Pjöngjang, Nordkorea; Washington USA (Weltexpress). Man kennt die Bilder, seitdem es Hollywood gibt. Auf der Main Street einer US-amerikanischen Kleinstadt treffen zwei Gestalten aufeinander. Von dem Ausgang des Kräftemessens hängt der weitere Gang der Dinge ab. Schon im Vorfeld des 12. Juni 2018, des Treffens zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-Un in Singapur, hat man den Eindruck, dass Hollywood in den Schatten gestellt ist. High Noon und Show Down ist nichts dagegen, wenn beide Herren sich treffen. Da ist auf der einen Seite ein amerikanischer Präsident, der gleichsam in einer revolutionären Aufwallung des amerikanischen Volkes in den Präsidenten-Sattel gehievt wurde, um den sichtbaren Niedergang der Vereinigten Staaten aufzuhalten. Aus Nordost-Asien gesellt sich in einer der interessantesten Drehscheiben der Welt, dem effizienten und glitzernden Singapur, ein jugendlicher Nobody dazu. Das Beste, was man über den ebenso jugendlichen wie allmächtigen Herrscher über ein ausgepowertes Volk, sagen kann, ist das ungläubige Staunen darüber, dass er in Heidi-Land seine schulische Ausbildung genossen hat. Er kennt also die Schweiz und die dortige Mentalität und wenn wir alle Glück haben, sind ihm auch andere Europäer weniger fremd als uns seine Landsleute. Alles scheint dafür zu sprechen, dass der Ausgang der Begegnung von vorneherein festzustehen scheint.
Wenn man sich darin nicht täuscht. Außer Vorurteilen über dieses verschlossene Land ist hier nicht viel an Substanz über Nordkorea zu hören. Eigentlich unverzeihlich, denn, wenn es Jahrzehntelang ein Dauer-Mantra darüber gegeben hatte, wo denn der Schlüssel für die deutsche Wiedervereinigung liegen würde, müsste allein schon aus diesem Grund die deutsche Neugier grenzenlos sein. Schließlich hat auch in Nordost-Asien das Ende des Zweiten Weltkrieges, der lange vor dem Ausbruch in Europa in Asien die Völker verschlang, ein „Scheidungs-Opfer“ zurückgelassen: Korea, geteilt in Nord und Süd. Aber, was will man von einem Deutschland halten, einem Land, in dem die Wetterkarte des öffentlich-rechtlichen Fernsehens bestenfalls die deutschen Noch-Feriengebiete auf den Kanaren einbezieht? Eine Welthandelsnation, die sich so etwas leistet, braucht nichts mehr zu sagen. Das Bild alleine steht für die Bereitschaft der Nation, sich kompetent auf der Welt umzusehen. Fehlanzeige und ansonsten will man in Ruhe gelassen werden.
In Nordkorea ist das anders. Hermetisch abgeschlossen und selbst isoliert, wie es schlimmer nicht geht. Und dennoch verfügt die koreanische Nation mit Ihrer Zweigstelle in Nordkorea über eine jahrtausendealte Fähigkeit, aus der Isolierung heraus die Nachrichten der Welt gleichsam über Informations-Walzen so zu verarbeiten, dass daraus Politik gestaltet werden kann. Eine solche Nation muss auf dem Globus noch gefunden werden, die, wie der nordkoreanische Teil der gemeinsamen koreanischen Nation, deren Führung so streng logisch mit den Problemen der Welt umzugehen in der Lage ist? Abgeschnitten und isoliert? Physisch zweifellos, aber mental keinesfalls. Und die Menschen? Die Bilder, die uns hier in den Medien gezeigt werden, sollen das Märchen von den uniformierten Robotern visualisieren. Wer, wie es meinen Begleitern und mir nach einem Picknick-Ausflug im alpinen Teil Nordkoreas gelang, ohne jede offizielle Begleitung mit ganzen Gruppen von von Nordkoreanern zusammenzutreffen, war von der liebenswürdigen Neugier und einer freundlichen Offenheit überrascht. Die in den deutschen und internationalen Medien vermittelten Bilder haben eben Spuren hinterlassen. Und auf offizieller Seite? Klare Ansprache von nordkoreanischem Verhalten, wenn man das Gefühl und den Nachweis haben sollte, in Verträgen nicht fair behandelt zu werden. Beweise dafür gibt es aus den Verhandlungen mit den USA genug. Schließlich hatte man über gebrochene Zusagen den Eindruck, Nordkorea langsam in den Status einer mit Krieg zu überziehenden Nation hinüberführen zu können. Von höchster Stelle verlautete dazu, dass man sich in einem solchen Fall nicht täuschen solle. Die nordkoreanische Bergwelt verfüge über eine solche Vielzahl von Höhlen, dass man über nordkoreanischen Einfallsreichtum nicht überrascht sein sollte, wenn Betrug im Spiele sei. Und die Position des Machthabers? Davon konnte ich mir ein Bild machen, als ich in Zusammenhang mit der in Nordkorea üblichen Wortwahl von „geliebten und/oder ewigen Führer, auf die in Deutschland schwierige Verwendung des Begriffs „Führer“ hinwies und mir mit der sofortigen Verhaftung und Einlieferung in eine Strafanstalt gedroht wurde.
Darauf trifft jetzt Präsident Trump und es will sich das Gefühl nicht einstellen, als würde einem amerikanischen Super-Cop ein nordost-asiatischer Reisbauer begegnen. Unter sportlichen Gesichtpunkten ist überhaupt nicht klar, wo man mit der Chuzpe und ihrer Bewunderung auf Seiten von Kim Un-il aufhören sollte? Präsident Trump scheint es ähnlich zu gehen. Er steckte es im Ergebnis einfach weg, daß sein eigener Vizepräsident Pence durch eine nordkoreanische Offizielle in den Senkel gestellt wurde. Aber vielleicht ist es genau dieser Punkt, den Mike Pence hervorgehoben hatte. In der USA kann man als Mitglied des Kriegsestablishments aus Washington überhaupt nicht anders denken, als in den Libyen-Kategorien, wie Mike Pence es in einem für ihn lichtvollen Augenblick zu tun versuchte. Sofort wurde höchst effektiv zurückgebissen und Präsident Trump wusste, worauf es für ihn ankam. Es dürfte für die gesamte Welt auf diese eine Frage entscheidend ankommen. Wird es in Singapur um das gehen, was der Globus seit dem spanisch-amerikanischen Krieg oder dem Krieg der USA gegen Österreich-Ungarn und dem kaiserlichen Deutschland, der Vorbereitung zum Zweiten Weltkrieg und dem Obama-Aufmarsch gegen Russland kennt oder verankert Trump sein Land so auf dem Globus, dass die USA vom „Geschäftsmodell Krieg“ Abstand nehmen können? Der junge Mann aus Pjöngjang ist mehr als ein Sparringspartner.