Weihnachten für alle, auch für Singles – Von Weihnachtsmarkt bis Taizé-Gebet: In der Bundeshauptstadt Berlin gibt es durchaus Angebote für fast jede Lebensweise
Trotzdem wird man sich der Weihnachtssymbolik nicht entziehen können, sobald man die eigenen vier Wände verlässt. Das führt zu unterschiedlichen Reaktionen: Abscheu gegenüber der konsumorientierten Hast und Heuchelei, die am 24.12. kulminiert, Reißausnehmen, der Suche nach Alternativen oder dem Wunsch, ausnahmsweise auch mal an der Besinnung zu schnuppern, selbst wenn sie religiös oder derart verbrämt daherkommt.
Einkaufen als Ausweichhandlung kommt an den „Feier-Tagen“ nur begrenzt in Frage. Sogar Kaiser’s am Ku’damm, ein Supermarkt, der außer an Sonntagen nach 23 Uhr noch geöffnet hat, schließt Heiligabend vor 15 Uhr. Selbst das Kaffeetrinken beim Bäcker fällt vielerorten aus. Am Henriettenplatz zum Beispiel ist Heiligabend um 13 Uhr geschlossen und dann drei Tage lang.
Bleiben die Weihnachtsmärkte. Der Berliner Weihnachtsmarkt rund um den Neptunbrunnen am „Alex“, auf dem das Bild aufgenommen wurde, hat Heiligabend geöffnet und dann zwei Tage zu. Bis zum 29.12. kann man dann dem Weihnachtsmarkt frönen. Neben der Marienkirche steht ein großes Riesenrad. Von dort kann man nicht nur in die Baugrube der U-Bahn-Linie 5 gucken, sondern sich auch endlich mal höher fühlen als die im Roten Rathaus, die in der unterirdischen Baustelle millionenfach unsere Steuereuros vergraben. Marktstandbetreiber sind nicht unbedingt Spezialisten für Rechtschreibung, doch das was vor Ort wirklich zählt, das beherrschen sie. So ist Anis-Duft eine der Komponenten, die Kindheitsträume wachwerden lassen können so wie die Erinnerung an Bratäpfel aus dem Ofen.
Wenn ein Markt geschlossen ist, findet man schnell einen anderen und macht dabei noch einen gesunden Spaziergang bei angenehmen Temperaturen. Ein Wunsch geht am 24. und 25. Dezember in Erfüllung: Die Sonne scheint bei einem selten blauen Himmel. Wer vom Fernsehturm kommend das Nikolaiviertel links liegen lässt – in dem auch Weihnachtsbuden stehen – und die Brücke über den Kupfergraben überquert, findet sich bald vor dem ehemaligen Staatsratsgebäude auf einem weiteren Weihnachtsmarkt mit kleinen Bühnen. Am Ende dieses Budenkarrees geht es am Auswärtigen Amt mit seinem großen Weihnachtsbaum vorbei immer geradeaus zum Gendarmenmarkt mit einem der edleren Märkte. Zugang nur gegen Eintritt (1 Euro). Ein großer überdachter Kunsthandwerkerbereich und eine Bühne vor dem Konzerthaus mit Programm. Silke Fischbeck, Leiterin der Kinderkunstwerkstatt Seepferdchen im Wedding, trat hier zum Beispiel mit Gitarre auf zusammen mit singenden Kindern und Flüchtlingen und anschließend Frank Zander, der ein paar Tage später Tausende Bedürftige zum Gansessen ins Estrel einlud. Weiter westlich verdienen die Märkte an der Gedächtniskirche, wo zum Beispiel allabendlich bis 22 Uhr 70er und 80er-Jahre-Musik zum Tanzen einlädt, und der „historisch“-besondere vor dem Schloss Charlottenburg, der zurecht bundesweit auf einer Top-Ten-Liste landete, Erwähnung.
Wem das alles zu kapitalistisch und mainstreamorientiert ist, dem bleibt immer noch das heimische Sofa oder Bett, auf dem man Teetrinken und ein gutes Buch lesen kann. Wer dann doch irgendwann mal raus will und am Leben mit anderen teilhaben, aber eigentlich bei sich bleiben will, für den hier noch ein Tip: Am ersten Weihnachtsfeiertag Freitag, den 25.12., gibt es in der Trinitatiskirche am Karl-August-Platz an Charlottenburgs Goethe- und Pestalozzistraße (einen Block von der Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße) um 19.30 Uhr ein Taizé-Gebet mit Gabriele Hesse, die auch jeden 1. und 3. Donnerstag im Monat um 19.30 Uhr in der Paul-Gerhardt-Kirche in Schöneberg ein solches Gebet abhält.
Warum Taizé, die Gemeinschaft im französischen Burgund? Weil Frère Rogers Satz „Gott kann nur lieben“ schon mal ein guter Ansatz ist in einer Zeit, in der mit Gott/der Göttin allerlei Schindluder getrieben wird. Wenn schon, dann Frieden und Liebe. Punkt.
– Kinderkunstwerkstatt „Seepferdchen“, Brüsseler Straße 43 (U-Bhf. Seestraße), Berlin-Wedding („Mitte“)