So lustig wie die Geschichten zu lesen sind: Kinder werden in Schweden schon lange ernst genommen. Immer noch aktuell ist auch das bekannte Möbelhaus, welches vor langer Zeit, nach Jahren wo Nussbaumfurnier das Design bestimmte, frische Farbe und den Duft von nordischer Kiefer in deutsche Wohnungen brachte, auch und gerade in Kinderzimmer.
Natur und Kultur im Einklang
Das Autofahren auf meist einsamen Straßen offenbart dem Fahrer eine völlig andere Qualität des Miteinander. Noch besser, man lässt das Fahrzeug stehen und macht sich zu Fuß oder per Rad auf den Weg. Doch Vorsicht: auch Südschweden ist großflächig.
Der Wind peitscht die Wellen hoch auf. Man glaubt, am Rande des Meeres zu stehen. Gerade bei diesem stürmischen Wetter ist der drittgrößte See Europas besonders eindrucksvoll. Endlos scheint die Fläche des Väner-Sees, mit 5648 km ² ein echtes Binnenmeer. Über 22.000 Inseln und Inselchen bilden einen weit verzweigten Schärengarten. Versteckt im Wald oder auf blanken Granitschultern thronend befindet sich der Schweden liebste Freizeitbeschäftigung: Die Hütte am See.
Mit einer Gesamtbevölkerung von nur 9 Mio Menschen auf ca. 450.000 km ² Land ist es nicht allzu schwierig, bei den unzähligen Seen und Flüssen und der langen Küstenlinie entlang der Ostsee, ein Freizeitgrundstück zu finden. Schon sehr früh waren die Ufer des Vänern besiedelt. Vorzeitliche Ganggräber und Runensteine, aber auch Klosterruinen und Schlösser deuten daraufhin, dass sich die Gegend für den Lebensunterhalt von Menschen gut eignete. Über den 200 Jahre alten Götakanal gelangt man in den Vätternsee. Er verbindet nicht nur die beiden größten Seen des Landes, sondern auch Schwedens West- und Ostküste. Rund 390 km sind es auf dem Wasser von Göteborg am Skagerrak bis in die östliche Ostsee.
Süße und feurige Erfindungen
Genussvoll gleitet die Zunge über die weiß-rot süße Leckerei. Gränna an der Ostseite des Vättern ist die Heimat der berühmten schwedischen „polkagrisar“, ein Paradies für junge und ältere Schleckmäuler. Überdimensionale Zuckerstangen sind beim Rundgang durch den Ort nicht zu übersehen. Zu kaufen gibt es sie in allerlei Variationen. Wer nicht nur am Genuss interessiert ist, kann in einigen Fabriken dem Zuckerbäcker bei der Herstellung über die Schulter schauen.
Als die Gebrüder Lundström das Sicherheitszündholz erfanden, ahnten sie nicht welchen Erfolg ihnen dies auf der Weltausstellung in Paris 1855 bescheren würde. Wegen Beimengungen weißen Phosphors war die Herstellung und Nutzung der Zündhölzer extrem gesundheitsschädigend, bis die schwedischen Chemiker Gustav Eric Pasch und Karl Frantz Lundström 1844 den weißen Phosphor vollständig durch roten ersetzten. Die älteste erhaltene Streichholzfabrik, das Tändstickmuseum in Jönköping zeigt die interessante Geschichte des Schwefelholzes.
Pippi Langstrumpf und das Glasreich
Ist man schon mal in der Gegend, wäre der großzügig angelegte Freizeitpark Astrid Lindgrens Värld in Vimmerby einen Besuch wert. Dass die Aufführungen in schwedischer Sprache stattfinden ist kein Hinderungsgrund. Denn, wer kennt sie nicht die frechen Abenteuer der starken Pippi und den Holzfiguren schnitzenden Michel von Lönneberga, der mal wieder wegen eines Lausbubenstreiches im Schuppen gelandet ist.
Nur etwas südöstlich davon beginnt die Region der Glasbläser. Der Weg zur Glashütte führt durch Birkenwälder und Hochmoore, dazwischen rot und weiß gestrichene Holzhäuser. Die Kunst des Glasblasens hat schon über 100 Jahre seinen festen Platz in Smí¥land, vor allem in Växjö und Nybro. Ortsnamen wie Boda, Kosta und Orrefors, stehen für meisterlich gefertigte Glaskunst, die auf der ganzen Welt gefragt ist. Nicht zuletzt deshalb entwickelte sich Växjö mit seinem Flughafen und Direktverbindungen nach Mitteleuropa zu einem neuen Zentrum.
Heiß und laut geht es in der Werkstatt zu. Ventilatoren surren und vermitteln ein Gefühl von frischer Luft, die es jedoch nicht wirklich gibt bei den auf Hochtouren laufenden Brennöfen. An der langen Eisenstange wabert ein unförmiger Klumpen. Mit Hilfe einer hölzernen Kelle und ständigen Drehbewegungen passt sich die Masse der Holzform an. Ein paar Atemzüge durch das „Blasrohr“ und ein vasenähnliches Gefäß bildet sich heraus, das in den rot glühenden Rachen des Brennofens geschoben wird. Kurze Verschnaufpause für die Glasbläserin. Sie bespricht derweil mit Kollegen die nächsten Arbeitsgänge. Sieben Personen, mit unterschiedlichem Fachwissen, sind bei der Herstellung eines einzigen Weinglases beschäftigt. Die Handgriffe sind aufeinander abgestimmt: der eine zieht, der andere schneidet, der Nächste mischt das Farbpulver. Man braucht das richtige Gefühl für Form und Farbe, und das kommt mit der Erfahrung. Mindestens 10 Jahre dauert es, bevor man sich Meister nennen darf. Wer aber sieht den kunstvoll gefertigten Objekten an, dass sie aus einfachen Bestandteilen, wie Sand, Soda und Kalk, die erhitzt werden, entstanden sind. Ein glücklicher Zufall bescherte der Menschheit ein nicht mehr wegdenkbares Kunsthandwerk.
Zu Kommissar Wallanders Revier nach Skí¥ne
Wohnhaussiedlungen, autobahnähnliche Fahrspuren, Einkaufszentren – verwirrende Eindrücke nach Tagen in der schwedischen Natur, die der Entschleunigung gelten. Kalmar mit ca. 60.500 Einwohnern ist eine der ältesten Städte Schwedens. Eigentlich im Wasser steht das Kalmar Slott. Das mächtige, rot-braune Steingebäude war über die Jahrhunderte hinweg immer wieder Objekt der Begierde des Nachbarlandes Dänemark. Im Jahr 1397 schloss man die Kalmarer Union, die erstmals alle skandinavischen Reiche einte. Über eine mehr als 6 Kilometer lange Brücke führt heutzutage nach Öland. Ungefähr 140 Kilometer lang, an der schmalsten vier, an der breitesten Stelle16 Kilometer, bietet das Eiland genügend Platz für 400 Windmühlen, 34 Kirchen und 16 vorgeschichtliche Festungsanlagen. Trotz der „Verbauung“ haben unzählige, selten gewordene Orchideen und Heidepflanzen ihren festen Platz auf der Insel, die vor allem im Süden aus einer kargen Karst- und Heidelandschaft, der Stora Alvaret, besteht.
Im südlichsten Teil Südschwedens, in Skí¥ne, scheint sich das Leben zu verdichten. Die Großstadt Malmö, das Tor nach Schweden ist über eine kombinierte Tunnel- und Brückenverbindung von Dänemark aus erreichbar. Obwohl eine moderne Stadt, Zentrum der Telekommunikations- und Informationstechnik, ist es ihr gelungen hypermoderne Architektur mit nostalgischer Fachwerkidylle zu verbinden. An den Stränden der Ostseeküste wird gesurft, gesegelt, geschwommen: Die Schweden genießen den Sommer. Man wundere sich nicht, wenn Geschäfte ab 16 Uhr geschlossen sind. Man will schließlich viel Freizeit mit der Familie verbringen.
Krimi-Fans kennen sich hier aus. Sie wissen, wo das Polizeigebäude steht, wo ein unermüdlicher Kriminalbeamter Verbrechern das Leben schwer macht. Zum Glück geht es im wahren Leben viel friedlicher zu in dem gemütlichen Strandort Ystad. In diesem Ort befindet sich nicht nur das älteste Fachwerkhaus Skandinaviens, sondern auch ein Hafen mit wichtigen Fährverbindungen nach Polen und zur dänischen Ostseeinsel Bornholm.
Bei aller Modernität lieben Schweden ihre Gebräuche. Dies zeigt sich nicht nur beim Luciabrauch zu Weihnachten, sondern auch in der Mitte des Jahres. Da schlagen in allen Teilen des Landes Flammen gegen den taghellen Himmel. Es ist beinahe Mitternacht, von Dunkelheit keine Spur. Es wird um den Majstí¥ngen getanzt, laut gesungen und auch kräftig getrunken. Bunte Blumenkränze schmücken die blonden Haare der Frauen und Kinder. Der Winter ist überstanden. In der Nacht vom 21. auf den 22. Juni geht die Sonne am Polarkreis auch nachts nicht unter. Allen ein Grund den längsten Tag und die kürzeste Nacht zu feiern. Schwedens Mittsommerfeste sind Legende.
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Informationen:
Mit DB Autozug von München-Ost nach Hamburg Altona, dann z. B. ab Frederikshavn täglich mehrmals nach Göteborg; Auskünfte beim DB Autozug Servicetelefon unter 01805-24 12 24 , bzw. www.dbautozug.de und www.stenaline.de/faehren/; Hotels, Ferienhäuser und Erlebnistouren bietet der Skandinavienspezialist Wolters Reisen, www.tui-wolters.de
Auskünfte über Schweden allgemein unter www.visitsweden.com; Straßenkarten und Atlanten gibt es beim Kunth-Verlag, z. B. einen neuen Autoatlas von Schweden;