensnobelpreis verliehen. In Glasvitrinen sind Geschenke von zahlreichen ausländischen Staatsbesuchen zu bewundern.
Besonders angenehm ist im Winter auch ein Stadtbummel über die beheizten Gehsteige. Ein kluger Kopf fand heraus, dass eingebaute Heizröhren unter der Betondecke günstiger und verlässlicher sind als ein personifizierter Winterdienst.
Auf dem Weg vom Stadtzentrum zum Hafen fällt ein modernes Gebäude am Wasser auf: das neu erbaute Opernhaus. Die moderne Architektur fügt sich gut in das Stadtbild ein.
Für die nach Kiel zurückkehrenden Gäste heißt es nach einer mehrtägigen Städtereise jetzt Leinen los. Die fast noch nagelneue Fähre setzt sich langsam in Bewegung. Es ist spät am Nachmittag, leichtes Schneetreiben hat eingesetzt. Eine eigenartige Stimmung breitet sich aus. Wieder geht es durch ein Mosaik von kleinen Felsinseln mit frischen Schneehauben, Ferienhäuschen, verschneiten Kiefern und treibenden Eisschollen. Licht schimmert in den Sprossenfenster, Rauch steigt aus dem Steinkamin in die Frostluft. Wehmütig beneidet man diejenigen, die da drinnen gemütlich vor dem Kamin sitzen. Wahrscheinlich träumen auch sie von einem sonnigen Langlauftag auf den Höhen oberhalb Lillehammer, die wir von Weltexpress nach unserem Osloaufenthalt erkunden werden (Teil 2/2).
Informationen:
Allgemeine Auskünfte gibt es jederzeit unter www.visitnorway.com/de
Anreise: z. B. täglich um 14 Uhr mit Color Line ab Kiel für die ca. 20-stündige Fährfahrt nach Oslo. Bereits ab € 149,- kann eine Städtereise in die norwegische Hauptstadt und zurück gebucht werden; www.colorline.de
Oslo: www.visitoslo.com/de/ Zum Besuch der Hauptstadt lohnt sich die Oslocard mit vielen freien Eintritten. Sie ist z. B. für 24, 48 oder 72 Stunden erhältlich
Unterkunft: Thon Hotels unterhält eine Reihe von Häusern in zentraler Lage, von wo aus die interessantesten Stätten zu Fuß erreichbar sind. www.thonhotels.com/Oslo
Reiseprogramme: der Skandinavienspezialist Tui-Wolters bietet z. B. Winterreisen nach Norwegen mit unterschiedlichem Zuschnitt für vielerlei Interessen; darunter Städtetouren nach Oslo oder Wintersafaris in den Bergen; www.tui-wolters.de
Reiseliteratur: eine Neuerscheinung im September 2010 über die Perle des Nordens ist der neue DuMont Bildband Norwegen; ausdrucksstarke Fotos und anregende Texte verleiten zum Blättern; Natur, Kultur und Lebensart Norwegens, gedruckt auf mattem Papier in klarem Layout – hier kommt Norwegens raue Schönheit so richtig zur Geltung. Auffallend ist besonders, dass man nicht die gleichen Motive sieht wie in fast allen anderen Norwegenbänden; Hardcover mit Schutzumschlag, 160 Seiten,
ca. 160 Farbabbildungen, Format 24,8 x 30,5 cm, Preis: € 24,95 (D) / € 25,70 (A) / sfr 44,90, ISBN: 978-3-7701-8905-2, www.mairdumont.com