Der Erfolg war auch dringend nötig. Vor dem Spiel am Freitagabend an der Alten Försterei in Köpenick gegen den 1. FC Köln, war der 1. FC Union in fünf Spielen ohne Sieg geblieben. Nur ein einziger Punkt auf dem Konto hatte das Treffen gegen die Rheinländer, die mit zwei Zählern angereist waren, zum Kellerduell der Zweiten Fußball-Bundesliga gemacht. Der Sieg verschaffte nicht nur etwas Luft und einen kleinen Sprung nach oben in der Tabelle, sondern neuen Mut für die nächsten Spiele in Aue (schon am Mittwoch) und am Sonnabend zu Hause gegen Cottbus.
Dabei hatte das Spiel gegen die Männer von Trainer Holger Stanislawski ziemlich ungünstig begonnen. Bereits nach zwei Minuten zeigte Schiedsrichter Peter Sippel auf den 11-Meter-Punkt und dem Unioner Björn Jopek die Gelbe Karte. Der 19-jährige soll Misa Brecko im Strafraum zu Fall gebracht haben. Aus seiner Position kann er das so gesehen haben. Aus Sicht des Linienrichters indes war zu erkennen, dass Jopek den Ball spielte und der Kölner seinen rechten Fuß selbst einhakte.
Natürlich legte Thomas Bröker den Ball auf den Punkt. Er ist Kölns Torschützenkönig zur Zeit: Nachdem er auch diesen Strafstoß verwandelte, hat er alle Tore für seinen Verein auf diese Weise erzielt. Es sind nun zwei. Der Rückstand war ein Schock. In den zehn Minuten danach schien es, als würden die Gäste Union kaum ins Spiel lassen. Gleich nach dem Tor tauchte Bröker schon wieder allein vor Daniel Haas auf, diesmal indes konnte er den Union-Torhüter nicht bezwingen.
Dann auf einmal wendete sich das Blatt. Mit großem Kampfgeist versuchten die Hausherren, das Spiel zu drehen. „Wir kämpften um jeden Ball“, erklärte später Mattuschka. „Wenn einer ihn verloren hatte, sprang der andere ein. Jeder fühlte sich verantwortlich.“ Auch Kölns Trainer sah das so: „Nach elf Minuten hörten wir plötzlich auf zu spielen.“
So dauerte es nicht lange bis sich den Eisernen Chancen boten. In der 13. Minute köpfte Silvio auf das Kölner Tor, aber Timo Horn konnte den scharfen Ball gerade noch über die Latte lenken. Nach schnellen Angriffen vor allem über die Außenbahn links durch Jopek und rechts durch Christopher Quiring braute immer mehr Gefahr vor dem Gehäuse der Gäste zusammen. So auch in der 26. Minute. Quiring hatte sich mit einem Sprint durchgesetzt und flankte butterweich auf Silvio. Der schoss ab, aber Horn war rausgelaufen konnte den Ball mit einem Reflex nach oben ablenken. Der Ball senkte sich auf Breckos Kopf, prallte unkontrolliert auf den nachsetzenden Jopek, der die Kugel ebenfalls mit dem Schädel Richtung Tor lenkte. Als allen schon der Torruf auf den Lippen lag, schlug Jonas Hector den Ball mit letztem Einsatz an die Latte. Den Abpraller versenkte dann Silvio im Netz. Wie eine Erlösung brach der Jubelsturm der Union-Fans über das Stadion hinein. Jeder schien zu wissen: Heute stoßen wir den Bock um.
Bis zur Pause noch hielten die Kölner dem Ansturm der Eisernen stand. Den Unioner merkte man an, dass sie schnell die Entscheidung suchen wollten. Sie hielten sich nicht lange in der Kabine auf. Gefühlte fünf Minuten vor den Kölnern und den Schiedsrichtern standen sie bereits auf dem Platz und warteten, dass es weitergeht.
Und nur elf Minuten später war es so weit. Wieder war Quiring im Mittelfeld gestartet, passte den Ball vor dem Strafraum zu Terodde, der ihn gleich nach links auf Mattuschka weiterleitete. Der Kapitän war völlig frei, zielte genau auf das lange Eck und zirkelte den Ball mit dem Innenrist ins Netz. Die Fotografen hinter dem Gästetor hatten beste Sicht auf diese Szene und empfingen die Freude der Zuschauer in Form von Bierfontänen. Alle lagen sich in den Armen. Klar dass dabei keine Hand frei blieb, die Bierbecher zu halten. Aber geschenkt.
Nach dem ersten Jubel fragten manche sicher, ob Union diesmal durchhalten würde. Aber Köln blieb erstaunlich unkonstruktiv. Union setzte jetzt auf Konter. Mit eine wenig mehr Konzentration hätte der eine oder andere zum dritten Treffer verwertet werden können. Erst in den letzten fünf Minuten schienen die Gäste zu merken, dass sie etwas tun müssen. Aber Unions Abwehr stand – bis zur 92. Minute. Da patzte Daniel Göhler mit einem verunglückten Kopfball. Der lag urplötzlich vor den Füßen von Anthony Ujah. Aber der verzog frei vor Haas meterweit am Tor vorbei. Ein tiefer Seufzer ging über durch das Stadion. Dann der Abpfiff.
„Wir haben alles investiert und verdient gewonnen“, meinte dann auch Unions Coach Uwe Neuhaus. So sahen das auch die singend durch den Wald in der Wuhlheide ziehenden Fans. Die Bierverkäufer nahe der Straßenbahnhaltestelle machten an jenem Abend doppelten Umsatz.